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Bouchra Ouizguen: „Éléphant“, Festwochen

Vier Frauen singen und Tanzen, damit ihre Rituale lebendig bleiben.

Die alte Kultur, die, die Tänze, die Rituale dürfen nicht verschwinden. Die marokkanische Choreografin und Tänzerin Bouchra Ouizguen hat drei Frauen eingeladen, mit ihr zu singen und zu tanzen, damit das gefährdete Ephemere sich nicht gänzlich auflöst. Der Elefant ist nicht von ungefähr zur Titelfigur erhoben, auch er ist gefährdet, wenn nichts geschieht, sind Elefanten bald nur noch im Tiergarten zu sehen.

Die marokkanische Choreografin Bouchra Ouizguen. © Jean Francois RobertMit ihrem Stück „Corbeaux“ („Krähen“, Wiener Festwochen 2019) drängte Ouizguen samt einem Chor von elf schwarz gekleideten Frauen ins Freie, das Setting der Bühne war ihr zu eng geworden. Eng ist es für Sängerinnen / Tänzerinnen (Ouizguen ist selbst auf der Bühne) im Odeon nicht, problemlos füllen sie mit Energie und Präsenz und vor allem mit ihrer Stimme den Säulen umkränzten Raum. Zu Beginn wird der Bühnenboden aufgewischt, kniend bearbeiten zwei Frauen den Belag mit dem nassen Fetzen. Sie bereiten den Auftritt einer verhüllten Prinzessin vor, die die Bühne zum Laufsteg macht und die bunte Pracht ihres Kostüms vorführt, während im Hintergrund leise zu Lautenklängen gesungen wird.Laut singen die vier Frauen und schlagen die Handtrommeln. © Benjamin Boar.
Dann wird ein Fest vorbereitet, jede Bewegung der Frauen, ob sie den Teppich auslegen, die Darbukas (Armtrommeln) verteilen oder neue Kostüme aus dem Bündel holen, sie tanzen. Bei einem Fest wird gesungen, laut, und zyklisch, Trancegesang. Die kleinen Trommeln peitschen den Rhythmus, immer schneller muss sich die Tänzerin drehen, die drei Sängerinnen benehmen sich wie Jägerinnen, die Tänzerin ist das Wild. Die Wände des Oden werden durchsichtig, Die Sängerinnen lassen die Tänzerin nicht aus den Augen. © Benjamin Boarich befinde mich in Marrakesch auf dem Marktplatz. Djemaa el Fna ist er benannt, „die Versammlung der Toten“.  An die erinnern auch die vier Frauen, die bunten Kleider werden abgelegt, schmucklose Oberteile werden angelegt, einfache Stoffbahnen zu Röcken geknöpft, ein Klagegesang schallt durch den Raum. Die Trommeln schweigen, die Verse, in endlosen Refrains gesungen, verstehen wir nicht, doch die Trauer um das Verlorene, um die Verschwundenen ist spürbar. Allmählich erlischt das Licht, die Gemeinschaft der Klageweiber löst sich auf. Ihre Stimmen bleiben noch eine Weile im Ohr und womöglich noch lange im Herzen.

Bouchra Ouizguen: „Éléphant“, internationaler Titel „L’Éléphant ou le temps suspendu“ (Der Elefant oder die aufgehobene Zeit). Premiere: September 2019, Rabat. Premiere der Tournee nach der pandemischen Pause: Mai 2022, Kunstenfestivaldesarts Brüssel.
Künstlerische Leitung: Bouchra Ouizguen. Mit Milouda El Maataoui, Bouchra Ouizguen, Halima Sahmoud, Joséphine Tilloy. Licht: Sylvie Mélis.
Unterstützt von einer Vielzahl an Koproduktionspartnern. Premiere bei den Wiener Festwochen: 29. Mai 2022, Odeon. Folgevorstellungen: 30., 31. Mai 2022. Am 31.5. findet im Anschluss an die Vorstellung ein Publikumsgespräch statt.