Unterhaltung mit Tiefgang. Die Amerikanerin Bonnie Garmus, von Hauptberuf Kreativdirektorin in London, dreht in ihrem DebĂŒtroman das Rad der Zeit zurĂŒck und versetzt die Leserinnen in die 1960er Jahre, als die Frauen unter der Fuchtel des Patriarchats gestöhnt haben. Nicht nur in Kalifornien, wo die Hauptfigur, Elizabeth Zott, eine Karriere als Chemikerin anstrebt und am Mobbing und auch am Missbrauch durch die MĂ€nnerriege scheitert.

Die international renommierte und preisgekrönte Schweizer Choreografin Tabea Martin ist eine Zauberin. Das konnte auch das Wiener Publikum ab 12 bereits in der vergangenen Dschungel-Saison feststellen, als Martin ihr Team mit dem Tod tanzen ließ. Diesmal wendet sie sich mit einem Feuerwerk an EinfĂ€llen an jĂŒngere Kinder. „Geh nicht in den Wald, im Wald ist der Wald“ ist eine ĂŒberaus vergnĂŒgliche Performance, obwohl Spiel und Tanz GefĂŒhle aufzeigen, die alle kennen: Furcht und Frustration, Diskriminierung und Ausgrenzung, EnttĂ€uschung und Vorurteile. Tabea Martin und ihr Team waren fĂŒr ein kurzes Gastspiel in Wien.

Gemeinsam mit zwei TĂ€nzerinnen und einem TĂ€nzer gibt Cat Jimenez tanzend einen politischen Kommentar ab. Was bedeutet es fĂŒr Mitglieder einer anderen Kultur, als Minderheit in der herrschenden Gesellschaft zu leben? Cat Jimenez versucht mit der Choreografie „Losing face“ / „Das Gesicht verlieren“ eine Antwort zu geben. In plakativen Bildern stellt die Gruppe Erfahrungen und GefĂŒhle von Minderheiten dar, die Angehörigen der Mehrheit nur schwer zugĂ€nglich sind. Das Thema stĂ¶ĂŸt auch im Publikum auf lebhaftes Interesse. Die Premiere am 24.3. Im brut nordwest war ausverkauft, Freundinnen und Freunde des Teams schrien sich vor Begeisterung die Kehle wund.

Treten oder getreten werden? Eine Frage, die nicht nur das Berufsleben vieler Menschen beherrscht. Die Regisseurin und Schauspielerin Veronika Glatzner widmet sich diesem Thema und zeigt mit eigens von Gregor Guth und Claudia Tondl geschriebenen Texten, wie es so geht, hinauf und vor allem hinunter. Das Publikum ist eingeladen, durch die RĂ€ume der aufgelassenen Semmelweisklinik zu wandern und dem Parcours der Tritte zu folgen. Die UrauffĂŒhrung von „BitSh!“ findet am 30.3. in Wien-Gersthof statt.

Wenn kein Virus es verbietet, so prĂ€sentieren die Studierenden des Abschlussjahrganges Zeitgenössischer und Klassischer Tanz der MuK (Musik und Kunst PrivatuniversitĂ€t der Stadt Wien) zum Ende ihres Studiums einen mehrteiligen Abend mit Choreografien von Professor:innen und GĂ€sten. Acht Absolventinnen und zwei Absolventen hatten vier ganz unterschiedliche StĂŒcke zwischen 20 und 30 Minuten zu bewĂ€ltigen.

Reginaldo Oliveira, Chef und Chefchoreograf des Ballettensembles am Landestheater Salzburg, hat mit seiner neuesten Choreografie ein heißes Eisen beherzt angefasst: Trans- und IntersexualitĂ€t. Die Protagonistin der UrauffĂŒhrung „Lili, The Danish Girl“ ist die Malerin Lili Elbe, eine Frau in einem MĂ€nnerkörper. Sie hat sich 1930/31 als vermutlich einer der ersten intersexuellen Menschen einer geschlechtsangleichenden Operation unterzogen. Aus Einar ist Lili geworden. Mit Kraft und FingerspitzengefĂŒhl hat Oliveira die wahre Geschichte auf die BĂŒhne gebracht. Star des Premierenabends am 12. MĂ€rz ist der junge TĂ€nzer Klevis Neza als Einar / Lili.

Eine anerkannte Wissenschaftlerin im Forschungszentrum CERN wird als Mörderin verhaftet. Jelena Karpova soll ihren Koller Jan Koller erstochen haben. Sie gesteht, und kommt ins GefĂ€ngnis der Wissenschaftsjournalist Georg Hollaus und die AnwĂ€ltin von Karpova glauben an Karpovas Unschuld. Vermutlich will sie jemanden schĂŒtzen. Hollaus selbst erzĂ€hlt die Geschichte, die wie ein orientalisches MĂ€rchen immer weiter ausufert und viel mehr als ein simpler Kriminalroman ist.

Nach zwei Jahren Pause findet das Osterfestival Tirol wieder statt. Musik, Tanz, Theater und Film stehen in Hall in Tirol und Innsbruck heuer unter dem Motto „Maschine.Mensch“. Ein besonderer Mensch wird in dieser 34. Ausgabe des Oterfestival Tirol fehlen, der GrĂŒnder Gerhard Crepaz. Mit seiner Frau Maria hat er 1989 das Festival ins Leben gerufen und seither aktiv begleitet. Der „Wegbereiter, Kunstbegeisterer Weltverbesserer“, wie ihn die Familie in der Traueranzeige nennt, ist am 24.11.2021 mit 76 Jahren ĂŒberraschend verstorben. Unausgesprochen ist dieses Festival auch dem Abschied von Gerhard Crepaz gewidmet.

Katharina Korbach, geboren 1995 in Wiesbaden, hat bisher vor allem ErzĂ€hlungen veröffentlicht und damit einige Wettbewerbe gewonnen. Nun veröffentlicht sie ihren ersten Roman, eine Großstadtgeschichte ĂŒber Beziehungen, Beziehungen die nicht richtig funktionieren. Wolfgang, der an seiner Dissertation ĂŒber Marcel Proust arbeitet und Literaturseminare abhĂ€lt, interessiert sich fĂŒr Charlotte, eine junge Frau, die keinen festen Boden unter den FĂŒĂŸen hat.  Eine Liebesgeschichte wird nicht daraus, doch ein Roman, der seine Geheimnisse bewahrt wie Charlotte und Wolfgang.  Neue deutsche Literatur, hochgelobt, doch nicht wirklich neu und packend.

Female Moves Vienna” –­ auf Deutsch: Frauen bewegen Wien – zeigt am 26. MĂ€rz, dass die vor allem mĂ€nnlich beherrschte Clubdance-Kultur auch eine starke weibliche Seite hat. Veranstalter ist der von Nadja Saxer gegrĂŒndete Verein Club Dance Culture Vienna: CDCV. Ab 18 Uhr gibt es eine EinfĂŒhrung mit VortrĂ€gen, Filmen und der PrĂ€sentation der Mitwirkenden. Ab 22 Uhr laden die TĂ€nzerinnen zur Dance Jam Party.

Begegnung“ nennt Martin SchlĂ€pfer den dreiteiligen Abend mit der doppelten UrauffĂŒhrung „Lux Umbra“ von Andrey Kaydanovskiy, Choreografie und Christof Dienz, Musik, sowie der UrauffĂŒhrung „in Sonne verwandelt“ von Martin SchlĂ€pfer zur Musik von Ludwig van Beethoven und der fĂŒr das Wiener Staatsballett neu eingerichteten Choreografie „24 PrĂ©ludes“ von Alexei Ratmansky zum gleichnamigen Klavierzyklus von FrĂ©dĂ©ric Chopin. Ratmansky zieht der Originalfassung eine Bearbeitung fĂŒr Orchester des französischen Komponisten Jean Françaix vor.

In seinem neuen Roman erzĂ€hlt Benedict Wells von den 1980er Jahren. „Hard Land“ spielt in der fiktiven Kleinstadt Grady im Staat Missouri. Vier Jugendliche an der Schwelle zum Erwachsenendasein lernen das Leben. Ein Thema, mit dem sich der 35jĂ€hrige Autor schon in frĂŒheren Romanen mit Bravour beschĂ€ftigt hat.

Zirkus, Circus, Circo, alter Zirkus, Neuer Zirkus (Cirque Nouveau), umstritten und beliebt, ein eigenes Genre zwischen Sport und Körperdarstellung, vielfĂ€ltig und staunenswert, eher ein Event als in den klassischen Kunstbegriff passend, doch in Zeiten wie diesen ĂŒberaus beliebt. Zirkus will erlebt und bestaunt werden, ist eine schöne Kunst, zĂ€hlt aber (noch) nicht zu den „schönen KĂŒnsten“, doch immerhin ist Zirkus seit 2005 als „europĂ€isches Kulturgut“ anerkannt. Arne Mannott, seit 20 Jahren Zirkusartist, hat davon genug. Das Jonglieren mit Keulen und Kugeln langweilt ihn, er strebt nach Neuem. Nach Höherem? In seiner Performance, „circus“,  nimmt er Abschied von seiner bisherigen, vor allem als Solist ausgeĂŒbten, TĂ€tigkeit.

Noch vor dem ersten Lockdown konnte der Ballettdirektor am Salzburger Landestheater, Reginaldo Oliveira, seine neue Choreografie nach Shakespeares Drama „Romeo und Julia“ im Februar 2020 den Premierenapplaus des anwesenden Publikums genießen. Jetzt hat er mit seiner gut trainierten Compagnie das Ballett fĂŒr die NetzbĂŒhne einstudiert und macht so seine Kreation auch einem Publikum außerhalb Salzburgs zugĂ€nglich. Die perfekte Aufzeichnung ist bis 6. April zugĂ€nglich.

Sieben Dekaden kĂŒnstlerischer Arbeit umfasst das Werk des UniversalkĂŒnstlers Daniel Spoerri, stellt die Kuratorin Veronika Rudorfer fest. Sie ist verantwortlich fĂŒr die Retrospektive „Daniel Spoerri“, die im Bank Austria Kunstforum im heurigen FrĂŒhjahr prĂ€sentiert wird. Zu sehen sind mehr als 100 SchlĂŒsselwerke aus öffentlichen und privaten Sammlungen, reiches Archivmaterial ermöglicht zusĂ€tzliche Einblicke in Leben und Wirken des 91jĂ€hrigen KĂŒnstlers.

