Zum Hauptinhalt springen

Der Balletttänzer François-Eloi Lavignac gibt auf und wendet sich dem Freien Tanz und der Performance zu. Mutig zeigt er sein erstes Solo, Fifth position im Studio brut. Im Rahmen der Huggy Bears Days wird am selben Abend auch ein Duo gezeigt. Laureen Drexler und Giorgia Scisciola nennen ihre Performance Pierre / Stein und denken dabei an den Marmor, der hart scheint, doch unter Druck bearbeitbar und wandlungsfähig ist. Premiere dieses interessanten Doppelabends war am 12. November. 


Zwei Stummfilme von Ernst Lubitsch und die Operette Die Fledermaus von Johann Strauss sind Paten des live gespielten Stummfilms So This Is Vienna von toxic dreams. Zur Freude der Rezensentin in österreichischer Sprache im Metro Kinokulturhaus vorgeführt. Uraufführung: 10.11.


Auch in der sechsten Vorstellung des zweiaktigen Handlungsballetts Kallirhoe von Alexei Ratmansky waren Debüts zu feiern: Laura Fernandez Gromova tanzt die Titelrolle zum erste Mal, Kentaro Mitsumori feiert seinen Einstand ins Wiener Staatsballett mit der Rolle des Chaireas. Vladyslav Bosenko ist neu als Mithridates, der rauflustige Statthalter von Karien; Géraud Wielick debütiert als ständiger Begleiter von Chaireas.


Gut Ding brauch Weile – der passende Stammbuchspruch für den englischen Autor Mick Herron. Seine mehrfach preisgekrönte Reihe von Spionageromanen mit Jackson Lamb als Chef im Slough House konnte erst im zweiten Anlauf reüssieren. Ab 2018 hat Stefanie Schäfer die neun Jackson Lamb-Fälle für den Diogenes Verlag übersetzt. Der Erfolg bei den deutschsprachigen Leserinnen ermutigt Diogenes nun, auch die davor geschriebene Reihe mit der Detektivin Zoë Boehm übersetzen zu lassen. Das Debüt, Down Cemetery Road, lässt die Meisterschaft des Autors erst ahnen.


Catalabutte, der fahrige, eitle, hypernervöse Hofmeister im Ballett Dornröschen, ist die perfekte Rolle für den Tänzer François-Eloi Lavignac. Es ist auch seine letzte. Seine Bühnenpräsenz, den bubenhaften Charme und sein darstellerisches Talent samt dem Sinn für feine Ironie wird er nicht mehr im Wiener Staatsballett zeigen. Lavignac begibt sich auf die freie Wildbahn und zeigt im brut noch einmal die Fünfte Position. Premiere des Solos Fifth position ist während der Huggy Bears Days am 12.11. im studio brut.


Helden, Verliebte und ein trauriger Clown treten auf, wenn der Circus Archetypus im Schubert Theater in die unheimlichen Tiefen des kollektiven Unterbewusstseins steigt. Im Schatten der Träume nennt Regisseur Simon Meusburger die aktuelle Aufführungsserie. Premiere war am 27.10. in der Währingerstraße.

