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Neujahrskonzert 2016 – ferngesehen

Gruppenbild mit Dame (Dato, Papava, Sosnovschi, Kourlaev). Foto: ORF / Günther Pichlkostner

Ein Neujahrskonzert ganz nach meinem Geschmack. Ohne jegliche Künstlichkeit. Tanzeinlagen an neuen Orten, in der Freudenau und im Park von Schönbrunn, fröhlicher mit Engelsstimmen geträllerte Polkagesang (Wiener Sängerknaben) und Walzermusik, so leicht und schmelzend, wie schon lange nicht. Auch der Pausenfilm war erfreulich musikalisch, dezent und unterhaltsam.

Dirigent Mariss Jansons und das gesamte Team hat verstanden, Fröhlichkeit zu verbreiten ohne dümmlich zu kasperln. Die Einlagen waren witzig, aber nicht aufdringlich und Jansons dirigierte beschwingt und dezent – als Mitglied der musizierenden Gemeinschaft und nicht, wie so oft im Fernsehen besonders auffallend, als egomanischer Superstar. Der als Pianist ausgebildete Regisseur Michael Beyer hat in den vergangenen Jahren dazugelernt: Sowohl aus dem dem Musikverein wie auch aus Schönbrunn und der Freudenau, wo das Wiener Staatsballett in der Choreografie von Jiři Bubeniček beschwingt tanzend pointenreiche Wiener G’schichterln erzählt, lieferte er mit dem Kamerateam schöne Bilder und sorgte für butterweiche Übergänge.
Ganz so intensiv wollte ich zwar die Deckenbeleuchtung des Goldenen Saals nicht studieren, obwohl die Lichtbrechungen in den Kristallelementen der Lüster zu Josef Straußs Walzer „Sphärenklänge“ tatsächlich das Himmelsgewölbe ahnen ließen.

Walzer in Schönbrunn: Olga Esina, Kirill Kourlaev © ORF – Günther Pichlkostner

Pfeifkonzert mit Seufzern. Das gesamte Neujahrskonzert war eine richtige Freude, doch über üer die Walzer kann ich richtig ins Schwärmen geraten. Traditionsgemäß wurden die rasanten Polka Noten zu allerhand kleinen Spassetteln genutzt. Effektvoll aber nicht aufdringlich. Auch der Dirigent zeigte sich in bester Laune. Pfiff vergnügt mit den Philharmonikern als Begleiter des Vergnügungszugs (Polka schnell von Johann Strauß) und ließ sie hingebungsvoll zseufzen um so genannten Galopp von Johann Strauß Vater. Was diese Seufzer ausdrückten, bleibt verborgen, Kummer und Sorgen jedenfalls nicht.

Später schwebte der Mittagszeit zum Trotz der Mond über Venedig (Ouvertüre zur Operette "Eine Nactht in Venedig" von Johann Strauß), wurde vom zarten Flügelschlag der „Libelle“ (Mazurka von Josef Strauß) abgelöst, um danach in des Kaisers Domizil fünf Paare des Wiener Staatsballetts im Walzertakt zu wiegen. Mit dem abgedroschenen „Kaiser-Walzer“ (Johann Strauß) hat Jansons wahre Walzerseligkeit bewiesen. Federleicht war dieser monumentale Konzertwalzer hingehaucht, eine Aufforderung zum Tanz.

Der Damenfolr (Ledán, Papava, Fogo, Poláková, Esina). © ORF – Günther PichlkostnerUnd der kamen Kyrill Kourlaev mit Olga Esina, Davide Dato, Nikisha Fogoe Alexis Forabosco, ,Eszter Ledán, Kamil Pavelka, Mihail Sosnovschi, Ketevan Papava und Nina PoLáková denn auch mit Verve nach. Die britische Bühnen- und Kostümbildnerin Emma Ryott hat Kostüme entworfen, die in zarten Farben den Tänzerinnen schmeicheln und nicht in der Bewegung hemmen. In Schönbrunn wussten die Herren im Frack ihre Zylinder elegant zu lüpfen. In der Freudenau, der ehemaligen Galopprennbahn, wo heuer die 250 Jahre gefeiert werden, die das Praterareal für das gemeine Volk zugänglich ist, waren die Kostüme einem Rennsonntag aus vergangenen Tagen angepasst. In gestreiften Beinkleidern und grauem Rock über seidig glänzender Weste balgten sich die Herren um Wettkupons und die Damen. Ryott hat bereits 2012 für die Produktion „Mathis der Maler (Paul Hindemith) im Theater an der Wien die Kostüme entworfen und auch für die Salzburger Festspiele gearbeitet. Ihre für die Balletteinlagen im Neujahrskonzert 2016 geschaffenen Kostüme waren nicht primär für eine verrückte Modenschau entworfen sondern für beschwingten Tanz. Walzerpaar Nikisha Fogo, Alexis Forabosco.  © ORF – Günther Pichlkostner"

Bubeniček, Tänzer und erfahrener Choreograf (im Repertoire des Staatsballetts ist seine Choreografie „Le souffle de l’esprit“), hat mit den Sonnentagen 2015 Glück gehabt, konnte im Freien drehen (lassen) und für die rasante Polka „Ausser Rand und Band“ (Eduard Strauß) auch die Denkmal geschützte Kaiserloge nutzen. In Schönbrunn huschten die Walzertänzer_innen Walerpaar Nikisha Fogo, durch den mondhellen Park und fanden einander im Spiegelsaal des Schlosses. „Chercher la femme“ war auch hier das Thema, wobei die tanzwütigen und auf einander eifersüchtigen Herren schließlich vom Balkon aus das Nachsehen hatten, als das bezaubernde Quintett im weißen Cabrio solo zum Frühstück fuhr..

Neujahrskonzert 2016, Wiener Philharmoniker unter Mariss Jansons im Wiener Musikverein. Fernsehübertragung am 1.1. 2016, ORF 2.
Wer das Konzert verschlafen hat, kann es am 3.1., um 20.15 im 3sat sehen und hören.