Lernen aus den Zeiten der Pandemie, aus dem Eingesperrtsein und der Bewegungslosigkeit. Marica Bodrožić erzĂ€hlt davon in ihrem jĂŒngsten Buch: „Pantherzeit“. Richtig: Rainer Maria Rilke: „Der Panther. Im Jardin des Plantes. Paris“, ein Gedicht, fĂŒr die Autorin ein Symbol fĂŒr den Stillstand in Zeiten der Pandemie. Auch Bodrožić sieht durch die StĂ€be ­â€“ auf die Welt draußen und zugleich auch in ihre Welt drinnen. Sie teilt mit den Leser*innen ihre Überlegungen und Assoziationen, ihre Erinnerungen und Hoffnungen und ihre Liebe.

Liebesbriefe“ an ihr Publikum, an die Welt, an die Zukunft, senden die Choreografin und Direktorin von Tanzlin.z und ihre Compagnie in Zeiten der Pandemie. Entstanden ist ein großartiger Tanzabend, authentisch und abwechslungsreich, eigens fĂŒr den Video-Stream choreografiert, geprobt, professionell gefilmt und geschnitten. Die BĂŒhnenpremiere war fĂŒr den 6. MĂ€rz 2021 geplant, die UmstĂ€nde waren dagegen. Tanzlin.z hat reagiert, einen Tag vor der geplanten UrauffĂŒhrung hat Jonatan Salgado Romero einen Film gedreht, der als Netzpremiere am 13. MĂ€rz gezeigt worden ist. Bis 10.4. ist die AuffĂŒhrung auf der Website des Landestheaters abrufbar.

Mit seinem ersten Roman, „La VĂ©ritĂ© sur l’Affaire Harry Quebert“, hat der Schweizer Autor JoĂ«l Dicker 2012 in seiner Heimat und in Frankreich, und ein Jahr spĂ€ter auch im deutschsprachigen Raum, („Die Wahrheit ĂŒber den Fall Harry Quebert“), Furore gemacht. Damals war er noch keine 30 Jahre alt. Jetzt ist sein vierter Roman auf Deutsch erschienen, und „Das Geheimnis von Zimmer 622“ hat mich ebenso gebannt wie der endlose Spaziergang durch ein verspiegeltes Labyrinth, aus dem man ohne Hilfe nicht herausfindet, und im Grunde gar nicht heraus will, weil es darin so schön verwirrend ist.

In großartigen Bildern erzĂ€hlen Regisseur Nicolas Vanier und Drehbuchautor Matthieu Petit im Film „Der Junge und die WildgĂ€nse“ von der Migration der WildgĂ€nse, dem Mut eines Teenagers und der Liebe seines Vaters zur Natur und dem Schutz aussterbender Tierarten. Die Reise der Zugvögel, im Film die WildgĂ€nseart der ZwerggĂ€nse, eine der seltensten GĂ€nsearten in Europa, im Sommer nach Norden und nach einem halben Jahr wieder zurĂŒck in ihre Sommerquartiere, fasziniert nicht nur Biolog*innen, sondern auch Literat*innen und Filmemacher*innen.

Der deutsche Jurist, Politologe und BĂŒrgerrechtler Bijan Moini warnt vor dem Verlust unserer Freiheit durch die Digitalisierung. Er tut dies gleich doppelt: Mit dem Sachbuch „Rettet die Freiheit“ und dem SF-Roman „Der WĂŒrfel“. Sachlich und nachweisbar mit "Wekcruf imdigitalen Zeitalter", spannend und aufwĂŒhlend im Roman, weil er der Ansicht ist, die Zeit sei knapp. Dabei hĂ€lt er sich an ein Zitat von George Orwell: „Wenn Freiheit ĂŒberhaupt etwas bedeutet, dann das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.“ Was Moini zu sagen hat, sollte gehört werden.

Mit ihrem DebĂŒtroman „Spiel der Königin“ hat die britische Journalistin Elizabeth Fremantle ohne Zweifel eine große Leserschar erobert. ErzĂ€hlt sie doch von zwei tapferen, unbeugsamen Frauen, von der Macht und von der Liebe. Was diese Romanze lesenswert macht, sind Zeit und Ort, in die Fremantle eintaucht: England im 16, Jahrhundert, am Hof Heinrichs VIII. und seiner letzten Frau, Katharina Parr.

Ludwig Licht ist der Protagonist einer Tetralogie des schwedischen Autors Thomas Engström. Anfang des Jahres ist der dritte Band erschienen, nach „West of Liberty“ und „South of Hell“ sind wird nun bei „North of Paradise“. Die BĂ€nde sind in sich abgeschlossene Thriller, die jeder fĂŒr sich spannende LektĂŒre bieten. Doch wer Licht schon bei seinen ersten beiden Abenteuern begleitet hat, kennt seine gesamte Biografie, seine Fehler und auch seine sympathischen Seiten.

Ein Ereignis. Kein Virus kann Lau Lukkarila davon abhalten, ihr Solo „Nyxxx“ zu zeigen. Vor reduziertem, jedoch restlos begeistertem, Publikum hat die letzte Vorstellung fĂŒr das heurige imagetanz-Festival von brut im Ankersaal stattgefunden. Niemand hat es sich nehmen lassen, danach schaumgebremst zu feiern.

Die französische BĂŒhnenkĂŒnstlerin Anne Lise Le Gac ist nicht einzuordnen. Was sie dem Publikum vermittelt, ob allein, mit Partnern oder in der Gruppe, ist das GefĂŒhl ungeahnter Freiheit. Gerade noch rechtzeitig vor der Schließung sĂ€mtlicher TheaterrĂ€ume war sie mit dem Musiker Arthur Chambry, der TĂ€nzerin Katerina Andreou und dem Vogelstimmenimitator Christophe Manivet im Tanzquartier zu Gast, um zu reisen, umherzuspazieren, zu wandern und auch zu basteln, zu tanzen und zu singen.

Mit einem Doppelabend hat das brut im Ankersaal in Favoriten den Beginn des imagetanz-Festivals gefeiert. Ingrid Berger Myhre & Lasse Passage und Inga Huld HĂĄkonardĂłttir zeigen zwei unterschiedliche Performances, die beide auf Musik basieren. Tania Napravnik war bei der ausverkauften Premiere am 8. MĂ€rz dabei und schildert ihre EindrĂŒcke.

Die rauschhaft schöne Performance von „Again The Sunset“ von Inga Huld HĂĄkonardĂłttir und Yann Leguay bildete den zweiten Teil des Eröffnungsabends von imagetanz 2020 in der Wiener Ankerbrotzentrale.

Mit der österreichischen ErstauffĂŒhrung von Panflutes and Paperwork haben Ingrid Berger Myhre und Lasse Passage das diesjĂ€hrige imagetanz-Festival eröffnet. Unter dem Motto „we dance what you think“, was so viel wie „Wir tanzen, was ihr denkt“ heißen könnte – und mit den gezeigten Projekten noch weit mehr an Interpretationsmöglichkeiten eröffnet – versammelt imagetanz 2020 zehn Ur- beziehungsweise ErstauffĂŒhrungen national und international tĂ€tiger NachwuchskĂŒnstler*innen aus den Bereichen Tanz, Choreografie, Performance, aber auch Komposition, Medienkunst und so mancher Disziplin mehr.

Die Schweizer KĂŒnstlerin Malika Fankha hat viele Talente, sie ist Schauspielerin und TĂ€nzerin, SĂ€ngerin und Slam-Poetin, DJ und singen kann sie auch. Im Rahmen von imagetanz zeigt sie im studio brut die gesamte Palette ihres Könnens und unterhĂ€lt mit „Oxy Moron. A Cyborg Utopia“ aufs beste.

Die Huggy Bears-Plattform vereint aufstrebende KĂŒnstlerInnen der Performance-Szene in Wien Favoriten. Am Weltfrauentag wurden vier unfertige StĂŒcke, die im Anschluss zur Diskussion standen, in der neuen Residenz von Huggy Bears am Kempelenpark vorgestellt. Die KĂŒnstler*innen zeigen Ausschnitte und richten ihre brennenden Fragen an das Publikum, um mit den Antworten ihre Werke weiterzuentwickeln.

Luke & Dome, das sind Luke Baio und Dominik GrĂŒnbĂŒhel, erobern die PuppenbĂŒhne. Zu Gast im Lilarum, in dem seit 30 Jahren Figurenspiele Kinder und Erwachsene begeistern, begeben sie sich gemeinsam mit Dong Uk Kim hinunter in die dunkle Höhle des Guckkastens und zeigen, akkurat und gewandt, ihre neue Show „DownIn The Hole“. Eine surrealistische Bilderfolge, in der Menschen zu Puppen, lebendige Körper zu mechanischen Objekten werden. Eine unterhaltsame und ĂŒberraschende Stunde, in der man sich ein wenig gruseln und staunend lachen darf.

Riot don’t Diet / Aufstand gegen die Körperstandards. Diesen Protest probt Julischka Stengele mit ihrer Vorstellung  „Bodies of Water“ und stellt Im Tanzquartier ihren Körper multimedial zur Schau. Die voll beleibte Performerin bewegt sich anmutig durch die dunklen Tanzquartier Studios und nutzt dabei Wasser in unterschiedlichen Varianten als Spielelement, um die Grenzen zwischen ihr und der Außenwelt verschwinden zu lassen. Ihr korpulenter Körper ist entweder von einem knappen Bikini bedeckt oder aber gĂ€nzlich entblĂ¶ĂŸt, sodass jede Feinheit ihres Körpers beobachtet werden kann.

