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Tanz im Neujahrskonzert 2021 mit home-clap

Letzte Takte des "Frühlingsstimmenwalzers" auf der Palais-Terrasse.

Wenn die Kamera am 1. Jänner durch den Saal gewandert ist, wars ein trauriger Anblick. Das Parterre, der Balkon, die Logen; kalt und leer. Auch ausgewählte Prominenz durfte den verordneten Lock down nicht durchbrechen. Der spärliche Applaus kam aus dem Internet. Aber die beiden bereits traditionellen Tanzeinlagen konnten wie geplant stattfinden. Sie waren bereits in der sommerlichen Lücke gedreht worden.

Tanz im Looshaus: Sveva Gargiulo und Davide Dato passend in die Zeit gekleidet. Davide Dato springt durch die Architektur des Looshauses am Michaelerplatz. Die Philharmoniker und (erfreulich viele) Philharmonikerinnen spielen die Margherita Polka von Josef Strauß. Hinter dem Ersten Solotänzer galoppieren drei elegante Damen, in lockerer Kleidung, in das eben begnnende Jahr 2021.  Modeschöpfer Christian Lacroix hat, wie schon öfter, die Kostüme für den Galopp und auch für den Walzer  entworfen. Alice Firenze, Sveva Gargiulo und Ketevan Papava beanspruchen jede den exzellenten Tänzer Dato für sich allein. Ein kleines Blinde-Kuh-Spiel muss er über sich ergehen lassen, damit Papava gewinnt. Die kühle Architektur von Adolf Loos dominiert jedoch den Tanz. Das war wohl auch der Zweck dieser Einlage, der ich gerne noch länger zugesehen hätte.Schabernack mit dem Hahn im Looshaus. Ketevan Papava hat gewonnen. Alice Firenze und Sveva Gargiulo warten auf den Pas de quattre mit Davide Dato.
 Nach dem Zwischenspiel mit dem „Venetianer Galopp“ von Johann Strauß Vater, der die Castagnetten auch am Canal Grande klappern lässt, wird das schmucklose Ambiente der Moderne verlassen, um in die üppige Barockarchitektur zu wechseln. Liudmila Konovalova erforscht mit Denys Cherevychko das Gartenpalais Liechtenstein im 9. Wiener Bezirk. Vor noch nicht langer Zeit war es ein Ausstellungshaus für moderne Kunst im Prunksaal, jetzt ist es ein Veranstaltungsort. In der  Mitte des 19. Jahrhunderts von Architekt Josef Kornhäusel in klassizistischer Manier umgestalteten Park darf man umher spazieren und, wie man sieht, auch tanzen. Die Herren im Frack, die Damen mit kunstvollen Frisuren und in bunt schillernden, gerüschten Seidenroben von Lacroix interpretieren den „Frühlingsstimmenwalzer“ von Johann Strauß Sohn auf ihre meisterhafte Weise. Unter Bäumen wird verführt und sich geziert, betört und kapituliert. Eszter Ledán und Zsolt Török, fröhlich auf der Terrasse des Gartenpalais Liechtenstein.Cherevychko und Konovalova haben ihr erotisches Geplänkel bereits erledigt und können entspannt im Park flanieren, die blonde Eszter Ledán becirct Zsolt Török, Masayu Kimoto turtelt mit Alice Firenze, Roman Lazik und Ketevan Papava sind sich bereits einig und genießen gemeinsam die laue Sommerluft. Damals, im August, waren Tür und Tor – gerade wieder oder gerade noch, wie man’s nimmt – offen, nicht nur für Tänzer*innen. So bietet diese Balletteinlage, in der so fröhlich scharmutziert und poussiert wird, auch eine wärmende Erinnerung an Sonnenschein und Freiheit. Die unaufdringliche Choreografie stammt von José Carlos Martinez, der schon im Vorjahr den Neujahrstanz betreut hat. Er ist, wie der verabschiedete Wiener Ballettdirektor Manuel Legris, ehemaliger Étoile in der Compagnie der Opéra de Paris, als reisender Choreograf hat er seine Spuren von Paris bis Shanghai hinterlassen. Er überbeansprucht auch die Tänzer*innen nicht, die auf glattem Parkett, über Stiegen, auf weichem Rasen und steinigen Wegen springen und drehen, als wären sie auf dem bestenSchwungvoll im Park: Ketevan Papava, Roman Lazik Tanzboden. Das Finale auf der Terrasse des Palais mit allen vier Paaren ist keine Überraschung.
Fakten, zusammengefasst von der ORF-Pressestelle:
Das Neujahrskonzert am 1. Jänner 2021 wird in über 90 Länder weltweit übertragen, im ORF ist das Konzert ab 11.15 Uhr live in ORF 2 und Ö1 zu erleben. Wer die Live-Übertragung am Vormittag verpasst, hat drei weitere TV-Gelegenheiten, das Ereignis nachzusehen: Als Langschläfer-Service bringt ORF III am 1. Jänner im Hauptabend ein Dakapo (20.15 Uhr). 3sat sendet das Ereignis am Samstag, dem 2. Jänner (20.15 Uhr). ORF 2 zeigt das Konzert nochmals in der Matinee am Dreikönigstag, Mittwoch, 6. Jänner (10.05 Uhr).
"Frühlingsstimmen", getanzt auf hartem Boden: Alice Firenze und Masayu Kimoto. Da das Neujahrskonzert aufgrund der Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie erstmals ohne Saalpublikum stattfinden muss, hat der ORF eine besondere Initiative ins Leben gerufen. Über eine Website konnten sich Menschen weltweit registrieren, um ihren Live-Applaus zu spenden. Die Claque aus aller Welt hat auch Fotos hochgeladen, die als Bilderwand während des Applauses gezeigt worden sind. Doch niemand hat uns verboten, auch zu Hause vor dem Bildschirm zu applaudieren und den Tänzerinnen und Tänzern zuzujubeln und ein tanzendes Neues Jahr zu wünschen. Die nicht getanzten Tänze mögen der Vergangenheit angehören.

Neujahrskonzert 2021. Die Wiener Philharmoniker, dirigiert von Riccardo Muti. Tanzeinlagen mit Solist*innen des Wiener Staatsballetts: Alice Firenze, Sveva Gargiulo, Liudmila Konovalova, Eszter Ledán, Ketevan Papava; Denys Cherevychko, Davide Dato, Masayu Kimoto, Roman Lazik, Szolt Török. Choreografie: José Carlos Martinez, Kostüme: Christian Lacroix. Redaktion: Karin Veitl. 1, Jänner 2021,  ORF.
Fotos: © ORF / Thomas Jantzen