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Dschungel – TWOF2: „Skreek“

Jean-Luck bekommt Besuch (Giovanni Jussi) © Thomas Weilguny

Mit einer gelungenen Mischung aus Live-Video, Film, Theater und Comic unterhält das Team von TWOF2 + dascollectiv im Dschungel junges Publikum ab 13 aufs allerbeste. Giovanni Jussi, Schauspieler mit Multitalenten, ist die Comicfigur Jean-Luck, die dem papierenen Gefängnis entkommen will. Beste Unterhaltung mit Anspruch.

Zu Beginn fragt die Comiczeichnerin (Maria Spanring) wie wir denn feststellen können, ob wir real sind oder ausgedacht, wie wir wissen, ob wir überhaut sind.
Die Antwort ist kennen wir doch. Zumindest die Erwachsenen, die ihren Descartes gelesen haben. 
Am Ende der köstlichen 60 Minuten (TWOF2 wissen immer, dass gedehnter Quark, lediglich breit wird, nicht stark) weiß ich gar nichts mehr, auch nicht ob ich nur eine erdachte Figur bin oder doch nur von Spanring / Jussi und dem Kameramann Francesco Diaz geträumt.
Descartes, pardon, muss noch mal herhalten: „Auch wenn ich zweifle bin ich.“ Aber bin ich ich? 
Egal, das führt jetzt wirklich zu weit und soll nur meine (von Jussi, der auch der Autor des Stückes ist, sicher beabsichtigte) Verwirrung zeigen. Maria Spanring als possessive Coiczeichnerin © Thomas Weilguny

Soweit zum Anspruch. Jetzt zur Unterhaltung.

Jean-Luck (ausgesprochen Jå-lak, bitte nicht fragen warum) also ist von einer besitzergreifenden Zeichnerin erschaffen und lebt, im schwarzweißen Sportdress mit Motorradhelm, zwischen Küche, Keller und Badezimmer. Ein ödes Leben, auch wenn er mit seiner Zeichnerin kommunizieren kann. So kommt es, wie es kommen muss (und ein bekanntes Phänomen der Literatur ist): Das Geschöpf lehnt sich gegen die Schöpferin auf. Doch was immer dieses abenteuerlustige Geschöpf wagt, es passiert ihm gar nichts, schließlich sind Comicfiguren unverletzbar – wenn die Erfinderin es will.

Jussi ist ein akrobatischer Darsteller, dessen Mimik in der Nahaufnahme mehr sagt als alle Worte. Wenn er die Augen rollt und seine Domina anfleht: „Ich will hinaus“, kann ihm nur noch „E.T., der Außerirdische“ das Bier reichen. Mit ihm (nicht E.T. sondern Jussi) steht und fällt das Stück, das im Untertitel „A Comic Revolution“ genannt wird, was sich natürlich auf den Revolutionär Jean-Luck (wie viele Sprachen sind in diesem Namen enthalten?) bezieht und nicht auf das Theaterformat.
Nix wie raus, mit allen Mitteln (Giovanni Jussi) in "Skreek". © Thomas WeilgunyWenn dieses  „innovativ“  ist, wie der Dschungel-Programmzettel prahlt, dann im Theater für junges Publikum, an sich ist die Vermischung der Medien samt Live-Kamera nichts Neues. 
Anspruchsvoll ist es immer, die Medien live zu kreuzen. In "Skreek" wird dieser Anspruch bestens erfüllt. Präzise und flüssig, ohne den immensen technischen Aufwand sichtbar zu machen, sprudelt die Melange über die Dschungel-Bühne, kokettiert mit dem Wechselspiel zwischen Form und Inhalt.

Um die mannigfaltigen Überraschungseffekte nicht vorwegzunehmen, wird weder die gesamte Geschichte erzählt noch das technische Know-how erklärt. Wer mehr darüber wissen will, darf nach der Vorstellung hinter den Vorhang.

Dass diese intelligente, genaue und eben dadurch so amüsante Arbeit nur an drei Tagen aufgeführt wird,  verwirrt mich noch mehr als die Zweifel an der Realität. Wo bleibt denn die viel zitierte "Nachhaltigkeit"?

Der Jubel des jungen Publikums wollte nicht enden und das ist voll verständlich. Dieses weiß sicher auch, das Skreek eine Figur aus einem Manga (japanisches Comic) und einem Videospiel ist.

TWOF2 & dascollectiv: „Skreek. Jean-Luck will frei sein“, Performance mit Live-video Streaming. Mit Giovanni Jussi (Darsteller, Autor, Regie) und Maria Spanring (Schauspiel und Dramaturgie). Live-Kamra: Francesco Diaz; Sound, Musik: Mario Stadler, electric Ray and The Shokers. Uraufführung am 17.2. 2016, Dschungel Wien.
Zwei weitere Vorstellungen: 18., 19.2.2016