Allein im dunklen Wald. Gespenster tauchen im Nebel auf, seltsame GerĂ€usche irritieren, was tun gegen die Angst? Woher kommt sie ĂŒberhaupt? Darf man wĂŒtend, zornig, aggressiv sein? Corinne Eckenstein und Joachim Schlömer haben eine Antwort: Mit dem Gesamtkunstwerk aus Tanz, Musik, Licht und Wortkaskaden locken sie junges Publikum ab 9 zum brandneuen TanzstĂŒck „In der Dunkelwelt“, wo Maartje Pasman, Yusimi Moya Rodriguez und Sami SimilĂ€ spielend ihre Ängste ĂŒberwinden.

Am 15. Mai beginnen die Wiener Festwochen, wie ĂŒblich auf dem Rathausplatz um 21 Uhr. Das Motto: „Beethoven gehört allen!“ Das Programm – 46 Produktionen, davon 15 Weltpremieren, mit 546 KĂŒnstler*innen aus 24 LĂ€ndern an 28 Spielorten – bietet bis 21. Juni Theater, Musik, Bildende Kunst, Performance und Tanz in reicher Auswahl. Im Burgtheater halten am 16.5. bereits am Nachmittag die indigene Aktivistin und Schauspielerin Kay Sara und der Theatermacher Milo Rau die Eröffnungsrede. „Against Integration“ wird in Tukano, einer Sprachfamilie SĂŒdamerikas, gehalten, deutsche und englische Übertitel helfen dem VerstĂ€ndnis. Der Eintritt ist frei, Anmeldung ab 4. Mai.

Gabriel Schacherl, seit vielen Jahren Mitarbeiterin in der Ballettdirektion, darf auch hinter die BĂŒhne schauen. Sie tut es mit der Kamera und zeigt ihre Fotos immer wieder in Ausstellungen. Derzeit sind neun Fotos ausgewĂ€hlter Tanzmomente im Balkonumgang der Staatsoper zu bestaunen. Aus dem Parterre hochzusteigen, kann als Pausensport gewertet werden, oder man lĂ€sst sich vom Aufzug hochheben. Der Betrachtung von Tanzkörpern aus der NĂ€he steht jedenfalls nichts im Weg.

Die letzte Ballettpremiere der Ära Legris an der Staatsoper ist sicher nicht der Höhepunkt dieser Saison. AndrĂĄs LukĂĄcs Choreografie „Movements to Stravinsky“ ist der Glanzpunkt dieses dreiteiligen Abends, in dessen Mitte „Between Dogs and Wolves“ des schwedischen Choreografen Pontus Lidberg steht. Nacho Duatos Requiem „White Darkness“ bildet den Abschluss. Der Premierenapplaus am 4.3. galt wohl mehr dem Wiener Staatsballett als den beiden neuen AuffĂŒhrungen.

Mit dem Drama „Shoplifters“ hat der japanische Filmregisseur Hirokazu Kore-eda bei den Filmfestspielen von Cannes 2018 die Goldene Palme gewonnen. Mit „La VĂ©ritĂ© – Leben und lĂŒgen lassen“, einem Film in französischer Sprache, wurden ein Jahr spĂ€ter die Filmfestspiele von Venedig eröffnet. Der erwartete Goldene Löwe ist ihm versagt geblieben. Der durch und durch französische Film, charmant und niveauvoll und, trotz der angesprochenen familiĂ€ren Konflikte, humorvoll und schwerelos, ist ab 6. MĂ€rz im Kino zu sehen.

Kurz nachdem der Hashtag „MeToo“ 2017 durch die sozialen Netzwerke ging, wurden auch die ersten VorwĂŒrfe von sexuellen Übergriffen in der Tanz- und Ballettwelt bekannt. In der Dokumentation „Tanz, Macht, Missbrauch – das Ende des Schweigens?“ suchen TĂ€nzerinnen und Choreografen nach Antworten auf die brisanten Fragen. Erstsendung auf Arte TV am 11. MĂ€rz 2020; ab 10. MĂ€rz ist der Film online.

Zu Beginn der 1980er-Jahre fand Klaus Christian Vögl in den RĂ€umen der Wiener Wirtschaftskammer einen Stahlschrank, der ĂŒber Jahrzehnte ĂŒbersehen worden war. Was sich darin befand, kann in der RĂŒckschau als historischer Fund in der österreichischen Kinoforschung bezeichnet werden.

Als furiose Schau zeigt die Linzer Ballettchefin und Choreografin Marie Antoinette als Frau, die von den Wellen des Lebens hoch hinauf getragen und tief hinunter getaucht wird. Der expressive Tanz der Compagnie TANZLIN.Z wird von der dramatischen Musik Walter Haupts getragen. Marc Reibel hat die UrauffĂŒhrung des TanzstĂŒcks am 30. MĂ€rz im Linzer Musiktheater dirigiert. Das Bruckner Orchester Linz hat mit der Interpretation des vielschichtigen Klangkosmos wieder einmal seine QualitĂ€t bewiesen. Etwas erschöpft vom imposanten Werk aus Tanz und Klang hat das Premierenpublikum dennoch Begeisterung gezeigt.

Glowing, glĂŒhend“ nennt Sophia Hörmann ihre Performance, in der sie mit nackten FĂŒĂŸen auf dem Eis tanzt. Im Rahmen von imagetanz war das brut im Dschungel Theaterhaus zu Gast, wo Hörmann mit ihrem Solo am 28. MĂ€rz Premiere gefeiert hat. Mit Bewegungselementen vom Kunst- und auch Schnelllauf auf dem Eis prĂ€sentiert sie ihren durchtrainieren Körper und, vor allem auf dem Video, ihr ernstes Gesicht, in dem die grĂŒnen Augen leuchten.

Zwei gegensĂ€tzliche Ballette reiht John Neumeier aneinander, um einer Vorstellung die vom Publikum erwartete LĂ€nge zu geben. Die FĂŒlle und Reichhaltigkeit des zur Musik von Nikolai Tscherepnin getanzten gut eine Stunde dauernden Werkes wĂŒrde jedoch reichen, um einen unvergesslichen Abend zu erleben. Die Protagonisten Nina PolĂĄkovĂĄ, Roman Lazik und Mischa Sosnovschi erzĂ€hlen nicht nur vom Leid und der Einsamkeit des TĂ€nzers Vaslaw Nijinsky, sondern von der KĂŒnstlerseele an sich und auch von der Zerrissenheit aller in die Welt geworfenen Menschen. In der Vorstellung vom 26. MĂ€rz hat Jakob Feyferlik den „Mann (Vaslaw Nijinsky)" getanzt.

Dennis Lehanes nachtschwarze Krimi „Sacred“ aus der Reihe um den Privatdetektiv Patrick Kenzie und seine Partnerin Angela Gennaro ist 1997 erschienen und unter dem Titel „Alles, was heilig ist“ jetzt von Peter Torberg neu ĂŒbersetzt worden. Die verwickelte Geschichte, in deren Mittelpunkt ein skrupelloser MilliardĂ€r und seine um nichts bessere Tochter stehen, ist ein echter Lehane, spannend, aufregend und so verwickelt, dass man höllisch aufpassen muss, um die Lebenden von den Toten zu unterscheiden.

Die Salzburger Choreografin und TĂ€nzerin Editta Braun hat mit ihrer Company Wien einen ihrer seltenen Besuche abgestattet und im Kosmos Theater am 22. MĂ€rz ihr neues TanzstĂŒck „Trails“ gezeigt. Eine ausdrucksstarke, emotional bewegende AuffĂŒhrung, die durch Filmausschnitte aus Nikolaus Geyrhalters fiktionaler Dokumentation „Homo Sapiens“ und die Musik von Thierry Zaboitzeff die richtige Tiefe erhalten hat.

Die Performance „The past is a foreign country – a landscape in 4 scenes“ ist eine Zusammenarbeit des BĂŒhnenkĂŒnstlers Michikazu Matsune mit dem MulitmediakĂŒnstler Jun Yang. Nach der UrauffĂŒhrung der vielschichtigen Arbeit im Rahmen der Gwangju Biennale 2018 in Korea haben Matsune und Yang den gemeinsamen Blick auf bedeutende Momente der jĂŒngsten und nicht ganz so jungen Vergangenheit am 21. MĂ€rz im Tanzquartier vorgestellt.

Wien sei keine Tanzstadt, hat einmal ein, heute pensionierter, Operndirektor kundgetan. „Lernen Sie Geschichte, Herr Direktor“, hat damals, vor gut zehn Jahren, niemand gewagt, ihm zuzurufen. Der Zeitgenosse ist nicht der einzige Herrscher ĂŒber die Wiener Opernwelt, fĂŒr den die Tanzwelt nicht vorhanden ist. Gustav Mahler war auch nicht tanzfreundlicher. Nahezu ein Jahr lang kann nun Tanzgeschichte auf angenehme und gar nicht belehrende Weise im Theatermuseum erlebt werden. Der Subtitel umreißt das Thema: „Kosmos Wiener Tanzmoderne“. Die Tanzhistorikerin Andrea Amort und ihr Team haben in langjĂ€hriger und mĂŒhevoller Arbeit eine von Thomas Hamann gestaltete Ausstellung zustande gebracht, die sich sehen lassen kann und gesehen werden soll. Die Möglichkeit besteht bis 10. Februar 2020.

Raffaella Romagnolos großer Roman ist eine Aufforderung, tief einzutauchen in das Leben italienischer Bauern und Arbeiter*innen im Piemont. Ein halbes Jahrhundert umspannt "Bella Ciao", ein Roman, der auf historischen Tatsachen beruht, bestrickend von erfundenen Familien erzĂ€hlt. Drei Frauen, die das Schicksal („Destino“ ist auch der Titel der italienischen Originalausgabe) hart anpackt, stehen im Mittelpunkt des Breitwandpanoramas.

Eine Frau zwischen Scylla und Charybdis. Auf der einen Seite der Ehrgeiz, im anstrengenden Job als Unternehmensberaterin erfolgreich zu sein. Auf der anderen die Sorge um ihre psychisch kranke Schwester, deren Vormund sie ist. Caroline (Valerie Pachner), Lola gerufen, taumelt zwischen Wahn und Wahnsinn und ist drauf und dran, den Boden unter den FĂŒĂŸen zu verlieren. „Der Boden unter den FĂŒĂŸen“, der jĂŒngste Film von Marie Kreutzer, war in Berlin fĂŒr den Goldenen BĂ€ren nominiert und als Eröffnungsfilm zur Diagonale in Graz eingeladen, wo Kreutzer fĂŒr den Thomas-Pluch-Drehbuch-Preis auf der Liste steht.

