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Ana Borralho & Joāo Galante: Trigger of Happyness

Vernebelte Geständnisse in "Trigger of Happyness" © Leonor Fonseca

Russisch Roulette für Einblicke in die Seelen junger Erwachsener. Das Tanzquartier Wien präsentierte am 9. und 10. November 2018 mit „Trigger of Happyness“ eine Dokumentarperformance der beiden portugiesischen bildenden KünstlerInnen Ana Borralho und Joāo Galante. Zwölf vom Tanzquartier ausgesuchte WienerInnen im Alter zwischen 18 und 23 Jahren, allesamt Laiendarsteller, berichten von Erlebnissen und psychischen Zu- und Umständen aus Kindheit, Jugend und jungem Erwachsenen-Dasein.

Laute Techno-Musik und ausgelassen Tanzende empfangen die Zuschauer im Saal. Im Hintergrund Google-Earth: Zoom auf Städte dieser Welt, an denen diese Performance bereits aufgeführt wurde, immer mit jungen Menschen von dort. Nach und nach nehmen die TänzerInnen an einem langen weißen Tisch Platz, beruhigen sich, ordnen die Kleider. Die zwölf Apostel? Eine Pistole verschießt bunte Pulverwolken, initiiert Erzählungen. Hinten werden Foto-Triptychons der Privatsphären projiziert. Das schafft Nähe.

Nebelwolken über der Spaßgesellschaft. © Leonor Fonseca Die Szenerie lockert sich, mit ihr die Themen. Junge Menschen reflektieren über Vater und Mutter, denen sie nie gleichen wollen, über ungeliebte Chefs, beglückenden und gescheiterten Beziehungen, heterosexuelle wie lesbische, das erste Mal, Polyamorie, Masturbation, Geständnisse beim Analverkehr, schlechtes Gewissen und falsche Rücksichten. Manche Hüllen fallen, mit ihnen Scham und Schönsprech. Von Heiligkeiten keine Spur. Standpunkte und manche schon verfestigte Ansicht prallen aufeinander. Unsicherheit trifft auf Altkluges, Suchendes wird von gefühltem Angekommensein genährt.

Trotz mancher Längen und der dadurch erzeugten Unruhe im Auditorium wurde das Stück begeistert gefeiert.Seelenstriptease mit russischem Roulette. ©  Didier Crasnault

Die Arbeit be- und verurteilt nicht. Sie fragt nach dem, was die Spaßgesellschaft in ihrem Inneren bewegt, was sie treibt und was sie prägt. Sie macht das anhaltende Wirken mächtiger Instanzen sichtbar, der elterlichen wie der aktuellen sozialen, lässt emanzipatorische Bemühungen spüren und gibt durch ihre Freimütigkeit tiefen Einblick in das Seelenleben junger Erwachsener. Postpubertäre Weltsichten werden zu einem Psychogramm verdichtet, das, manchmal spröde, immer aber voller Wertschätzung, Verständnis und Liebe ein Bild zeichnet auch von der zukünftigen Gesellschaft mit ihren Wertvorstellungen, Freiheiten und innerpsychischen Barrieren.

„Trigger of Happyness“: Konzept, künstlerische Leitung: Ana Borralho und Joāo Galante. Mit Maximilian Blender, Esra Erdogan, Hannah Fras, Antonio Prokscha, Lena Hödl, Iliya Hosseini, Lisa Jakob, Nadine Millauer, Olivia Schabowski, Elias Scheibenpflug, Benjamin Stadler, Lia Wilfing; Lichtdesign: Thomas Walgrave; Sound: Coolgate, Pedro Augusto. 9. November 2018, Tanzquartier Wien.