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Carlos Saura: „Argentina“, Dokumentarfilm

Argentinische Folklore im Film von Carlos Saura © Filmladen Filmverleih

Der preisgekrönte spanische Regisseur Carlos Saura (84) lädt zu einer musikalischen Reise quer durch die Argentinische Folklore ein. Wirbelnde Röcke, hypnotisierende Rhythmen, betörende Melodien machen diese Dokumentation zu einem im ganzen Körper spürbaren Erlebnis. Mitreißend, faszinierend und überaus erotisierend. Auch wenn es im Gesang oft um Armut, Verlust und Tod geht, im Tanz geht es immer um die Liebe.

Saura hat sich in vielen Filmen mit der Musik und dem Tanz des Volkes beschäftigt. In Erinnerung ist sicher seine Version des Carmen-Stoffes, mit dem 2044 verstorbenen Tänzer und Choreografen Antonio Gades. 2010 hat Saura „Flamenco, Flamenco“ gedreht und sich davor bereits mit dem portugiesischen Fado („Fado“, 2007) beschäftigt. Il Grupo  Metabombo (die Trommlergruppe) © filmladen filmverleih

Jetzt also Zamba und Cipla, Chacarerea, Diablada, Chamarmé und Tonada und viele andere musikalisch-tänzerische Traditionals, die meist gar nicht schriftlich festgehalten sondern nur von Generation zu Generation weitergegeben werden. In einer alten Scheune im berühmten Stadtteil „La Boca von Bueños Aires, vereint Saura auf einer schlichten dekorationslosen Bühne Amateure und Profis, Solist_innen, Duos und große Gruppen zu einer bunten Choreografie, in der er auch einen Querschnitt des Landes, seiner Leute und deren Probleme gibt. Kommentarlos. Die Künstler, alle ernsthaft und eindrucksvoll, treten in modernen Cafés , in den Showpalästen der pulsierenden Großstadt Buenos Aires ebenso auf, wie in der Pampa und den Bergdörfern der Anden

Pursiter Tanz zum Klagegesang ©Filmladen FilmverleihEs gibt kaum Kommentar, doch die sehr oft politik- und gesellschaftskritischen Liedtexte werden deutsch untertitelt. In zwei besonders schönen Szenen verbeugt sich Saura mit seinem Team (Kamera: Felix Monti) in historischen Aufnahmen vor den gefeierten Volkssängerinnen Mercedes Sosa und Atahualpa Yupanqui.

Sein Handwerk versteh Saura auch im hohen Alter noch. In einem ausgeklügelten Spiel mit Licht und Schatten postiert er die Künstler_innen so direkt und frontal, das ich nach mancher Darbietung im Kino Applaus spenden möchte, so lebendig sind sie. Sie, das sind die mit Live-Eindruck agierenden Tänzer_innen, Sänger_innen und Musiker_innen und auch die vielfältige argentinische Folklore, deren Lebenskraft Saura sicht- und hörbar gemacht hat. Auch wenn traurige Lieder erklingen, leuchten die Augen vor Glück, das Macht die Musik und der Tanz.
Im Duett mit der Live-Kamera. © Filmladen FilmverleihDas Glücksgefühl überträgt sich auch auf die Zuschauerinnen und so ist die etwas lose Szenenfolge, der Mangel an einer stringenten Dramaturgie leicht zu verzeihen.

„Mein Wunsch war es, ein ganzbesonderes Kinoerlebnis zu erschaffen. Ich wollte die tiefe Verbindung zwischen Gesang und Boden erkunden.“ Señor Saura, das ist gelungen!

Argentina - Zonda. Folklore argentino“, Filmdokumentation von Carlos Saura, Regie und Drehbuch; Choreografie von Koki and Pajarin Saavedra. 89 Minuten, Breitwand. Im Kino ab 5. August 2016.