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ImPulsTanz – Not Standing: „every_body“

Verkehrte Welt an der Recksstange. Sie hält ihn.

Not Standing nennt der belgische Zirkusartist Alexander Vantournhout seine körperorientierte Formation von zurzeit 11 Performerinnen / Turnerinnen. 2023 hat er Wien mit Compagnie Mitglied Axel Guérin das Duett Through the Grapevine gezeigt, in diesem Jahr hat er mit Emmi Väisänen every_body erarbeitet. Dazwischen, 2024, war die gesamte Compagnie in Wien und begeisterte mit Foreshadow. Im Pas de deux every_body nehmen sich Vantournhout und Väisänen im Akademietheater einiger Alltagsbewegungen an. 

Alexander Vantournhout mit Emmi Välsänen im Duett „every_body“.Bevor der große Akrobat und die zarte Tänzerin erscheinen, ist Zeit, die Bühne zu bewundern, die diesmal der belgische Designer Tom van der Borght gestaltet hat. Stränge eines Glitzervorhangs hängen in mehreren Ebenen vom Schnürboden, sie werde sich später öffnen und wieder schließen. Im Hintergrund wartet ein rosa leuchtendes Turngerät, das später als Reckstange verwendet wird. Auf der Hinterbühne ranken sich Blumen und bunte Quasten. Farbenfroh sind auch die Kostüme, die im Lauf der Nummern ihre wahre Pracht preisgeben. Anfangs jedoch erscheint das Paar in weißen Mänteln, die von einer auffallenden Masche geziert sind. Also eher Clown als Medizinmann / -frau. Emmi Välsänen hängt an der Reckstange, Alexander Vanturnhout hängt an Emmi Välsänen.  Arm in Arm bewegen sie die Füße auf dem kleinen Laufbrett und kommen nicht weiter. Sie wechseln die Plätze, verschlingen ihre Beine, bewegen sich synchron nebeneinander, doch nicht im Gleichschritt. Bald sieht es aus als wäre eine Person mit vier Beinen auf dem Band. Kreuzungen und Verschlingen werden immer komplizierter und schneller, die Synchronizität schwindet, ein Machtkampf entsteht. Wer ist schneller, wer ist stärker? Nicht immer der größte und Schnellste. Nach dem Gehen das Sitzen am Tisch, allerdings ohne Sessel. Eine Bauchmuskelübung. In den Reihen wird gelacht, der Herr neben mir schaut auf die Uhr. Ein Blick, den er im Lauf der 50 Minuten noch mehrmals werfen wird.  Noch immer hängt Emmi Välsänen, die Die Arme aufgestützt, die Knie an den Körper gezogen, am quadratischen Objekt. Weiter hinten warten Sessel, doch sie sind aneinander gekettet, zum Liegen, selbst wenn die Reihe gekippt wird, besser geeignet als zum Sitzen. Blick auf die Bühne mit dem Reckaufbau, an dem die Tänzerin hängt. Auch das Reck wird für akrobatische Übungen genützt. Die Körperbeherrschung des Artisten und der Tänzerin ist bewundernswert. Begleitet werden die Übungen von einem immer wieder durch Stille unterbrochenem Soundteppich des belgischen Gitarristen Geoffrey Burton. Mitunter fallen die Körper in den klopfenden, brummenden Rhythmus aus der Tonanlage, verlassen ihn dann wieder, um ihrem eigenen Tempo zu folgen.  
Vantournhout und Väisänen arbeiten konzentriert mit und gegen die Schwerkraft, versuchen auch unter schwierigsten Umständen die Balance zu halten. Abschied mit Unendlichkeitsanspruch. Auch so kompliziert kann man das Händeschütteln gestalten. Doch sie sind eher bestens funktionierende Turnmaschinen, ohne Gefühlsregung, ohne Persönlichkeit. Die Kommunikation klappt durch die bestens einstudierten Bewegungsabläufe. So bewundernswert diese in aller Ruhe vorgebrachte Reihe komplizierten Bewegungen sind, deren Ausgangspunkt das tägliche Gerenne und Gehampel ist, so kalt lassen mich die Übungen. Als Workshop und Anregung zum Mitmachen passt das Duett besser als auf die Bühne eines Theaterraumes. Was mit Fuß- und Beinarbeit begonnen hat, schließt mit Hand- und Armarbeit. Hände werden geschüttelt und zusammengelegt, Arme werden verschlungen und wieder entknüpft. Das Publikum ist enthusiasmiert, verknüpft die eigenen Arme, um reichlich Applaus zu spenden.

Alexander Vantournhout / Not Standing: every_body, 24., 25., 25. Juli 2025, ImPulsTanz im Akademietheater.
Choreografie: Alexander Vantournhout und Emmi Välsänen, in Zusammenarbeit mit Charlotte Cétaire und Chia-Hung Chung
Performance: Alexander Vantournhout und Emmi Väisänen.
Kostüme und Bühne: Tom Van der Borght; Musik: Geoffrey Burton; Licht: Bert Van Dijck.
Fotos: © Bart Grietens