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Julie Bertuccelli: Der Flohmarkt von Madame Claire

Catherine Deneuve ist Claire Darling.

Zwischen Realität und Fantasie, zwischen Gegenwart und Vergangenheit rotiert der dritte Spielfilm der französischen Regisseurin Julie Bertuccelli. Das Drehbuch ist nach dem Roman der amerikanischen Autorin Lynda Rutledge, „Faith Bass Darling’s last Garage Sale“, entstanden. Die „letzte Verrücktheit der Claire Darling“ („La Dernière Folie de Claire Darling“, französischer Originaltitel) ist ein Flohmarkt im Garten des Wohnhauses von Claire Darling (Catherine Deneuve), die eines Morgens mit dem Bewusstsein erwacht, am Abend tot zu sein und deshalb all ihre Schätze verscherbeln will. Deshalb veranstaltet sie den „Flohmarkt von Madame Claire“.

Catherine Deneuve,weißhaarig und kettenrauchend, ist zwar die Hauptdarstellerin, doch nicht das Zentrum des Films. Bertuccelli, selbst eine Sammlerin, Der Flohmarkt im Garten des Schlosses © Les Films du Poisson France 2 geht es um die schönen und auch wertvollen Dinge, die Madame Claire gesammelt hat: Tiffany Lampen, mechanisches Spielzeug, Automaten, ledergebundene Bücher, in denen ihr verstorbener Mann Geld versteckt hat, antike Möbelstücke. Alles müssen die freundlichen Bewohner von Verderonne in Nordfrankreich in den Garten schleppen, die Dorfbewohner stürzen sich darauf. Claires Mann hat einst der Steinbruch gehört, er war Arbeitgeber des gesamten Dorfes. Dass sie schon lange Witwe ist und der Steinbruch den Chinesen gehört, vergisst sie immer wieder; sie verwechselt die jungen Männer aus dem Dorf mit ihrem vor vielen Jahren im Steinbruch umgekommenen Sohn und taumelt mit Anfällen von Demenz hilflos zwischen Gegenwart und imaginierter Vergangenheit umher.Madame Claire trennt sich von ihren geliebten Sammlerstücken. Alle Bilder © Filmladen Filmverleih Die Antiquitätenhändlerin Martine, über die Gier der Dörfler*innen und das Verschleudern der wertvollen Objekte entsetzt, ruft Claires Tochter (Chiara Mastroianni) zu Hilfe.
Seit 20 Jahren haben Mutter und Tochter nicht miteinander gesprochen, und es gelingt auch jetzt, da Claire sicher ist, zu sterben, nicht wirklich.

Catherine Deneuve, der der Gedanke, loszulassen, nicht fremd sein kann, hat sie doch erst kürzlich ihre Saint-Laurent-Kleider zur Versteigerung gegeben, bemüht sich redlich, doch sie kann den Film nicht retten. Durch die anlasslos eingeblendeten Erinnerungen sind die Hauptpersonen alle doppelt besetzt, sogar der Dorfgendarm und der Pfarrer treten als junge Männer auf, und so genau kann man anfangs nicht unterscheiden, wer das Kind oder das junge Mädchen ist – Mutter und Tochter versuchen, miteinander zu sprechen (Catherine Deneuve, Chiara Mastroianni).Madame Claire (Deneuve und Alice Taglioni) oder ihre Tochter (Chiara Mastroianni und zwei Kinder)?

Auf eine durchgehende Zeichnung der Charaktere hat Bertuccelli verzichtet, sie ist mehr am Ambiente und den Objekten interessiert. Die Personen bleiben blass, Catherine Deneuve bekommt nicht mehr Aufmerksamkeit als ihre automatischen Puppen oder die Uhr mit dem Elefanten. Die Geschichte findet ihren Faden nicht, die Rückblenden purzeln wie zufällig daher. Auch wenn Bertuccelli alles hineinpackt, was ein Film über so eine Reise in die Vergangenheit zu bieten hat, ist nicht wirklich klar, was sie erzählen will. Das Leben der Claire Darling bleibt ein Puzzle. Claire raucht, steht verloren im Garten, dreht sich mit dem Autodrom im Kreis, der Zirkus kommt, ein Feuerwerk erfreut die Nachbarn – schöne Bilder, zusammenhanglos aneinandergereiht. Schließlich bricht ein spektakuläres Feuer im Schloss aus und all die wunderbaren Dinge fliegen in die Luft, wirbeln noch eine Weile umher, bevor der Abspann beginnt.

Filmplkat: "Der Flohmarkt von Madame Claire". Nur wer 90 Minuten lang zufrieden ist, Catherine Deneuve zuzuschauen, wie sie eine Zigarette raucht oder sich durch den Garten bewegt, kann an diesem trotz der gefühlvollen Arbeit der Kamerafrau (Irina Lubtchansky) ziemlich trockenem Film Freude haben. Bertuccellis Ruf beruht auf ihren Dokumentarfilmen („Der Schulhof von Babel“, 2013, „Dernières Nouvelles du Cosmos“, 2016), auch für ihre erste Literaturverfilmung, „L‘Arbre“, 2010, mit Charlotte Gainsbourg erntete sie in Frankreich reichlich Lob. Mehrmals wurde sie für den Filmpreis „César“ nominiert, für ihren dritten Spielfilm dürfte es kaum eine Nominierung geben.

Julie Bertuccello: „Der Flohmarkt von Madame Claire“ („La Dernière Folie de Claire Darling / „Die letzte Verrücktheit der Claire Darling“), nach dem Roman „Faith Bass Darling’s Last Garage Sale“ von Lynda Rutledge, Drehbuch: Bertuccelli, Sophie Fillières; Kamera: Irina Lubtchansky. Mit Catherine Deneuve, Alice Taglioni; Chiara Mastroianni, Colomba Giovanni, Mona Gionard; Samir Guesmi, Amine Mejri; Laure Calamy, Lewine Weber; Johan Leysen, Julien Chavrial und anderen. Ab 3. Mai in den Kinos. Verleih: Filmladen