Die Marie hat viele Gesichter
Marie, so heißt die Vorarlberger Straßenzeitung, eine soziale Auszeichnung ist die Sozialmarie und wenn eine Wienerin, ein Wiener von der Marie spricht, etwa „her mit der Marie“, sagt, dann meint er die Mäuse, die Moneten, die Kröten, das Geld eben. Die Gesichter der Marie im gleichnamigen Tanzstück der schallundrauch agency sind die von Milano Leeb, Bernhard Georg Rusch und Martin Wax. Nach mehreren vom Virus verschuldeten Verschiebungen haben sie endlich im Dschungel ihr wahres Gesicht gezeigt, waren stinkreich und hundsarm zugleich.
Premiere war am 27. Juni.
Ein Wolf ist der Mensch dem Menschen
Das Wasser, Lebenselixier für Menschen, Tiere und Pflanzen, steht im Mittelpunkt des eindrucksvollen Tanztheaters Shallow Waters. Der Schweizer Regisseur, Tänzer und Choreograf Sebastian Zuber verzichtet auf viele Worte und zeigt mit sechs Tänzer:innen Bilder einer Welt, in der das Wasser immer knapper wird. Flaches Wasser ist 2022 in einem trockengelegten Wasserspeicher in Basel aufgeführt und als Gastspiel zweimal im Dschungel Wien gezeigt worden.
Auch Steine sind Natur und mitunter Eindringlinge
Das AAR-Festival von Tanz*Hotel im Theater Nestroyhof / Hamakom ist am 21. Juni mit drei recht unterschiedlichen Choreografien eröffnet worden. Der Gründer und künstlerische Leiter von Tanz*Hotel, Bert Gstettner, hat seine neue Arbeit B*Beppu für drei Tänzerinnen, gezeigt, Inge Kaindlstorfer und Elisabeth Flunger haben die Performance Materialstudie: Papier und Metall vorgeführt. Andrea Nagl hat das Vorrecht gehabt, den Eröffnungsabend zu eröffnen. __allochton nennt sie ihr Solo, getanzt zur Musik von Karlheinz Essl.
Die Schatten, der Baum und die Blätter – Sibylle
William Kentridge ist wieder bei den Festwochen zu Gast. Ein Erlebnis erhebend und unterhaltsam. Persönlich wohnt er der Aufführung seiner Kurzoper Warten auf die Sibylle (Waiting for the Sibyl) bei und sieht auch den Film Der Augenblick ist vorbei (The Moment Has Gone). Exklusive der Pause ist der gesamte Abend kaum eine Stunde lang. Aber welche Welt eröffnet sich, welche Themen werden zum Mit- und Nachdenken angeboten, welche Türen öffnen sich, auch wenn am Ende nicht nur die Sessel auf der leeren Bühne zusammenbrechen. Ein Erlebnis, das Hirn und Herz öffnet. 20. Juni, Halle E (MuseumsQuartier) im Rahmen der Wiener Festwochen.
Herzerwärmende Berichte aus unserer kleinen Stadt
Kent Haruf, der große amerikanische Erzähler, hat sechs wunderbare Romane veröffentlicht, der letzte, Our Souls at Night, ein Jahr nach seinem Tod 2014. Auf Deutsch ist Unsere Seelen bei Nacht, im Diogenes Verlag, übersetzt von pociao, 2017 aufgelegt worden. Danach hat der Verlag die Bände in umgekehrter Reihenfolge veröffentlicht. Alle Geschichten spielen in der Kleinstadt Holt irgendwo in Colorado.
De Keersmaeker: „Das gehen ist mein Tanzen“
Das Gehen und der Blues sind neben Shakespeare und Walter Benjamin die Quellen, aus denen die flämische Choreografin Anne Teresa De Keersmaeker in ihrer jüngsten Choreografie EXIT ABOVE. after the tempest / nach dem sturm schöpft. Aus dem Gehen wird Hüpfen, Laufen, Stampfen, Marschieren, Drehen, Schwingen und auch Heben. 13 Tänzer:innen tanzen den Blues. Ein Erlebnis.