RomĂ©o et Juliette“ von Davide Bombana zur gleichnamigen „Symphonie dramatique“ von Hector Berlioz als Ballett mit Chor und Solostimmen eingerichtet, hat bei der Wiederaufnahme in der Volksoper mit einer großartigen Besetzung das Publikum in Begeisterung versetzt. Mit Maria Yakovleva als Partnerin zeigte Arne Vandervelde, im Corps de Ballet seit 2016, ein beachtliches DebĂŒt als RomĂ©o.

Mihail Sosnovschi ist Vaslaw Nijinsky im zauberhaften Ballett „Le Pavillon d’Armide" von John Neumeier. 2009 war die UrauffĂŒhrung in Hamburg, 2017 die Premiere in Wien, nun ist dieses GustostĂŒck an vier Abenden in der Wiener Staatsoper zu sehen. Am 16. MĂ€rz konnte ein Wiedersehen mit der Premierenbesetzung fast aller Solorollen gefeiert werden. Einzig Maria Yakovleva (Tamara Karsawina) hat gefehlt.

„wet dreaming at 52Hz“ ist eine Unterwasser-Konzertperformance. Alex Franz Zehetbauer taucht mit seiner Arbeit in die tönende Welt der Wale ein und macht sie fĂŒr das Publikum hör- und spĂŒrbar. „wet dreaming at 52Hz“ ist im Rahmen von imagetanz am 15. MĂ€rz uraufgefĂŒhrt worden. Als Spielort hat das brut-Team die Augarten-Studios gefunden. Nirgends sonst hĂ€tte das schwere Wasserbecken aufgestellt werden können.

What’s the Difference?“ fragen Cat Jimenez und Maiko Sakurai Karner in ihrem Beitrag zum 30. Imagetanz Festival, das vor allem aufstrebenden KĂŒnstler*innen und Erstlingswerken eine Plattform bietet. Die Zusammenarbeit der TĂ€nzerin Jimenez und der bildenden KĂŒnstlerin Sakurai Karner hat sich schon in ihrem ersten StĂŒck, „di stance“ (2017, unterstĂŒtzt durch das Programm „Huggy Bears“ von Superamas) bewĂ€hrt. Die Folgearbeit hat am 12. MĂ€rz im brut / Augarten Premiere gefeiert.

In Themenausstellungen, SammlerportrĂ€ts und Themenshows tauchen sie immer wieder auf, die abstrakten Bilder des amerikanischen Malers Mark Rothko (1902–1970), und schnell meint man, den Maler der Ruhe und andĂ€chtiger Betrachtung zu kennen. Ein Irrtum. Rothko, dem noch nie eine umfassende Ausstellung in Österreich gewidmet war, kennen nur wenige wirklich, und die Ruhe hat er mit seinen schwebenden FarbflĂ€chen nicht gemalt, auch wenn sie manche bei deren Betrachtung verspĂŒren. Eine Ausstellung im Kunsthistorischen Museum in Wien lehrt Rothko zu sehen, wie er es mochte.

Der Kriegsberichterstatter Jacques Mayano wird vom Vatikan gebeten, an einer Kommission der Glaubenskongregation teilnehmen. Es gilt eine Marienerscheinung zu untersuchen. Ist das ÜbernatĂŒrliche tatsĂ€chlich geschehen, oder die junge Anna, die die Erscheinung behauptet, eine hysterische Schwindlerin? Der vielfach preisgekrönte französische Schauspieler Vincent Lindon spielt einen hartgesottenen, skeptischen Mann, den seine Begegnung mit Anna (GalatĂ©a Bellugi, eine Entdeckung) im Zuge seiner Recherchen merklich aufweicht.

Nach Natascha Mair und Maria Yakovleva, beide Erste SolotĂ€nzerinnen mit Denys Cherevychko als Franz und Nikisha Fogo als Swanilda mit Richard SzabĂł, war am 10. MĂ€rz ein viertes DebĂŒtpaar – SolotĂ€nzerin Alice Firenze und der kĂŒrzlich zum Ersten SolotĂ€nzer ernannte junge Solist Jakob Feyferlik – zu bewundern. Im letzten, aus reinem Tanz bestehenden Akt, hat Adele Fiocchi Aurora, die Morgenröte, zum ersten Mal versucht; im Pas de deux der Nacht mit der AbenddĂ€mmerung konnten Eszter LedĂĄn und Alexandru Tcacenco mit ihrem Debut ĂŒberzeugen. Madison Young war die Neue unter den zehn ĂŒberaus fröhlichen Freundinnen Swanildas. ErwartungsgemĂ€ĂŸ ließ sich das Publikum im ausverkauften Haus von der flotten Darbietung begeistern.

Ein Probenbesuch in Linz gibt Einblick in das neue spannende TanzstĂŒck von Mei Hong Lin. Am 30. MĂ€rz hat „Marie Antoinette“ im Musiktheater Premiere.

Schwanensee“, das klassische Ballett zur Musik Peter I. Tschaikowskis, in der Choreografie von Rudolf Nurejew nach Marius Petipa und Lew Iwanow, kann man immer wieder sehen, und immer wieder ist es neu. Am 6. MĂ€rz ist es der Ersten SolotĂ€nzerin Kiyoka Hashimoto mit ihrem Partner Vadim Muntagirov gelungen, der Doppelrolle von Odette /Odile ein völlig neues Profil zu geben. Mit dem stilsicheren und sanften Muntagirov als Prinz Siegfried hat sie mit technischem Spitzenkönnen und zauberhafter Rollengestaltung begeistert. Die solistischen Leistungen haben auch das Corps beflĂŒgelt. Von Paul Connelly fĂŒrsorglich geleitet, hat die gesamte Compagnie nicht nur in den weißen Akten die QualitĂ€t des Wiener Staatsballetts neuerlich bestĂ€tigt.

Der Titel des neuen Bands mit allerlei Texten von Ferdinand von Schirach, "Kaffee und Zigaretten", erinnert an den wunderbaren Film von Jim Jarmusch „Coffee and Cigarettes“. Der Autor hat nichts dagegen. 48 Texte in allen Farben sind versammelt, die meisten kurz und knapp. Warum gerade 48 wird nicht erklĂ€rt, offenbar hat es keine Bedeutung. Schirach schreibt in der Ichform, ist mitunter auch der ErzĂ€hler. Doch weil der Verlag das Buch „sein persönlichstes“ nennt, ist wohl auch diese dritte Person die erste. Schon der Buchtitel ist eine Aussage ĂŒber den Autor, ernĂ€hrt er sich doch, wie er sagt, hauptsĂ€chlich von Zigaretten und Kaffee.

Mit einer großartigen Arbeit erinnert das Karin SchĂ€fer Figurentheater an das Jahr 1917, als Les Ballets Russes in Paris ein neues Tanztheater uraufgefĂŒhrt haben. „Parade“ ist in Zusammenarbeit bedeutender KĂŒnstler aller Sparten entstanden und vom Publikum und vielen Kritikern nicht verstanden worden. Karin SchĂ€fer nĂ€hert sich dem fĂŒr den Tanz richtungweisenden StĂŒck, indem sie es zerlegt und ihre Version der „Parade“ aus verschiedenen Perspektiven beleuchet. Leider nur einmal, am 4. MĂ€rz im MuTh.

Im Atelierhaus der Akademie der bildenden KĂŒnste fand am vergangen Samstag die UrauffĂŒhrung der neuen Produktion des 1995 von Saskia Hölbling gegrĂŒndeten Ensembles DANS.KIAS statt. "Da-nach", so der Titel der neuen Produktion, bei der Hölbling fĂŒr Regie und Choreografie verantwortlich zeichnet und der renommierte österreichische Komponist Wolfgang Mitterer die Musik liefert, erzĂ€hlt eine Geschichte, die mehr ist als nur eine historische Momentaufnahme.

Posthumane oder auch prĂ€humane Wesen treiben auf der BĂŒhne ihr Unwesen. Am 28. Februar zeigte das Trio Anna ProkopovĂĄ, Costas Kekis, Andrea GunnlaugsdĂłttir im Tqw Studio „Knuckles become clouds“, was so viel heißt wie „Knödel werden Wolken“. Den großen Abend in der Halle haben Oleg Soulimenko, Magdalena Meindl und Michael Franz Woels mit der Show „Origins“ bestritten.

Die Jahreszahl 1793 gibt den Rahmen fĂŒr eine komplexe, faszinierende Kriminalgeschichte aus Schweden. Mit seinem ersten Roman lĂ€sst Autor Natt och Dag die Leserinnen tief ins 18. Jahrhundert eintauchen und erzĂ€hlt vor genau recherchiertem historischen Hintergrund von dĂŒsteren Zeiten, politischen Machtspielen, Hass, Angst und den Leiden der UnterdrĂŒckten. Eine entsetzlich zugerichtete Leiche gibt den Anstoß, ein Detektiv und ein ehemaliger Soldat machen sich auf die Suche nach der IdentitĂ€t des Toten und der Ursache fĂŒr den höchst ungewöhnlichen, ĂŒberaus grausamen Mord.

Zwei interessante Abende kĂŒndigt das Off Theater an. Die TĂ€nzerin Leonie Wahl zeigt ihr beklemmendes Solo „Void“; eine Woche davor tritt der tschechische TĂ€nzer Martin Dvoƙák im Duo mit LukĂĄĆĄ Lepold und mit Irene Bauer auf. „Void“ ist eine Dance & Visual Arts Performance, gemeinsam mit dem VideokĂŒnstler Robert Fleischanderl entwickelt. Dvoƙák ist BegrĂŒnder und Leiter der tschechischen Company ProART und zeigt den Tanzabend in Kooperation mit dem Off Theater.

