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„Mein Liebhaber, der Esel & ich“, Filmkomödie

Antoinette (Laure Calamy) will mit dem Koffer durchs Gebirge wandern.

Die Lehrerin Antoinette freut sich auf den Ferienbeginn, eine Kuschelwoche mit ihrem Liebhaber steht bevor. Doch Vladimir springt ab. Er wird eine Wanderwoche mit Frau und Tochter in den Cevennen verbringen. Kein heimliches Treffen mit der Geliebten. Antoinette lässt sich nicht so leicht abwimmeln, sie beschließt, ihm nachzureisen. Die französische Regisseurin Caroline Vignal hat mit „Mein Liebhaber, der Esel & ich“ ist einen netten, amüsanten Film gedreht, in dem der Esel den Liebhaber zum richtigen Esel degradiert.

Nach dem Schulkonzert: Schäferstündchen hinter verschlossenen Türen (Laure Calamy, Benjamin Lavernhe).Der Liebhaber (Benjamin Lavernhe) spielt in den Träumen von Antoinette (Laure Calamy) eine größere Rolle als im Film. Der verheiratete Mann, Vater einer Schülerin von Antoinette, darf die Geliebte einmal zärtlich abschmusen, ihr dann mitten im Gebirge Vorwürfe machen, weil sie ihm nachgereist ist, und wird endlich abserviert. Die Ehefrau hat die Geliebte aufgeklärt, dass sie nicht die erste ist und auch nicht die letzte sein wird. Patrick, der Esel, verhält sich, wie man es von einem Filmesel erwartet. „Er muss einfach bumsen, aber er wird mich nie verlassen.“ Jetzt hat Antoinette nur noch Patrick, den störrischen Esel, der ihr Gepäck und, wenn es sein muss, auch sie selbst über Stock und Stein tragen soll. Anfangs hat er keine Lust, ob Antoinette vorne zieht oder hinten schiebt, Patrick rührt sich nicht von der Stelle. Gutes Zureden hilft noch am besten und allmählich freunden sich die beiden an, und Antoinette und Patrick werden ein unzertrennliches Paar.
Ziehen hat nichts geholfen, Schieben hilft auch nicht. Neben Patrick, der sich verhält, wie man es von einem Esel in der Komödie erwartet, hat Laure Calamy als Antoinette kaum eine Chance. Auch Olivia Côte als Ehefrau, die sich an die Betrügereien ihres Mannes längst gewöhnt hat, zeigt mehr Profil als die etwas unbedarfte Lehrerin. Wenn Patrick Antoinette in rasendem Galopp hinter sich hergezerrt hat und endlich all die voraussehbaren humoristischen Einlagen verbraucht sind, beginnt sich der Kern der Geschichte herauszuschälen. Antoinette, die Lehrerin, Hat sich Patrick einmal für Galopp entschlossen, ist er nicht mehr zu bremsen. erkennt, wie kindisch sie sich verhält, indem sie sich an eine vergebene Mannsfigur klammert und den Hormonstau für die große Liebe hält. Wenn sie Vladimir endlich den Laufpass gegeben hat, genießt sie die alte Kulturlandschaft der Cevennen in Südfrankreich und auch die Gastfreundschaft der Bevölkerung. Die geführten Wandertouren, durch malerische Dörfer, entlang tiefer Schluchten, durch dichte Wälder und auf den Hochebenen, sind berühmt. Schon der Schriftsteller Robert Louis Stevenson (1850–1894, „Die Schatzinsel“, „Dr. Jekyll und Mr. Hyde“) ist mit einem Esel durch die Cevennen gewandert („Travels with a donkey in the Cévennes“), um seinen Liebesschmerz zu vergessen. Auf dem „Stevensonweg“, der mitten durch den Nationalpark führt, haben auch die Dreharbeiten stattgefunden.
Antoinette und Patrick werden im Dorf begrüßt.Antoinette muss wie der schottische Autor alleine wandern, die geführte Tour samt Vladimir mit Tochter und Frau ist bereits ausgebucht. Die appetitliche Singelwanderin wird bald zum Gesprächsstoff in allen Wandergruppen. Wenn sie auf dem Esel ins Dorf einreitet, bekommt sie Applaus und die Männer reißen sich darum, ihr ein Bier zu spenden. Sie amüsiert sich, ist aber nicht (mehr) interessiert. Sie hat Patrick als Freund und auch als Therapeuten, dem sie alles erzählen kann, was sie beschwert und los werden muss. Das ist nicht weit hergeholt, können doch Esel Sprache und Gestik und sogar Stimmungen der Menschen deuten.
Lahm und dumm sind sie nur im (Film-) Märchen.
Schade, dass die Landschaft – der Nationalpark der Cevennen ist von der UNESCO zum Weltnaturerbe ernannt worden – keine größere Rolle spielt. Es hätte den unterhaltsamen, doch recht harmlosen Film geadelt. Schließlich lässt auch der Originaltitel, „Antoinette dans les Cévennes“, schließen, dass Berg und Tal, Wald und Flur den Film tragen. Der Widerspenstige ist gezähmt, Antoinette und Patrick verstehen einander bestens.
Unnötig ist auch das Western-Finale samt Country-Song. Beim innigen Abschied von ihrem Patrick lernt Antoinette den jungen Wanderer kennen, den Patrick ab nun begleiten soll. Der zeigt sich natürlich wieder mal bockig, will nicht auf den Fremden hören, gehorcht aber willig Antoinettes Flüstern. So wandern sie zu dritt der sinkenden Sonne entgegen. Ein schönes, viel zu oft gesehenes Bild. So kitschig ist der Film nämlich nicht, auch wenn er nicht viel mehr als angenehme Unterhaltung in der sonnenhellen Landschaft mit stets freundlichen Herbergsmüttern und -vätern hergibt. Dass Patrick Lust macht, selbst einmal so eine Wanderung mit Esel (auf jeden Fall jedoch ohne Liebhaber) zu unternehmen, ist eines der großen Pluszeichens der Komödie.

„Mein Liebhaber, der Esel & ich“, („Antoinette dans les Cévennes). Regie und Drehbuch: Caroline Vignal. Kamera: Simon Beaufils. Mit Laure Calamy, Benjamin Lavernhe, Olivia Côte und vielen anderen. Einige Esel nicht zu vergessen. Im Kino ab 23. Oktober 2020. Filmladen Filmverleih.
Fotos: © Julien Panié/Chapka Films, La Filmerie, France 3 Cinéma