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Doris Uhlich: “Unkraut“ im mumok

"Unkraut" – verdirbt nicht. © Reinhard Winkler

Unkraut, das weiß jede Gärtnerin, ist unverwüstlich, es wächst und gedeiht, es gibt keine Chance, es zu vernichten. Dabei könnte man viele Unkräuter vom negativen „Un“ befreien, es sind einfach Kräuter, die sich aus eigener Kraft im sorgsam getrimmten Rasen oder neben die Zierpflanzen angesiedelt haben, niemand hat sie angebaut, niemand gegossen. Und sie wachsen, blühen und gedeihen dennoch. Und, wenn es nach der Choreografin Doris Uhlich geht, tanzen sie auch: am 28. und 29.11. im mumok.


Die Unkräuter bleiben keineswegs auf dem Boden. Alle Fotos © Reinhard WinklerAls Workshopleiterin und Choreografin arbeitet Doris Uhlich gerne mit jungen Erwachsenen. Sie kann sich noch gut an die eigene Jugend erinnern und in Hirn und Herz der Heranwachsenden hineinsehen. Seit mehreren Jahren arbeitet Uhlich mit jungen Tanzbegeisterten in der Wiener Tanzwerkstatt und hat heuer im Frühsommer für Schäxpir, das Linzer Festival für junges Publikum, für sechs ihrer Tänzerinnen die Choreografie „Unkraut“ erarbeitet. In Kooperation mit ImPulsTanz und mumok wird die Choreografie jetzt auch in Wien gezeigt.

Doris Uhlich beschreibt selbst, was auf der Bühne geschieht:
„In der Performance hinterfragen die jungen Tänzerinnen das Frauenbild, das sie zum einen zwar selbst verkörpern, zum anderen aber gerne verschieben wollen. Dabei steht das Bild des Unkrauts symbolisch für das Sich-nicht-unterkriegen-Lassen. Die Bewegungsrecherche kreist um die Themen Unterdrückung und Aufbegehren, Wenn es sein muss, wird der Boxhandschuh angezogen. schlummert doch in den jungen Frauen das Bedürfnis nach Individualität und Selbstbestimmtheit, die Sehnsucht, anders oder mehr zu sein als man ist. Allerdings werden diese Emotionen oft unterdrückt: von ihnen selbst, von normativen Kräften von außen, von gesellschaftlichen Codes. 
Die sechs Unkräuter tanzen an gegen den Druck, in ein Gesellschaftsbild von Frau zu passen, sich unterzuordnen. Auf lustvolle, schräge und humorvolle Weise tanzen sie hinein in ihre persönliche und kollektive Kraft und in die vielen Ichs, die in ihnen schlummern und furchtlos sind.“ Dann fügt sie hinzu: „Das Stück wird nicht nur Mädchen und Frauen ansprechen. Das Thema betrifft alle, die sich unterordnen oder Macht ausüben.“

Ein kleiner Guss mit der Kanne ist wachstumsfördernd.Wer in einem Schnupperworkshop mit Doris Uhlich arbeiten will, hat am Freitag, 29. November vor der Vorstellung im mumok Gelegenheit dazu. Mit jungen Menschen ab 14 teilt Doris Uhlich Bewegungsrecherchen, Assoziationsketten und Fragestellungen, die während des Probenprozesses von Unkraut entstanden sind. Zentrale Themen werden sein: Unterordnung und Aufbegehren, das Arbeiten mit körperlichen Widerständen und das Hineintanzen in sich stets transformierende Bewegungsqualitäten. Das Archiv an Bewegungsmustern, das jeder Mensch in sich hat, auszutauschen ist nicht die Absicht, doch es wird erweitert mit vielleicht noch nie getanzten, Unkraut kann man biegen, aber nicht brechen.sich am Beginn fremd und schräg anfühlenden Bewegungen.

Ergänzend muss ich noch zur Rettung des Unkrauts festhalten, dass richtige Gärtner*innen den selbständigen, wehrhaften Pflanzen das pejorative Vorwort längst genommen und neutrale Namen erfunden haben: „Beikraut“ oder, um die Kräuter und Blüten nicht zu kränken, ganz korrekt, aber wenig durchsetzungsfähig: „Kulturpflanzenbegleiter“.

Doris Uhlich: „Unkraut“, Choreografie: Doris Uhlich. Performerinnen: Marie-Luise Bohrer, Annina Kriechbaum, Miriam Kutrowatz, Lena Obenaus, Anna Steiner, Luna Weis. Premiere: 25.6.2019, Schäxpir, Theaterfestival für junges Publikum Linz. Aktuelle Vorstellungen: 28. November 2019, 17 Uhr; 29. November 2019, 18 Uhr. mumok – Museum modernder Kunst Stiftung Ludwig Wien. Tickets.
Workshop mit Doris Uhlich: 29. November 2019, 15–17 Uhr, Museumsplatz 1, Preis: 20 €. Anmeldung
Die Veranstaltungen sind in Kooperation von mumok, ImPulsTanz – Vienna International Dance Festival und insert (Theaterverein) entstanden.