Mit ihrer neuen Produktion „Björn ohne Bretter“ begibt sich die 2003 gegrĂŒndete Wiener Performancegruppe rund um Gabriele Wappel und Janina Sollmann mitten hinein in das Universum an Fragen rund um das Hier und Jetzt. Ganz konkret natĂŒrlich in jenes der Performance und die ihr eigene „Magie des Moments“. Dass es dabei holprig wird und eben nicht alles „wie geplant“ seinen gelungenen, weil vorgegebenen Weg nimmt, ist dann der Performance ĂŒber das PhĂ€nomen Performance natĂŒrlich immanent. Es holpert eben, dieses Leben, selbst, wenn man es von (magischem) Moment zu Moment lebt.

Mit seinem internationalen ErfolgsstĂŒck „Le temps oĂč les Arabes dansaient 
“ erinnert sich der Choreograf Radhouane El Meddeb an jene glĂŒcklichen Zeiten, als Lebenslust und Sinnenfreude verpönt, Glanz, Glamour und der Tanz noch nicht verboten waren. Drei TĂ€nzer zeigen die nostalgische Performance im Rahmen des Osterfestival Tirol 2018 im Salzlager / Hall i. T.

Eine Mauer aus 22 Menschen bildet das eindrucksvolle Zentrum von Helena Waldmanns jĂŒngstem StĂŒck „Gute PĂ€sse, Schlechte PĂ€sse“, gezeigt im Rahmen des Osterfestival Tirol in Innsbruck. Waldmann setzt sich mit Grenzen, realen und virtuellen, auseinander und lĂ€sst TĂ€nzer*innen und Akrobat*innen diesseits und jenseits der lebenden Mauer agieren, um zu zeigen, dass die Barrieren auch auf der BĂŒhne bestehen. Die mit den guten PĂ€ssen dĂŒrfen dableiben, die mit den schlechten mĂŒssen gehen.

Die junge Tanzcompany am Tiroler Landestheater interpretiert Ballettklassiker des 20. Jahrhunderts von Jiƙí KyliĂĄn (*1947) und Ohad Naharin (*1952). „Petite Mort“ und „Sechs TĂ€nze“ hat KyliĂĄn zur Musik Mozarts fĂŒr das Nederlands Dance Theater geschaffen; „Minus 16“ des israelischen Choreografen Ohad Naharin ist als Konglomerat aus Teilen anderer StĂŒcke des Choreografen entstanden. Unter dem Titel „Masterpieces“ fasst Company-Chef Enrique Gasa Valga Neoklassik und Gaga, wie Naharin seine Tanzsprache nennt, zusammen. Die Tiroler Company zeigt mit Energie und Ausdauer, dass sie ihre Grenzen erweitern kann.

Mit zwei StĂŒcken stellte sich das 2015 in Berlin gegrĂŒndet Ensemble Dance One im Rahmen des Osterfestival Tirol in Innsbruck vor. „7 Dialoge“, das sind sieben Solos von sieben Ensemblemitgliedern, begleitet mit eigenen Kompositionen, Gesang und Gesprochenem von Matteo Fargion am Klavier. Nach der Pause zeigen fĂŒnf Dance-One-Mitglieder, wie sich das Individuum in die Gruppe einfĂŒgt, wie das Gleiche doch nicht dasselbe ist. Ein anregender Abend, der zeigt, dass TĂ€nzer*innen auch jenseits des 40. Geburtstags sich durch Tanz ausdrĂŒcken können und wollen.

Im Musiktheater Linz zeigt Ballettdirektorin Mei Hong Lin ein starkes TanzstĂŒck: „Romeo + Julia“. Mit ihrem ausgezeichneten Ensemble erzĂ€hlt sie nicht die ĂŒbliche Geschichte, die lĂ€ngst keine Emotionen mehr auslöst, sondern leuchtet ihren Figuren unter die Haut, zeigt ihre widersprĂŒchlichen GefĂŒhle und macht klar, dass diese Liebe, die durch sinnlosen Hass unmöglich wird, kein MĂ€rchen von gestern ist. Auf blutrotem Boden ist die Linzer Compagnie in vollem Einsatz.

Im Rahmen von imagetanz zeigt Eva-Maria Schaller eindrucksvolle Körperbilder. Die TĂ€nzerin ließ sich von Mikhail Baryschnikov inspirieren, fĂŒr den der russische Choreograf Leonid Jacobson (1904–1975) die Miniatur-Soli „Vestris“, uraufgefĂŒhrt 1969 in einem Off-Theater von Leningrad, geschaffen hat. Dabei dachte er an den „Tanzgott“ Auguste Vestris (1760–1842), der schon mit 21 Jahren zum Liebling des russischen Balletts zĂ€hlte. In „Vestris 4.0“ macht sich Schaller das 18. Jahrhundert mit Vestris und das 20. mit Baryshnikovs Darstellung zu eigen, zerlegt die Bewegungen und setzt sie neu zusammen. Die Barockzeit, Port de bras, Arabesque und Pirouette sind nur noch angedeutet und dennoch deutlich erkennbar. Schaller schöpft aus dem Archiv der romantisch-klassischen Tanzbewegungen und macht sie sich ganz zu eigen.

In seiner jĂŒngsten Choreografie geht Jefta van Dinther von der Sprache aus. Zwei MĂ€nner im NacktkostĂŒm, Mikrofon vor dem Gesicht, der Sender um den Arm geschnallt, unterhalten sich, erzĂ€hlen aus dem Leben, stellen Fragen, sind fasziniert vom Blut, eine Metapher fĂŒr das Lebendigsein. Der Schauspieler und Performer Juan Pablo CĂĄmara aus Argentinien und der spanische TĂ€nzer, Schauspieler, Choreograf Roger Sala Reyner sitzen einander gegenĂŒber auf einer Matte, beleuchtet von rot-grĂŒnem Licht, das Linien auf ihren Körper malt und unterhalten sich. Etwas anstrengend fĂŒr den Beginn, doch wenn scheinbar alles gesagt ist, unterbricht ein Blackout das Duo, Bewegung kommt in die beiden MĂ€nner.

In ihrem ersten Roman lÀsst sich die Australierin Sarah Schmidt von einem realen Ereignis aus, dem Mord an Abby und Andrew Borden, geschehen im August 1892 in Fall River, Massachusetts, leiten. Angeklagt, Vater und Stiefmutter erschlagen und enthauptet zu haben, wird die 32jÀhrige Tochter Lizzie Borden. Nach zehnmonatiger Haft wird sie freigesprochen. Lizzie, die sich spÀter Miss Lizbeth A. Borden nennt, stirbt 1927 in ihrem Geburtsort Fall River. Begeistern kann mich diese fiktionale Horrorgeschichte, erzÀhlt von Lizzie und anderen Beteiligten, nicht.

Sie sind eine glĂŒckliche Familie, Wade, Jenny und die beiden Töchter, June und May. Es ist Sommer, die Eltern sammeln Holz, die MĂ€dchen streifen durch die BĂŒsche. Die kleine May streitet mit ihrer Schwester, will etwas trinken und setzt sich ins Auto. Aus heiterem Himmel spritzt Blut. May ist tot. Die Mutter hat sie mit der Hacke erschlagen. June flieht in den Wald und wird nie mehr gefunden.

Zum zweiten Mal hat Igor Zelensky, Direktor des Bayerischen Staatsballetts, Andrey Kaydanovskiy, TĂ€nzer im Wiener Staatsballett und erfolgreicher Choreograf, eingeladen mit dem Bayerischen Staatsballett zu arbeiten. FĂŒr den Abend "junge Choreografen" bereitet er eine UrauffĂŒhrung vor. Zugleich erzĂ€hlt Zelensky, dass Kaydanovskiy dann seine Karriere als TĂ€nzer beenden wird, um sich nur noch der Choreografie zu widmen.

VIBE, die internationale Ballett- und Tanzwoche, mit Wettbewerb, Workshops und der großen Abschlussgala, findet heuer zum dritten Mal in Wien statt. Bald wird das Festival in allen Sparten und Klassen Tradition sein. Vibe ist heuer fĂŒr alle offen, nicht nur ProfitĂ€nzerInnen sind eingeladen, sondern auch Laien, die Tanz und Ballett aus Liebe in der Freizeit mit regelmĂ€ssigem Training ernsthaft betreiben.

FĂŒr jeden etwas – Manuel Legris‘ gut funktionierende Devise fĂŒr das bunte MenĂŒ eines mehrteiligen Ballettabends, welches auch den Besitzer*innen eines Opernabonnements serviert wird. Auch sie haben die im Abstand von Jahrzehnten im 20. Jahrhundert geschaffenen Ballette genossen. „Balanchine | Neumeier | Robbins“ ist ein Programm, das in dieser Zusammenstellung schon 2012 gefallen hat. In sechs Jahren hat sich in der Compagnie allerhand geĂ€ndert, und so sind zahlreiche RollendebĂŒts, der Solisten und im Corps, zu vermelden.

Wo steht der zeitgenössische Tanz, wo will er hin und mit welchem GepĂ€ck? Das sind nur einige der Fragen, die sich das Tanzquartier Wien in den SCORES-BroschĂŒren stellt, die es von der Spielzeit 2009/2010 an als Nachklapp seines gleichnamigen Diskursfestivals herausgibt. Nun liegen die SCORES No. 0 bis 7 in einer seriösen Hardbox vor – jeder schlanke Band dezent pastellig abgetönt; doch schon beim ersten BlĂ€ttern springen einem die buntesten Zeugnisse kreativen Denkens und Schaffens entgegen: Rasch Hingekritzeltes steht hier neben akribisch Dokumentiertem, das kryptischste Notat neben der anschaulichsten Bilderstrecke. Und immer schwingen in all dem die Fragen mit, die Tim Etchells im Eingangsgedicht zur No. 2 stellt: „What escapes notice? What is overlooked?“

Drei ChoreografInnen, drei TĂ€nzerInnen, ein TanzstĂŒck. Corinne Eckenstein, kĂŒnstlerische Leiterin des Dschungel, der Schweizer Choreograf FĂ©lix DumĂ©ril und der niederlĂ€ndische Choreograf Jack Timmermans haben gemeinsam und doch getrennt gearbeitet. Gemeinsam einigte man sich ĂŒber den Beginn des StĂŒckes, danach arbeitete jeder fĂŒr sich mit dem Tanztrio und schuf zwei, drei Szenen. Am Ende wurde versucht, diese zu einem StĂŒck zusammengesetzt. Wirklich ĂŒberzeugend ist dieses Experiment nicht gelungen.

