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Mark Tompkins / Cie. I.D.A.: „Stayin alive“, Solo

Mark Tompkins, fotografiert von Per Morten Abrahamsen.

Mark Tompkins bei ImPulsTanz 2018 im Casino am Schwarzenbergplatz gezeigte Real-Time-Solo „Stayin Alive“ ist auch eine Hommage an seine Mutter, ihr hat er seine neue Kreation gewidmet. Doch sehr bald lässt er die verstorbene Mutter in Frieden ruhen und widmet sich seinen Erinnerungen, Enttäuschungen, Verlusten und dem immer akut werdenden Problem des Alterns. Eine Performance in der es Mark Tompkins das Publikum fesselt, weil es ihm gelingt, jede und jeden auf sich selbst zurückzuwerfen.

Ein Reisender in Pelzmütze und grauem Mantel tritt samt Rucksack, Koffer und Stoffhündchen aus der Tür. Auf dem Weg nach vorn packt er Kinderspielzeug aus, stellt es liebevoll auf. Auch eine aufblasbare Puppe, ein grünes Kleid, hochhackige Schuhe und allerlei andere Requisiten werden ausgepackt, und schließlich entledigt sich der magere Mann seiner Kleidung, steht nackt und bloß vor uns und kämpft mit aller Kraft ums Leben. „Tanzen oder sterben“ hat seine Mutter einmal gesagt, erzählt er. Mark Tompkins kämpft gegen den gebrechlichen Körper, doch dass er alt und älter wird, akzeptiert er, auch wenn der Tod immer näher rückt. Auf jung schminken wird er sich nicht. Mark Tompkins in der Probenphase. © Gerard Beringer

In den 70 Minuten der Performance, die hauptsächlich aus Erzählungen besteht, blitzt immer wieder das alte Feuer auf, womit der Tänzer, Entertainer, Sänger und Performer sein Publikum in Bann schlägt. Seit mehr als 40 Jahren ist Mark Tompkins eine Leuchte des europäischen Tanzgeschehens, seit 1989 unterhält der heute 64jährige auch das Publikum des ImPulsTanz Festivals mit seinen unnachahmlichen Shows. Das Publikum ist ihm treu geblieben, der Altersdurchschnitt des anwesenden Publikums liegt deutlich über dem sonst in ImPulsTanz-Vorstellungen üblichen.

Ich meine, und bin mir sicher, damit nicht allein zu sein, dass er ganz speziell zu mir spricht, mir seine Gedanken und Sorgen, seine Reue über Versäumtes und seine Hoffnung, weiterhin lebendig zu bleiben, anvertraut. Wie einst, wiegt er sich kurz in den Hüften, singt die alten Lieder. Doch die Stimme ist brüchig geworden.

"Stayin alive" – Ein Kampf.  © Gerard Beringer Am Ende baut Tompkins auf dem Tisch einen Turm aus schwarzen Sesseln. Der oberösterreichische Künstler Edgar Honetschläger zeigte in einer seiner Installationen (mit Sesseln): „Sessel sind Menschen.“ Aber sie können auch Erinnerungen und Sehnsüchte, Irrtümer und Katastrophen sein. Egal, vergangen ist vergangen. Mit einem Schlag wird der Turm vom Tisch gefegt. Leise geht der Mann wieder durch die Tür im Hintergrund. Die Zurückgebliebenen sind mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt, der Applaus schwillt nur zögernd an. Gedankenlos versucht eine Frau zu jodeln. Mark Tompkins genügt der stumme Applaus als Dank.

Mark Tompkins / Cie. I.D.A.: „Stayin Alive. à ma mère“, Konzept & Interpretation: Mark Tompkins; Set, Kostüm, Dramaturgie: Jean Louis Badet; Regie: Frans Poelstra; Technische Leitung: David Farine; Licht: Titouan Lechevalier; Musik: Steve Miller, Bee Gees, Prince, Gloria Gaynor, Rolling Stones, Doors, Beatles. Premiere am 2. August 2018, Kasino am Schwarzenbergplatz im Rahmen von ImPulsTanz.
Eine weitere Vorstellung am 4.8. 2018.