Die Komponistin und Geigerin Roxanne Szankovich begleitet das Schauspiel.Der Schweizer Psychoanalytiker Carl Gustav Jung (1875–1961) stand Pate für den Auftritt der Schattenwesen im Circus Archetypus. Archetypus (Archetyp) ist ein Begriff aus der Analytischen Psychologie und steht für die Theorie, dass der Mensch von einer unbewussten Grundprägung geleitet wird. Märchen, Mythen und Religionen sind von solchen archetypischen Bildern geprägt. Der tapfere Held, die fürsorgliche Mutter, die brennende Sonne, der sanfte Mond. Die Astrologie, Symbolismus und Surrealismus in der bildenden Kunst und die auftretenden Puppen im Circus Archetypus sind Visualisierung solcher in allen Menschen unbewusst schlummernden, doch prägenden Grundstrukturen. Der traurige Clown, der mit der Blume am Herzen und auch mit seinen Schuhen quietschen, summen und brummen kann.Die Theorie der Archetypen hat Jung zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelt und fand die Existenz von Archetypen durch den Vergleich der Motive in Mythen und Märchen, aber auch in Träumen und Fantasien von Menschen.
Damit genug der Archetypen, der „typische Mythologeme“, C. G. Jung darf heraus aus dem Keller des Unbewussten, denn wir gehen jetzt in den Circus und sehen dem traurigen Clown zu, der so gerne ein Akrobat wäre und auf dem Einrad fahren will. Der ruht ebenso wenig in unserem Unbewusstsein wie der wundersame, überaus geschickte Zauberer, der großartige feurige chinesische Drache, das seiltanzende Liebespaar, Romeo und Julia stehen ebenso zur Wahl wie Hänsel und Gretel, auch wenn diese ein Geschwisterpaar sind, lieben sie einander dennoch. Der wundersame Drache kann durch die Lüfte fliegen, seine Schönheit macht keine Angst.Auch ein Tier darf nicht fehlen. Kein Untier, sondern ein süßes hundeartige Kuschelhunderl, das mit seinen großen glänzenden Augen und dem weißen Streifen eher einem Ratel (Zweitname: Honigdachs, der nicht mit dem Dachs, sondern mit dem Marder verwandt ist) gleicht.
Das Unbewusste ist auf der Circus-Bühne in Form von Schachteln, Koffern, Truhen und Schatzkästen vielfach zu sehen. Wenn sich die Schlösser und Deckel öffnen, steigen die Schatten heraus und zeigen als Circus-Artistinnen ihre Kunst. Und weil wir in Wien sind, spielt auch die Musi‘ dazu. Roxanne Szankovich spielt die Fiedel, singt und stößt Schreckensschreie aus, wenn es gruselig wird. Der Zauber,er ein souveräner Könner seines Faches.Der Clown ist ein eitler Kerl, mehrfach fordert er Applaus für seine Kunststückel, der elegante Zauberer braucht keine Bestätigung und auch Romeo & Julia / Hänsel & Gretel turnen auf dem Seil zu ihrem Vergnügen. Eine märchenhafte Lichtregie und Videos verwandeln das Unbewusstsein in bunte Räume und farbige Landschaften. Ein Märchenwald entsteht und das Knusperhäuschen will angebissen werden, schöne, rote Drachen segelt samt seinem Schweif in den blauen Himmel.  
Das süße Schnuffitier als Zirkusartist. Nicht nur Drachen können fliegen.Die Schattenfiguren haben aber selbst einen Schatten, ohne diesen sie auf immer und ewig in ihren Kisten schlummern müssten: Es sind Stefanie Elias und André Reitter, die die Geister, die sie und die Puppenbauerinnen, Soffi Povo und Claudia Six, gerufen haben, am Leben erhalten. Die Schatten verschmelzen mit den Figuren, hauchen ihnen Leben ein, sodass diese alles Puppenhafte abwerfen und als Lebewesen die Zuschauerinnen fesseln. Sie alle kommen ohne Worte aus, die Wissenschaft ist nicht wichtig, das Verstehen und Genießen erfolgt intuitiv. Der Clown und seine Schatten, Stefanie Elias und André Reitter, sagen Adieu.
Wie das so ist, im Bewusstsein und im Unbewussten, das Beste kommt immer zum Schluss, das war schon bei der Hochzeit zu Kana so. Das Süßhündchen, wie der Kleine vom Team genannt wird, ist nicht gruselig und auch nicht zum Fürchten. Auch wenn es nicht folgen will und die Süßigkeiten verweigert, weil er sie sich ohne Leistung selber holen kann, ist zum Streicheln lieb. Doch wir sind nicht im Dschungel-Theater, wo die Kinder nach der Vorstellung auf die Bühne stürmen, wir sind im Puppentheater für Erwachsene und spenden keine Streicheleinheiten, sondern kräftigen und langanhaltenden Applaus.

Schubert Theater: Circus Archetypus –  Im Schatten der Träume, Uraufführung: 27.10.2025
Buch & Regie: Simon Meusburger
Auf der Bühne. Stefanie Elias & André Reitter und die Puppen als Darstellerinnen
Komposition und Live-Musik: Roxanne Szankovich
Puppenbau: Soffi Povo, Claudia Six
Bühne & Ausstattung: Christoph Steiner
Assistenzen: Julia Braunegger, Pavlína Shaikh Oklešteková
Fotos: Barbara Pálffy
Vorstellungen: 28. & 29. Oktober, 6., 7. & 8. November und 1. & 2. Dezember 2025. Schubert Theater, 1090, Währingerstraße 46.