Die dritte Geschichte ĂŒber Avi Avraham als introvertierten, unsicheren Ermittler ist weniger ein Kriminalroman, als ein doppeltes Psychogramm. Avi Avraham ist Chefermittler geworden, ringt mit der neuen Verantwortung, ist von Zweifeln und SchuldgefĂŒhlen geplagt. Zugleich wird von Mali, Mutter zweier Töchter und Ehefrau von Cobi, der sich immer mehr abkapselt, erzĂ€hlt. Es dauert eine Weile, bis sich die beiden Lebenswege kreuzen. Der Autor nimmt jeweils die Perspektive der beiden zentralen Personen ein. Das stellt die ErzĂ€hlung auf einen unsicheren Boden, so genau, woran man ist, weiß man selten.

Mit zahlreichen RollendebĂŒts wartete auch die 2. Vorstellung des wieder aufgenommenen Balletts „Raymonda“ von Rudolf Nurejew nach Marius Petipa auf, allen voran Olga Esina in der Titelrolle – ein hinreißendes RollendebĂŒt der Ersten SolotĂ€nzerin, ein großer Auftritt nach ihrem Karenzurlaub. Trevor Hayden und Tristan Ridel aus dem Corps de Ballet prĂ€sentierten sich, sauber und synchron, zum ersten Mal als unternehmungslustige Troubadoure. Als deren Partnerinnen entzĂŒckten, wie immer, die SolotĂ€nzerinnen Ioanna Avraam und Alice Firenze. Alena Klochkova, Halbsolistin und langjĂ€hriges Mitglied des Wiener Staatsballetts, trat als GrĂ€fin Sibylle, Tante der Raymonda, in Erscheinung und tanzte entsprechend mit Igor Milos als König von Ungarn auch im ungarischen Tanz die Solovariation. Die junge Halbsolistin aus der italienischen Riege Elena Bottaro gefiel mit Rikako Shibamoto im Grand Pas classique hongrois.

Alls Höhe- und Schlusspunkt des großen zaristischen Balletts wird das abendfĂŒllende Ballett von Marius Petipa gefeiert. Rudolf Nurejew hat die Choreografie fĂŒr Paris eingerichtet, danach wurde sie in Wien ĂŒbernommen. Ballettdirektor Manuel Legris hat den erfolgreichen Ballettabend – 40 Mal war er von 1985 bis 1999 an der Wiener Staatsoper zu sehen – neu einstudiert und damit 2016 auch einer neuen Generation von Ballettfans Freude bereitet. Ab 9. MĂ€rz 2018 tanzen Raymonda und ihr BrĂ€utigam Jean de Brienne acht mal bis zur Hochzeitsnacht.

Tom Saller ist kein ganz junger Mann mehr und hat doch ein DebĂŒt zu feiern. Er hat seinen ersten Roman geschriegben und hat mich schon mit wenigen SĂ€tzen ĂŒberzeugt, dass er nicht nur erzĂ€hlen kann, sondern auch Stilbewusstsein und feinen Humor hat. Nach dem Schulabschluss hat er Medizin studiert und ist nun Psychotherapeut in der NĂ€he von Köln. In seiner Freizeit macht er Musik, meist auf dem Saxophon. Der DebĂŒtroman ist eine Überraschung, und voller Überraschungen steckt auch die Geschichte von Martha, die der 50jĂ€hrige zu erzĂ€hlen hat.

Um den Wiederhall, den wir in der Gesellschaft (nicht) mehr finden, geht es dem TĂ€nzer und Choreografen Michael Turinsky in seinem StĂŒck „Reverberations“. Mit zwei TĂ€nzern und einer TĂ€nzerin zeigt er im Tanzquartier sparsame, bedachtsam gesetzte Bewegungen, bis sich das Trio zu einem einzigen Körper mit sechs Beinen vereint. Die BĂŒhnenausstattung, das wechselnde Licht und die in silberglĂ€nzenden HĂŒllen steckenden Körper verwachsen mit dem hĂ€mmernden Beat zu einem Raum der SolidaritĂ€t. Turinsky tanzte diesmal nicht selbst, betrachtete sein TanzstĂŒck gespannt aus der Zuschauerreihe, bis ihn, nachdem die Lichter erloschen waren, das begeisterte Publikum vor den imaginĂ€ren Vorhang gerufen hat.

Die Hip-Hop TĂ€nzerin Farah Deen beeindruckt mit ihrem ersten Solo. Schon der poetische Titel: „The Sky above, the Mud below / Oben der Himmel, unten der Dreck“ klingt verlockend. Sie hat ihn einem französischen Dokumentarfilm ĂŒber die Bevölkerung von Papua-Neuguinea entlehnt und fĂŒr sich adaptiert, weil sie sich zwischen zwei Polen, sprich Religionen, bewegt, „aber immer noch auf ihren eignen zwei Beinen steht und sich selbst durchs Leben wĂŒhlen muss“. GewĂŒhlt wird aber gar nicht, sondern mit großartiger Körperbeherrschung und differenzierten Bewegungen samt ausdrucksstarker Mimik gezeigt, wie man zwischen Extremen tanzt und immer dieselbe bleibt, auch wenn das KostĂŒm wechselt.

Die Titelfigur in Cordula Simons jĂŒngstem Roman ist ein Phantom. Der namenlose ErzĂ€hler wartet ebenso auf ihn, den Neubauer, wie die ganze ekelhafte Bobo- Yuppie- Clique. Am Ende ist er da oder doch nicht. Wie gesagt, ein Gehirngespinst. Simon lĂ€sst ihren ErzĂ€hler, auch kein besonders sympathischer Kerl, rasant und ohne jegliches Blatt vor Mund und Hirn vor sich hin plaudern, schimpfen, mosern, meckern. Er mag diese ganze Gesellschaft gar nicht, will aber dennoch dazugehören. Das funktioniert nur, indem er ziemlich hoch stapelt.

iChoreography“, das klingt trendig, verstĂ€ndlich. Im Untertitel erfĂ€hrt man mehr und auch Verwirrendes: „Kurort. Eine Therapie-Performance“. Magdalena Chowaniec & Valerie Oberleithner haben mit vier Jugendlichen eine verlockende Einladung ausgesprochen. Nicht Zuschauerinnen sind wir im Projektraum des WUK, sondern Teilnehmerinnen an einer fröhlichen, feinen Gemeinschaft, an Tanz und Therapie, an einem Erlebnis der besonderen Art. Eine ausgefallene und originelle Eröffnung des brut-Festivals „imagetanz“. Zehn Sterne!

Das Thema liegt in der Luft, Sanja Tropp FrĂŒhwald hat es bearbeitet, Gisela Elisa Heredia und tanz.coop tun es auch: Durch die Lebensjahre der Frauen surfen. Zwei UrauffĂŒhrungen an einem Tag. „Tiger Lilien“ im Dschungel, Heredias „Age Surfer’s Symhony“ im Kosmos Theater. So fetzig wie der Titel ist auch die Clubbing AtmosphĂ€re , in die drei energiegeladene TĂ€nzerinnen mit Begeisterung eintauchen. Akrobatik und Tanz, unterhaltsam und schwungvoll, nehmen auch das Publikum mit. Wer will sich nicht gern aufmuntern lassen, das Leben ist ohnehin viel zu ernst.

Die Tiger Lilien, das sind sechs weibliche Wesen, Frauen und Kinder, die sich tanzend mit dem Alter, ihrem jetzigen, der vergangenen Jugend und dem Altwerden, auseinandersetzen und auch das Zusammenleben der Generationen versuchen. Schwungvoller Tanz, den Sanja Tropp FrĂŒhwald / VRUm Performing Arts Collective mit nicht professionellen TĂ€nzerinnen einstudiert hat. Till FrĂŒhwald assistierte als Dramaturg. Die AuffĂŒhrung im Dschungel war von jungen MĂ€dchen wie auch von Burschen besucht. Sie alle folgten dem Tanz der Generationen mit Aufmerksamkeit und zeigten ihre Begeisterung mit reichlich Applaus. Schade, dass keine Gelegenheit fĂŒr ein PublikumsgesprĂ€ch war.

Die im Titel des neuesten Romans des Schweizer Autors Lukas Hartmann genannte Lydia hat tatsĂ€chlich gelebt. Lydia Escher, verheiratete Weltier, war im ausgehenden 19. Jahrhundert eine der reichsten Frauen der Schweiz, eine selbstbewusste, kunstsinnige Frau, MĂ€zenin und GrĂŒnderin einer Kunststiftung. Ihre Lebensgeschichte ist nicht lang, Hartmann erzĂ€hlt sie, aus der Perspektive ihrer Kammerjungfer, Gesellschafterin und Freundin Luise, empfindsam und lebhaft.

Zum zweiten Mal hat der Choreograf und TĂ€nzer Jefta van Dinther mit dem kleinen Ensemble des Cullberg Ballets aus Stockholm eine Performance einstudiert. Nach „Plateau Effect“ (2013) hat nun auch „Protagonist“ im Tanzquartier Station gemacht. Ein magischer Abend, der durch das flĂŒssige Bewegungsrepertoire und das perfekte Zusammenspiel von BĂŒhne, Licht, Musik und tanzenden Körpern in Bann zieht.

Der Autor und Dokumentarfilmer Peter Stephan Jungk ist der Großneffe der bekannten Fotografin Edith Suschitzky (1908–1973). Doch Edith, verheiratete Tudor-Hart, hat nicht nur fotografiert sondern auch spioniert. Der Familie blieb ihr zweites Leben weitgehend verborgen. Jungk forschte und recherchierte, um das geheime Leben der Edith Tudor-Hart (geborene Suschitzky) zu beleuchten. Was er in mĂŒhevoller Arbeit herausgefunden hat, war bereits im Buch „Auf Ediths Spuren (S. Fischer, 2015) nachzulesen. Nun ist auch ein Film daraus entstanden. Die Geschichte eines Familiengeheimnisses, spannend, aufklĂ€rend, abwechslungsreich – ein StĂŒck Zeitgeschichte, aufbereitet wie ein Roman und doch ganz real.

