Toxic Fledermaus: So This Is Vienna, ein Stummfilm
Zwei Stummfilme von Ernst Lubitsch und die Operette Die Fledermaus von Johann Strauss sind Paten der live gespielten Stummfilms So This Is Vienna von toxic dreams. Zu Freude der Rezensentin in österreichischer Sprache im Metro Kinokulturhaus vorgeführt. Uraufführung: 10.11.
Eine französische Komödie, eine deutsche Farce, eine österreichische Operette. Doch das ist noch nicht das Ende der Lebensgeschichte der bühnentauglichen Fledermaus. Bald war sie auch filmreif. Ernst Lubitsch inszenierte zwei Stummfilme zum Thema Partnertausch: Das fidele Gefängnis und So This is Paris. Niemand kann sagen, ob das toxische Kaleidoskop aus all diesen mausigen und fledrigen Versionen von toxic dreams, So This Is Vienna, mit glücklicherweise deutschem Textmaterial, das tatsächlich köstliche Dessert sein wird und danach mit Lug und Betrug, Geflatter und Geschnatter, Korruption und Repression ein Ende sein wird. Auf der Bühne vielleicht, draußen vor der Tür vermutlich nicht. Glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist.
Auf der Bühne des Metro Kinos mischt sich das Operettenlibretto (Karl Haffner, Richard Genée, Uraufführung 1874 im Theater an der Wien) mit den beiden Lubitsch-Filmen und die Darstellerinnen, wie das Bühnenbild ganz in Schwarzweiß, bewegen sich exaltiert und exakt, sind tatsächlich Stummfilmfiguren. Sie sprechen auch, doch kommt kein Laut aus ihrer Kehle. Als Live-Playback ist dennoch zu hören, was gesagt wird. Eine perfekte Fälschung, die ich erst registriert, wenn Rosalinde ihr Verführungskünste mit tiefer Stimme zum Besten gibt. Perfektion dieses Florian Tröbinger spricht alles, was Frauen und Männer zu sagen haben. Wir sehen einen Stummfilm mit Ton, live auf der Bühne.
Ein wahre Zimelie.
Michael Strohmann ist für die Musik verantwortlich, die sich auf die Operetten-Partitur stützt, doch digitalisiert und weiter bearbeitet worden ist. Ich schreibe die Erklärung aus dem informativen Programmheft ab:
Das digitalisierte Material wurde dann mit Emulationen des Moog Modular gerendert, und zwar in einem beabsichtigten Dialog mit den bahnbrechenden Interventionen der US-amerikanischen Komponistin und Interpretin Wendy Carlos bei der elektronischen Neuinterpretation des klassischen Kanons.
Von Interesse ist dies vor allem für Leute vom Fach. Doch wer hören kann, erkennt die Zitate aus der Strauss-Operette und spürt auch, dass es in der Begleitmusik von So This Is Vienna nicht so heiter zugeht wie in der gesungenen Fledermaus. Dennoch durchzieht das berühmte Trinklied auch die toxische Fledermaus. 
Yosi Wanunu und das gesamte Filmteam scheuen sich nicht, den Wienerinnen den Spiegel vorzuhalten. Wüssten wir nicht durch fleißige Introspektion, wie wir sind, wie Wien ist, so müssten wir ja beleidigt sein wegen dieses scharfen Spiegels, der vor allem zwischen den Zeilen funkelt. So unterhaltsam diese Tür auf / Tür zu Komödie ist, soviel Tiefgang hat sie auch.
Es geht wild durcheinander zwischen zwei benachbarten Wohnungen, aus deren Fenster die Damen des Hauses ihr genauestens beobachten, was vis à vis passiert. Wie in der Operette kennt man sich bald nicht mehr aus, wer mit wem und wo. Der Szenenwechsel geschieht mit rollendem Mobiliar so rasant, wie es nur im Film gelingt. Eben waren die gekreuzten Paare noch im Salon oder im Schlafzimmer, schon sind sie auf der Straße. Hinter dem bürgerlichen Palais hat Bühnenbildner Paul Horn den Karl Marx-Hof versteckt. Doch was dort in den Wohnungen so passiert, interessiert das p.t. Publikum nicht wirklich. 
Die intelligent gebaute und perfekt gespielte Stummfilmperformance ist eine Koproduktion von toxic dreams und Johann Strauss 2025 Wien. Doch der Komponist und Walzerkönig Junior ist auch 200 Jahre nach seiner Geburt in aller Ohren. Ihm ein Jahr zu widmen, ist überflüssig und sinnlos. Wenn aber allerlei Bühnenkünste davon profitieren und solche Perlen wie So This is Vienna, als Geschenk auf den Brettern landen, dann muss wohl dieses von der Wien Holding unternommene „Johann Strauss-Festjahr 2025“(eine eigenes gegründete GmbH) etwas milder betrachtet werden. Obwohl – toxic dreams wie Chris Haring oder Sidi Larbi Cherkaoui, die alle mit dem Jubeljahr kooperiert haben, sind kreativ, originell und ihre Produktionen sehenswert auch ohne irgendein Jubiläumsjahr.
So This Is Vienna, eine Uraufführung von toxic dreams nach So This Is Paris von Ernst Lubitsch. 10. November 2025 
Regie & Choreografie: Yosi Wanunu und Alexander Gottfarb
Konzept & Text: Yosi Wanunu; Übertragung ins Deutsche: Friederike Kulcsar
Musik: Michael Strohmann; Bühne: Paul Horn; Mitarbeit Bühne: Roland Schmidt, Sarah Vrabel: Kostüme: Susanne Bisovsky; Make-up: Marietta Dang; Licht: Lucas Gruber; Produktion. Kornelia Kliga, Camilla Henrich
Performer*innen: Stephanie Cumming, Alexander Gottfarb, Susanne Gschwendtner, Suzie Leger, Tobias Resch, Anat Stainberg, Florin Tröbinger, Markus Zett.
Fotos: © Sandra Fockenberger, Studiaufnahmen: TimTom
Eine Koproduktion von toxic dreams und Johann Strauss 2025 Wien in Kooperation mit dem Filmarchiv Austria.
Gespielt wird täglich vom 10. bis 16. November 2025, im Metro Kinokulturhaus.