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Farah Deen: "The Sky above, the Mud below", brut

Farah Deen unter dem Himmel, über dem Schmutz. © Shananeira

Die Hip-Hop Tänzerin Farah Deen beeindruckt mit ihrem ersten Solo. Schon der poetische Titel: „The Sky above, the Mud below / Oben der Himmel, unten der Dreck“ klingt verlockend. Sie hat ihn einem französischen Dokumentarfilm über die Bevölkerung von Papua-Neuguinea entlehnt und für sich adaptiert, weil sie sich zwischen zwei Polen, sprich Religionen, bewegt, „aber immer noch auf ihren eignen zwei Beinen steht und sich selbst durchs Leben wühlen muss“. Gewühlt wird aber gar nicht, sondern mit großartiger Körperbeherrschung und differenzierten Bewegungen samt ausdrucksstarker Mimik gezeigt, wie man zwischen Extremen tanzt und immer dieselbe bleibt, auch wenn das Kostüm wechselt.

Die Tänzerin persönlich begrüßt das Publikum und reißt die Eintrittskarten ab. Sie ist in verhüllt, offenbar eine Muslimin, eine Fremde. Die Hülle täuscht, Farah Deen ist Österreicherin, in Salzburg aufgewachsen und ausgebildet. Die Mutter ist Kärntnerin, der Vater stammt aus dem muslimisch geprägten Sri Lanka. Sie selbst ist eine Frau, die sich den männlich geprägten Normen und Klischees nicht fügen will.

Als Muslima auf dem Gebetsteppich. Alle Bilder © ShannaneiraSo legt sie auch auf der Bühne die Verhüllung mit sorgfältigen Bewegungen wieder ab, steht in Unterwäsche da. Nicht sexy und aufregend will sie sein, nur ein weiblicher Körper, nicht ganz nackt eben. Sie dreht und wendet sich, das Publikum kann sie von allen Seiten studieren, im Hintergrund steht ein Zelt, dessen Bahn später als Hülle mit Schleppe verwendet wird. Verhüllt oder nicht, christlich oder muslimisch – in mehreren Szenen zeigt Deen, worum es ihr geht. Mal ist sie christliche Jungfrau mit blauem Schleier oder katholische Nonne mit betenden Händen, dann wieder Muslimin, die (wie nur die Männer es dürfen) auf dem Teppich kniet und Allah anruft. Ich könnte den einzelnen Szenen Titel geben: Madonna, Model, Revolutionärin, die Fromme, die Leidende, die Selbstbestimmte. Das istnicht notwendig, die etwas holprige Szenenfolge wird wunderbar durch Dees Körper, durch die Bewegung der Arme und Beine, durch den Tanz der Finger, ihre differenzierte Mimik und die Ruhe, die sie ausstrahlt, zusammengehalten. Farah Deen: Perfekte Körperbeherrschung
Eine schöne Frau mit langen Beinen und schwarzen Augen, die sich anmutig zart und auch eckig wild bewegen kann. Dass sie sich zwischen den Polen Christentum und Islam balanciert, ist bald klar, sonst muss ich nichts wissen. Ihr fasziniert zuzuschauen, genügt. Nach einer wie im Flug vergangenen Stunde wandert sie im hellen Licht (Jasper Diekamp) über den Laufsteg, legt ihre Ver- und Enthüllungen mit gemessenen Bewegungen zusammen, räumt auf im Bühnenleben einer Tänzerin und verschwindet.

Ohne Hülle ist die Tänzerin sie selbst – eine beeindruckende Frau. Die Musik zu dieser schönen Performance hat Patrick Gutensohn komponiert, der selbst Breaktänzer ist und die Musik für seine Crew Prodigyy gern selbst bastelt. Anfangs wabert der Sound ein wenig konturlos durch den Raum, Bewegung und Geräuschkulisse kommen nicht zusammen. Doch gegen Ende passt auf einmal alles. Die Musik gibt den Rhythmus vor, die Tänzerin fügt sich. Oder ist es umgekehrt? Die Tänzerin treibt die Musik? Egal, der physische Körper ist mit dem Klangraum verschmolzen. Alles passt. Auch der heftige Applaus für die Solistin.

Hungry Sharks / Farah Deen: „The Sky above, the Mud below“, Solo im Rahmen von imagetanz, brut im Eldorado. Uraufführung am 7. März 2018.
Weitere Vorstellungen: 8.–10. März 2018.