Finale von imagetanz im brut: Dewey Dell feierten die Österreich-Premiere ihrer neuesten Produktion Mit Sleep Technique zeigt das italienische Kollektiv seine Vorliebe fĂŒr DĂŒsteres und bringt eine durchdringende Horrorshow mit großartiger Musik und einer klaren Dramaturgie auf die BĂŒhne.

50 Jahre ist John Crankos großartiges Handlungsballett nach Alexander Puschkins Versroman „Eugen Onegin“ bereits alt und noch keine Runzeln sind zu sehen. Crankos „Onegin“, die romantische Geschichte von verschmĂ€hter Liebe ist unsterblich, ob gereimt oder getanzt. In der 43. Wiener AuffĂŒhrung entzĂŒckt SolotĂ€nzerin Nikisha Fogo als leichtsinnige Olga. Eine Rolle, die bei der spĂ€ten Wiener Premiere, 2006, von Maria Yakovleva getanzt worden ist. Jetzt begeistert die Erste Solistin als Tatjana. Roman Lazik hat sich als Onegin lĂ€ngst bewĂ€hrt, Die Figur des Dichters Lenski gestaltet Davide Dato auf seine unnachahmliche Weise. Nicht nur vom Stehplatz auch aus den Reihen des Abonnementpublikums erschallten die Bravorufe.

Auf den Leopoldsberg steigen, auf die Stadt hinunter schauen. Ein Erlebnis. GesĂ€umt von frischem GrĂŒn liegt so vor uns, die Donau glĂ€nzt im Hintergrund, die neuen Hochbauten markieren die Bezirke. Wien muss man von oben betrachten, um die Stadt, die zwar eine Großstadt, aber zum GlĂŒck noch immer nicht wirklich groß ist, zu erfassen. Im Wien Museum gibt es jetzt alte und neue Ansichten dieses schon seit der Jungsteinzeit besiedelten Oppidums zu betrachten.

Dieses Jahr ist zwar noch nicht einmal zu einem Viertel voll, doch ich wage schon zu sagen, dass dieser wundersame Roman von Dominic Smith mein Lieblingsbuch 2017 sein wird. Die Verflechtung von zwei Frauenleben, das Verschwimmen von Zeit und Raum verzaubert mich, ist so kunstvoll wie poetisch konstruiert, so genial gemalt wie schön gerahmt. Eine spannende Geschichte in deren Mittelpunkt zwei Frauen stehen, getrennt durch drei Jahrhunderte, verbunden durch die Kunst der Malerei. "Das letzte Bild der Sara de Vos" ist ein Meisterwerk, das zeigt, wie aufregend es ist, ĂŒber Bilder und ihre Entstehung nachzudenken.

Huggy Bears, eine Initiative des erfolgreichen Kollektivs Superamas, geht bereits in ihr 2. Jahr. Das ist schön! Weniger schön ist, dass diese Eigeninitiative – die UnterstĂŒtzung fĂŒr KĂŒnstler_innen, die am Anfang ihrer Laufbahn stehen – von der Stadt Wien gekillt worden ist. Zum letzten Mal also erhalten drei von einer Jury ausgewĂ€hlte freie Gruppen taxfreie UnterstĂŒtzung bei der Entwicklung ihres BĂŒhnenprogramms. Zum letzten Mal haben die von einer Jury ausgewĂ€hlten KĂŒnstler_innen Gelegenheit gehabt, ihre Projekte im Rahmen des brut-Festivals imagetanz vorzustellen.

Malina, ein sonderbares MĂ€dchen, lebt mit ihrer Familie an der österreichisch-tschechischen Grenze. Noch trennt der Eiserne Vorhang die beiden LĂ€nder. Der Vater ist vielleicht Zollbeamter oder auch Schmuggler, so genau erfĂ€hrt man das nicht. Dem Waldviertler Autor, Thomas Sautner, geht es auch nicht um eine plausible Geschichte, sondern um seine Idee, dass wir uns im Denken, FĂŒhlen und Handeln in viel zu engen Grenzen bewegen. Sautner lĂ€sst Malina diese Grenzen ĂŒberschreiten.

Im Rahmen der losen Reihe „KĂŒnstlergesprĂ€che“ lud Staatsoperndirektor Dominique Meyer die beliebte Mezzosopranistin Angelika Kirchschlager in die Agrana StudiobĂŒhne Walfischgasse ein. In einem launigen GesprĂ€ch ĂŒber den ersten eigenen Fernseher, einen Ferienjob als PlattenverkĂ€uferin und ihren Lieblingsdirigenten, gab sie dem Opernchef auch ein besonderes Versprechen.

Im dritten Teil des Projekts „Endangered Human Movements“ („GefĂ€hrdete menschliche Bewegungen“) erforscht das Team von Nadaproductions (Amanda Piña / Daniel Zimmermann) amerindische Mythologie, Ikonografie, magische und rituelle Kunst. Linda SamaraweerovĂĄ und Amanda Piña zeigen das Forschungsergebnis in dem fantastischen Duett „The Forest of Mirrors“ im Tanzquartier.

Schon seit einer Weile beschĂ€ftigt sich der TĂ€nzer und Choreograf Georg Blaschke mit dem Zusammenspiel von Körper- und Videobildern im Raum. In seinem neuen StĂŒck „I don’t remember this body“ / „Ich erinnere mich nicht an diese Körper“, arbeitet er mit dem VideokĂŒnstler Jan Machacek zusammen, der mit seinen bewegten Bildern den bewegten Körper verfremdet und den stabilen Raum in Bewegung versetzt.

Eno Peçi ist ĂŒbernimmt in der letzten Vorstellung von „Le Pavillon d’Armide“ die Rolle des Arztes / Diaghilews. Neben Rebecca Horner tanzen Nikisha Fogo und Francesco Costa sowie Zsolt Török in John Neumeiers „Le Sacre“. Wie in den anderen vier Vorstellung dieser fĂŒr Wien neuen Choreografie von John Neumeier hĂ€ngt schon seit Tagen das Schild „Ausverkauft“ am Kassenschalter, der Stehplatz ist dichtgedrĂ€ngt und das gesamte Publikum zeigt sich höchst enthusiasmiert. Die TĂ€nzer_innen bedankten sich glĂŒcklich fĂŒr die Bravorufe.

Ein kleines Dorf, umgrenzt von einem Zaun. Drei Freunde machen sich auf, um zu erkunden, was hinter dem Zaun liegt. Die Ich bin O. K. Dance Company zeigt eine inklusive Tanztheaterproduktion, an der mehr als 100 TĂ€nzer_innen mit und ohne Behinderung teilnehmen werden. Premiere ist am 7. April im Theater Akzent.

Choreograf Eifman widmet sein aufwĂŒhlendes Ballett „Giselle Rouge“ der berĂŒhmten russischen Ballerina Olga Spessivzeva. Deren Lebensgeschichte gleicht einem Filmdrehbuch. Und wie im Film, "Black Swan", endete ihre Karriere in einer psychiatrischen Anstalt. Das Wiener Staatsballett tanzt die Wiederaufnahme in der Volksoper. Nina PolĂĄkovĂĄ und Ioanna Avraam sind abwechselnd in der Titelrolle zu sehen.

Die einen wollen Riesen sein und hĂ€ngen sich BĂ€rte um, die anderen schrumpfen zu Zwergen, weil sie sich nach ihrer Kindheit sehne. „Riesen*Zwerge“ nennt Bert Gstettner (Tanz*Hotel) seine neueste Produktion. Am 22. MĂ€rz haben die Riesen und Zwerge – drei Erwachsene und fĂŒnf Jugendliche aus Gstettners „Junior*Company – mit Tanz und Spiel, gereimt und ungereimt, gesungen und gesprochen, im Dschungel Premiere.

Opern des 18. Jahrhunderts klingen ganz anders, wenn sie auf historischen Instrumenten gespielt werden. Das wissen wir dank der Originalklang-Bewegung der letzten Jahrzehnte. Doch wie wurden sie eigentlich dargestellt? Choreograph, Regisseur und Intendant des „Teatro Barocco“, Bernd R. Bienert im GesprĂ€ch ĂŒber den Schauspielstil zu Mozarts Zeit und heute.
Wir sind es heute gewohnt, jahrhundertalte Opern in sogenannten modernen Inszenierungen zu sehen. Die meisten Regisseure meinen, man mĂŒsse diese alten Stoffe fĂŒr ein heutiges Publikum ĂŒbersetzen.

Regisseur Bernd R. Bienert ist Spezialist fĂŒr historisch informierte Schauspielpraxis im Musiktheater des 18. Jahrhunderts. Die lĂ€ngst etablierte Originalklangbewegung ergĂ€nzt er um eine historisierende, gestische Spielweise der SĂ€nger-Darsteller, so wie sie damals gewesen sein könnte. Mit kleinem Orchester unter der feinsinnigen Leitung von David Aronson am Hammerklavier und einem wunderbaren Ensemble gelang dem Teatro Barocco im Schlosstheater Laxenburg, W.A. Mozarts „Cosi fan tutte“ zum Theatererlebnis werden zu lassen, das alles andere als akademisch-rekonstruierend herĂŒber kommt.

MĂ„rten SpĂ„ngberg zeigt mit The Internet eine außergewöhnliche Performance mit, wenn man will, einem hoch komplexen theoretischen Konzept gehĂŒllt in jede Menge Popmusik, –requisiten und –referenzen. Und zugleich einen Abend, den man genießen und lieben kann. Dennoch hallt im Hinterkopf die Frage nach, ob man vieles davon, vor allem in Betracht auf die Ästhetik und das Bewegungsvokabular, nicht schon 2016 in seinem StĂŒck La Substance, but in English bei ImPulsTanz gesehen hat? "The Internet" war im brut, im Rahmen von imagetanz zu sehen.

