- Details
- Geschrieben von Ditta Rudle
Vorwort: Das war bisher unbekannt: Der Beruf der Tanzkritikerin ist gefährlich. Lieber nichts sagen, mit dem Schwamm drüber wischen, den Choreografen streicheln, sonst kommt der Hund ins Spiel. Was der hinterlässt wird zur Waffe, landet im Gesicht der Kritikerin. Also, aufgepasst, Zurückhaltung üben, das Herz lieber zur Mördergrube machen, als sich mit einem Hundswürstel beschmieren zu lassen. Es wurde übrigens vom eigenen Hund des 50 jährigen Angreifers, ohne den auch keine Probe stattfindet, produziert. Es ist kein Geheimnis, der Angreifer war der 50jährige Choreograf Marco Goecke, die Angegriffene die Tanzkritikerin der FAZ, Wiebke Hüster.
- Details
- Geschrieben von Ditta Rudle
Exposition, Durchführung, Reprise, Coda. Eine Triosonate lässt sich tanzen, auch wenn die Musik nur im Kopf der drei Tanzenden ist. Das Publikum sieht die Musik. Der Choreograf und Tänzer Samuel Feldhandler hat sein Ballett, „Georgey tremble“, als Sonate entwickelt. Mani Obeya, Yari Stilo und Elizabeth Ward tanzen die drei Sätze. Eine gute Stunde lang sind sie nahezu permanent auf der Bühne im Tanzquartier. Gehen, drehen, springen, variieren, imitieren, addieren, repetieren – ein unaufhörlicher Fluss an Begegnungen und Trennungen. Die Anstrengung wird von der Poesie der Gesten und Schritte überdeckt.
- Details
- Geschrieben von Ditta Rudle
Ein beeindruckendes Bild, eine rätselhafte Installation: Kübel, Lavoirs, Becken aus unterschiedlichen Materialen, in allen Farben leuchtend und mit Wasser gefüllt, sind auf der Bühne platziert, dazwischen schlängeln sich Kabel und Drähte. „AyH“, das bedeutet „Finden“, nennt Alex Franz Zehetbauer sein live komponiertes Konzert, bei dem die Musik aus dem Wasser kommt. Gemeinsam mit dem Soundkünstler Christan Schröder und einem Hydrophon (Unterwassermikrofon) hat Zehetbauer unter Einsatz seines Körpers eine konzertante Performance geschaffen, die sich sehen und hören lassen kann. Ein vorweggenommener Valentinsgruß Anfang Februar im studio brut.
- Details
- Geschrieben von Ditta Rudle
13 Jahre hat der Kanadier Brendan Saye, 31, im National Ballet of Canada, Toronto, getanzt, seit 2019 als Principal Dancer. Eine lange Zeit, die ihn schon vor der Pandemie an einen Wechsel denken ließ. Danach erkannte er: „ich brauche eine Veränderung“, folgte dem Ruf Martin Schläpfers und flog von Toronto nach Wien. Deutsch kann er noch nicht, doch das Ballett-Publikum auf dem Stehplatz hat ihn bereits ins Herz geschlossen. Am 23. Jänner wurde das Debüt des neuen Ersten Solotänzers als Onegin im gleichnamigen Ballett von John Cranko lautstark gefeiert. Am 30. Jänner, in der letzten Onegin-Vorstellung dieser Saison, wussten auch die geballt auf den preisreduzierten, jedoch keineswegs billigen Plätzen sitzenden U27-Gäste bereits, dass Brendan Saye ein großartiger Tänzer ist und man ihn nach jedem Hüpfer bejubeln soll. Dagegen ist nichts einzuwenden.
