Ballett: Die Fledermaus hat ausgetanzt
Die Fledermaus, auch wenn sie nicht singt, jedes Opernhaus. Achtmal ist das in dieser Saison auch dem Wiener Staatsballett gelungen. Das von Roland Petit mit Esprit choreografierte Ballett Die Fledermaus, dirigiert von Luciano Di Martino, war ein voller Publikumserfolg. Die letzte Aufführung dieser Saison findet am Samstag, 13.12. statt. Mit der ersten Besetzung der Wiederaufnahme ist hinter die Vorhänge einer biedermeierlichen Idylle zu sehen.
Vor dieser Serie, die Ballettdirektorin Alessandra Ferri programmiert hat, war Petits „operette dancée“ zwischen Jänner 2009 und Februar 2011 unter Direktor Manuel Legris 25 zu sehen, doch nach 15 Jahren ist die Rolle nahezu für alle, auch für langjährige Mitglieder der Compagnie, neu. Auch die Erste Solotänzerin Ioanna Avraam kann mit der Bella in Petits Fledermaus-Ballett ihrem reichen Repertoire eine neue Rolle hinzufügen. Ihre Partner, der Italiener Alessandro Cavallo in der Titelrolle (eigentlich der untreue Ehemann, der des Nächtens ausfliegt) und Giorgio Fourés als Hausfreund Ulrich dürfen sich ebenfalls über ein gelungenes Rollendebüt freuen.
Cavallo, ein eleganter Tänzer mit Erfahrung in der Accademia del Teatro alla Scala und im Béjart Ballet Lausanne, ist seit dieser Saison Halbsolist im Wiener Staatsballett. Direktorin Ferri gibt immer wieder auch den jungen Tänzerinnen und Tänzern, Halbsolisten und auch Corpsmitgliedern, eine Chance, sich solistisch zu beweisen. Cavallo, rollengemäß etwas steif, hat sie sicher nicht enttäuscht. Überrascht hat mich Giorgio Fourés, der seit 2022/23 Mitglied in der Compagnie ist und von Ferri zum Solotänzer ernannt worden ist. Als Ulrich hat er Gelegenheit gehabt, reichlich Humor zu zeigen.
Diesen Ulrich hat Petit als Verwandten des Barbiers von Sevilla geschaffen, er verrät Bella nicht nur, wie sie ihren Ehemann zurückgewinnt, sondern taucht überall auf, wo er nicht erwartet ist. Fourés, in Wien gebürtiger Italiener, hat nach seiner Ausbildung an der École de Danse de l’Opéra national de Paris seine Karriere im Ballet der Pariser Oper gestartet und bald auch Solorollen getanzt. Auch mit Roland Petits Tanzvokabular hat er als Chef der Banditen im Ballet Carmen hat er bereits Bekanntschaft gemacht. Als Ulrich scheint er sich nicht nur im Heim des Ehepaars, Bella & Johann, zu Hause zu fühlen. Die Rolle des wendigen und wohl auch ein wenig windigen
Ulrich macht ihm sichtlich Freude.
Freude hat auch Ioanna Avraam an der Doppelrolle einer braven, aber unglücklichen Hausfrau und der Diva im Nachtclub. Die Wandlung macht Avraam besonders deutlich, klar, dass auch der Ehemann seine Bella nicht erkennt. Als so kräftiger wie geschmeidiger Csárdástänzer fällt Solotänzer Géraud Wielick auf und die Kellner (Javier González Cabrera, Tomoaki Nakanome, Hanno Opperman) verdienen, wie jedes Mal, den Szenenapplaus.
Auffallend ist, wie sorgfältige auch die kleinsten Rollen unter der Leitung von Luigi Bonino einstudiert worden sind. Jede Bewegung sitzt, ob im Ballsaal, auf der Straße oder im Wohnzimmer.
Petits komödiantisches Ballett hat einen doppelten Boden, zwischen den Sprüngen und Hebungen, unter den Füßen der buckelnden Kellner, zwischen den Notenzeilen brodelt es. Das Biedermeier ist sichtbar, die Brandstifter bleiben im Hintergrund.
Die Fledermaus, Ballett von Roland Petit in zwei Akten, 31. Aufführung
Choreografie & Inszenierung: Roland Petit, Musik von Johann Strauß, mit zusätzlichem Material von Johann Strauß Vater & Josef Strauß, arrangiert und orchestriert von Douglas Gamley;
Musikalische Leitung: Luciano Di Martino;
Leitung Einstudierung: Luigi Bonino Einstudierung: Gillian Whittingham; Ballettmeister*innen: Pino Alosa, Lukas Gaudernak, Barbora Kohoutková, Louisa Tänzer*innen: Ioanna Avraam, Alessandro Cavallo Giorgio Fourés, Iliana Chivarova, Géraud Wielick, mit dem Wiener Staatsballett und der Ballettakademie und dem Orchester der Staatsoper.
Debüts am 28.11., gesehen am 8.12. 2025. Letzte Aufführung in dieser Saison (Premierenbesetzung): 13.12. 2025.
Fotos: Ashley Taylor.