Onegin, Sohn eines Adeligen und mit Vermögen gesegnet, ist schon von Cranko als nicht besonders sympathische Figur angelegt. Saye, groß gewachsen und mit kantigem Gesicht, ist die Inkarnation des hochnäsigen, menschenverachtenden, nahezu brutalen Dandys, der aus Langeweile aus der Großstadt aufs Land reist und vorhat, sich trotz aller provinzieller Lustbarkeit zu amüsieren. Dafür bezahlen sein „Freund“, der Dichter Lenski, dessen Braut Olga und deren Schwester Tatjana drauf. Vor allem Lensky, den Onegin schon mit seinem Urteil über dessen Gedichte beleidigt hat, bezahlt mit dem Leben. Olga, so erzählt Puschkin, von dem die Vorlage für das Ballett und auch für Peter Tschaikowskis Oper stammt, tröstet sich schnell und heiratet einen aus ihrem Milieu.
Saye hat in Hyo-Jung Kang als Tatjana eine ideale Partnerin. Sie kommt aus Stuttgart, wo Crankos Ballett entstanden ist, also von der Quelle, und hat die Tatjana nicht nur im kleinen Finger. Tatjana, die sich ihre Lieben bisher in romantischer Lektüre gesucht hatte, verknallt sich auf den ersten Blick in den schönen Mann, der stolz durch die Reihen der tanzenden Burschen und Maiden schreitet. Das Herrenensemble im 1. Akt bringt bestens gelaunt und bestens tanzend Schwung in die Gartenparty. Der Gockel Onegin weist die verliebte Teenagerin rüde zurück. Wenn er nach zehn Jahren wieder angekrochen kommt, weil ihm eingefallen ist, dass er einen Fehler gemacht hat und sein den Vergnügungen und der holden Weiblichkeit gewidmetes Leben endlich erfüllen will, ist Tatjana verheiratet. Ihr Ehemann, der Fürst Gremin, den ihr die Mutter schon vor zehn Jahren andienen wollte, ist inzwischen ein grauhaariger General, sie hat Respekt vor ihm, führt ein großes Haus in St. Petersburg und erliegt dem Schmeichler auf den Knien nicht. Dass sie Onegin fortschickt und – süße Rache – sein schriftliches Liebesgewinsel zerreißt, wie er es einst mit ihrem Brief tat, entlockt ihr dennoch einen Tränenstrom. ein trauriges, aber heroisches Ende.
Hyo-Jung Kang ist nicht nur tanzend die Tatjana schlechthin, sondern zeigt die wechselnden Gefühle auch in ihrem lebhaften Mienenspiel. In der Spiegelszene, in der sie sich Onegins Zuneigung erträumt, stürzt ihr das Glück förmlich aus den Augen. Wer weit vorne sitzt oder, ganz altmodisch, ein gutes Opernglas besitzt, hat Glück gehabt.
Weniger glücklich macht das 2. Paar, der zu Beginn dieser Saison zum Solotänzer avancierte Belgier Arne Vandervelde ist ein erfahrener Lenski, mir aber zu kühl. Es scheint, als denke er mehr an die perfekten Bewegungen als an seine Rolle. Besonders störend ist die mechanische Darbietung in der 2. Szene des 2. Aktes, wenn sich Lenski auf das Duell mit Onegin vorbereitet. Ich spüre weder Todesangst noch Reue noch die Eifersucht, die ihn dazu zwingt, dem ehemaligen Freund eine Ohrfeige zu verpassen. Mit Aleksandra Liashenko, die die Olga tanzt, geht es mir ähnlich. Selbst als Onegin sie beim Krawattl packt, wie man in Wien einen groben Griff in den Nacken bezeichnet, und sie rüde an sich heranzieht, behält sie das aufgesetzte Tänzerinnengrinsen, das es so gar nicht mehr gibt. Dass Lenski und Olga ein Liebespaar sind, ist auch in den Pas de deux nicht zu sehen, damit wird auch die Eifersucht und das darauf folgende Duell nicht verständlich.
Ob es am Dirigenten Robert Reimer, der im Herbst mit „Onegin“ an der Staatsoper debütierte, lag oder an den Tänzern oder an unbekannten Ursachen, kann ich nicht feststellen, deutlich waren aber sonderbare Zeitsprünge, als ob einige Sekunden ausgelassen würden. Beispiel: Onegin (Brendan Saye) schießt im Duell seine Pistole schon im Gehen ab, so rasch ist Lenski noch nie gestorben. Auch der erste Tanz des Damenensembles war mehr eine Hetzjagd denn ein ländlicher Tanz. Sonst hat sich das Ensemble gut gehalten.
Das Corps de ballet und die Halbsolist:innen müssen in diesem Ballett ihre Füße dauernd in Bewegung halten und das auf unterschiedliche Weise. röhlich, verspielt im 1. Akt, der im Garten spielt, festlich, gespannt im 2. im Haus der Larinas, wo keine Verlobung oder gar Hochzeit gefeiert wird, und schließlich elegant und damenhaft (auch die Freundinnen und Gäste Tatjanas sind zehn Jahre älter geworden) im St. Petersburger Tanzsaal. Der Jubel am Ende war groß, Solist:innen, das Corps und das Orchester mit dem Dirigenten wurden mit Juchhu und Juchhe verwöhnt und immer wieder vor den Vorhang gerufen. Der größte Jubel aber gebührt einem, der diesen nicht mehr hören kann: John Cranko, der dieses fein ziselierte Ballett, in dem jeder Augenaufschlag etwas aussagt, geschaffen hat. Mit jedem Kopfneigung, jeder Geste werden die Personen charakterisiert, Gefühle vermittelt, Beziehungen dargestellt. Man meint, die Tänzerinnen und Tänzer sprechen zu hören.
Cranko schenkt den Tänzer:innen und damit auch den Zuschauer:innen viele kleine Einlagen und humoristische Details, wie sie vielleicht nur noch in Frederick Ashtons Choreografie des mehr als 250 Jahre alten „Strohballetts“ „La fille mal gardée“ zu sehen ist. Dieses Ballett gehört zum Standardrepertoire aller großen Häuser, auch der Wiener Staatsoper. Auch in dieser Saison ist es zu sehen, die drei Aufführungen im Dezember 2022 sind zwar bereits vorbei, doch im März 2023 (16., 27., 30-) werden Holzschuh-und Bandltanz wieder der ganzen Familie Vergnügen bereiten.
- Details
- Geschrieben von Ditta Rudle
Wakatt – Hier und jetzt“! Wakatt ist ein Begriff aus der burkinischen Nationalsprache, Mòoré, und bedeutet „unsere Zeit“. Davon erzählt der Choreograf und Gründer des Faso Danse Théâtre von Bobo-Dioulasso, Serge Aimé Coulibaly. Mit seiner 2002 gegründeten Compagnie, dem Faso Danse Théâtre, zeigt er seine Choreografien vor allem in Europa. Zuletzt haben Serge Aimé Coulibaly und seine dynamische Compagnie mit dem beeindruckenden Tanztheater „Wakatt“ das Publikum im Festspielhaus Sankt Pölten begeistert.
- Details
- Geschrieben von Ditta Rudle
Marco Goecke, Martin Schläpfer und George Balanchine sind die Choreografen eines dreiteiligen Abends, der unter dem Titel „Im siebten Himmel“ im Herbst 2021 zum ersten Mal aufgeführt worden ist. Im Jänner und im April dieses Jahres steht er wieder im Kalender. Getanzt wird in Schläpfers Choreografie zu „Marsch, Walzer, Polka“ der Strauß-Familie; Zu Teilen aus Gustav Mahlers 5. Sinfonie bei Goecke und zur Symphonie in C des 17-jährigen Georges Bizet in Balanchines Choreografie gleichen Titels.
Das Wiener Staatsballett hat sich auch am besuchten Freitagabend von seiner besten Seite gezeigt.