Eine zweite Premiere des Neumeier-Abends mit den beiden Choreografien „Le Pavillon d’Armide“ und „Le Sacre“ konnte das danach nahezu euphorische Publikum in der Staatsoper genießen. Nahezu alle Rollen waren neu besetzt. Lediglich die unvergleichliche Rebecca Horner (SolotĂ€nzerin des Wiener Staatsballetts) drehte einsam ihre Runde wie schon in der Premiere von „Le Sacre“. Im „Pavillon“ hat Roman Lazik als Platzhalter seine Darstellung in der Rolle des nervösen Arztes und des beleidigten Liebhabers Diaghilev sichtbar intensiviert. Jakob Feyferlik als „Der Mann (Waslaw Nijinsky)“ und Ioanna Avraam als dessen Frau Romola, beeindrucken sowohl technisch wie auch darstellerisch durch  SouverĂ€nitĂ€t und Tiefe.

Noch bis zum 14. Mai ist im Fotomuseum WestLicht die eindrucksvolle Überblicksausstellung der fotografischen Arbeit des Schweiz KĂŒnstlers und Wahlwieners Alfons Schilling zu sehen. Schillings Werk ist nirgends einzuordnen, mit seiner rebellischen Neugier sprengte er die Grenzen aller Gattungen und Strömungen. Als Student an der Akademie fĂŒr angewandte Kunst gehörte er Ende der FĂŒnfzigerjahre mit GĂŒnter Brus zu den Wegbereitern des Wiener Aktionismus, ging jedoch dann eigene Wege.

Die sĂŒdafrikanische Autorin Yewande Omotoso erzĂ€hlt in ihrem Roman „Die Frau nebenan“ von zwei alte Frauen in Johannesburg, die einander nicht leiden können. Auch wenn ihre HĂ€user neben einander stehen, stehen sie selbst nicht auf derselben gesellschaftlichen Stufe. Die weiße Innenarchitektin Marion Agostino verachtet die dunkelhĂ€utige Nachbarin Hortensia James, eine ĂŒberaus erfolgreiche gut betuchte Textil-Designerin. Hortensia, Witwe wie Marion, sieht keinen Grund, sich an die eingebildete Tussi anzubiedern, lieber sticht sie mit ihrer spitzen Zunge gezielt zu.

Die Wiener Symphoniker setzten ein verfrĂŒht österliches Zeichen und spielten unter der Leitung von Philip Jordan die frĂŒhere der beiden vollstĂ€ndig erhaltenen Passionen von Johann Sebastian Bach, die Johannespassion. Dabei wurden sie von der Wiener Singakademie und einem hochkarĂ€tigen Solistenensemble unterstĂŒtzt. Um sich dem Originalklang anzunĂ€hern, wurde zudem eine kleine Gruppe von Musikern mit Barockinstrumenten eingesetzt, was noch vor zwanzig Jahren fĂŒr ein klassisches Sinfonieorchester undenkbar gewesen wĂ€re. Bei aller „Political Correctness“ in Sachen historisch informierter AuffĂŒhrungspraxis bleibt die Sinnhaftigkeit dieses Experiments doch zweifelhaft.

Dem Gedanken des Gesamtkunstwerkes verpflichtet, beschĂ€ftigten sich zahlreiche Entwerfer und Handwerker der Wiener WerkstĂ€tte (WW) auch mit der kĂŒnstlerischen Gestaltung von BĂŒchern. Das MAK widmet diesem Aspekt erstmals eine eigene Ausstellung und zeigt unter dem Titel BucheinbĂ€nde der Wiener WerkstĂ€tte einen Überblick ĂŒber die facettenreichen EinbandentwĂŒrfe. Circa 70 BĂŒcher aus den Privatsammlungen von Ernst Ploil, Gastkurator der Ausstellung, und Richard Grubman werden um 40 originale Entwurfszeichnungen, rund 500 Lederstempel und ausgewĂ€hlte BucheinbĂ€nde aus der MAK-Sammlung ergĂ€nzt.

Crankos „Onegin“ kann man nicht oft genug sehen. Aktuell erfreute Eno Peçi als "L'homme blasĂ©, der schon allein durch seine weit ausgreifenden Arme die stĂ€ndig abwehrende Distanz zur Umwelt ausdrĂŒckt. Oder Natascha Mair als Olga. Ein sĂŒĂŸes MĂ€del, sogar wienerisch im Ausdruck. Denys Cherevychko als Lenski, ist ein „Prince charming“, der alle Schwierigkeiten weglĂ€chelt, bis ihn der nahende Tod zu Boden drĂŒckt. Um die Spannung zu erhöhen: Das Allerneueste zuletzt: Maria Yakovleva, Erste SolotĂ€nzerin als Tatjana. RĂŒhrend, beeindruckend, hinreißend; ein Feuerwerk an Emotionen entzĂŒndend im finalen Pas de deux zwischen Tatjana und Onegin. Ein weiterer Stern im reichen Repertoire von Solo- und Titelrollen Yakovlevas.

Die Rechnung des Ballettdirektors ist aufgegangen. Seine Choreografie des Balletts „Le Corsaire“ begeistert das Publikum. Liudmila Konovalova als MĂ©dora, Kiyoka Hashimoto als Gulnare rissen auch in der Nachmittagsvorstellung am Ostermontag – die  4. der Serie – Stehplatz wie Parkett in der Wiener Staatsoper zu BeifallsstĂŒrmen hin. Richard SzabĂł debĂŒtierte mit Verve als des Korsaren Gegenspieler, Birbanto. 

Die Begeisterung hĂ€lt an. Auch die der Premiere folgenden AuffĂŒhrungen des von Manuel Legris inszenierten Balletts „Le Corsaire“ mit wechselnder Besetzung werden vom Publikum mit Begeisterung aufgenommen. Zuletzt (21.,23.3.) debĂŒtierten Kiyoka Hashimoto (als Gulnare und gleich drauf als MĂ©dora), Olga Esina als MĂ©dora, Denys Cherevychko und Vladimir Shishov als Conrad, Masayu Kimoto als Birbanto, Mihail Sosnovschi und Francesco Costa als Lanquedem, sowie Nina Tonoli als Gulnare. Alle brachten sie neue Farben in Manuel Legris Choreografie und ernteten verdienten Applaus.

Im Anschluss an die Vorstellung von "Le Corsaire" am 23. MÀrz 2016 hat der Direktor des Wiener Staatsballetts Manuel Legris Kiyoka Hashimoto zur Ersten SolotÀnzerin der Compagnie ernannt. Die aus Japan stammende TÀnzerin feierte an diesem
Abend ihr erfolgreiches RollendebĂŒt als MĂ©dora in einer ausverkauften Vorstellung von Manuel Legris’ Le Corsaire.

NatĂŒrlich ist es Fred Astaire, um den es in diesem Roman „Frederick“ geht. Oder auch: Er selbst, der große TĂ€nzer, Choreograf, der auch gesungen und als Schauspieler agiert hat, geht um, ruht sich an manchen Stationen aus, verlĂ€sst andere, so schnell ihn seine flinken FĂŒĂŸe tragen. Als sich das 20. Jahrhundert dem Ende nĂ€herte, hatte sich Frederick Austerlitz, genannt Fred Astaire,nach einer mehr als 70 Jahre wĂ€hrenden Karriere,  selbst ĂŒberlebt. 

Mit einem gefĂŒhlvollen Salto rĂŒckwĂ€rts hat sich die Choreografin Anne Teresa De Keersmaeker der Romantik in die Arme geworfen. Der 2014 entstandene Pas de deux „VerklĂ€rte Nacht“, war einer der Höhepunkte des Osterfestivals Tirol 2016. Cynthia Loemij und BoĆĄtjan Antončič haben in großen Halle des Innsbruck Congress (Dogana) zur Musik von Arnold Schönberg getanzt.

Mit seiner ersten eigenen Choreografie hat Ballettdirektor Manuel Legris das Premierenpublikum in der Staatsoper richtig begeistert. „Le Corsaire“, ein mehrfach bearbeitetes Ballett zur Musik von Adolph Adam und einigen anderen, eroberte letztlich in der Version von Marius Petipa von 1858 die BallettbĂŒhnen der Welt. Nur in Wien war der gesamte Abend noch nie zu sehen – gewesen. Legris hat sich seiner angenommen und alles neu gemacht: Libretto, Musikzusammenstellung, Choreografie. Bis auf die paar von Gala-AuffĂŒhrungen bekannten Nummern ist der Wiener „Corsaire“ ganz allein Legris’ Arbeit und Fantasie entsprungen.

Im Rahmen ihres Langzeitprojekts „Bedrohte menschliche Bewegungen“ zeigte nadaproductions (Amanda Piña & Daniel Zimmermann) das zweite Kapitel der TĂ€nze aus der Vergangenheit. „Dance & Resistance“ ist ein durchchoreografierter Abend, an dem die alten TĂ€nze aus Archiven und Museen zu neuem Leben erweckt werden und sich zu einer dramaturgisch perfekt gebauten Performance aus Tanz, Musik und Licht fĂŒgen. Nicht nur die TĂ€nzerinnen bewegen sich im Kreis auch das Publikum des Tanzquartiers bildet eine Runde, wird zur Gemeinschaft.

„Ballett Revolution“ nennen die TĂ€nzer_innen aus Kuba ihre Show, die bei hohem technischem Können eine wilde Stilmixtur bringt. Die Bewegungen des klassischen Balletts sind ihnen ebenso vertraut wie die kraftraubenden Six-Step des Breakdance. Der Erfolg ihres Auftritts vor zwei Jahren, lockt sie wieder nach Wien. Im Museumsquartier werden sie, begleitet von der RevoluciĂłn-Band ĂŒber die BĂŒhne wirbeln.

Das Tanzquartier Wien und das sound:frame prĂ€sentierten mit Synaesthesia3 ein geballtes, abwechslungsreiches Programm mit Visuals, Choreografie und Sound, ein komprimiertes Festival mit vier BĂŒhnen in der Halle E als Vorgeschmack auf die 10. Ausgabe des audiovisuellen Festivals. Neben Performances von KĂŒnstler_innen wie NoĂ© Soulier, Liquid Loft / Chris Haring und DJ-Sets und Visuals von Joja + ăƒ•ăƒŒăƒ‘ (V ARE) / Ferdinand GlĂŒck, Cid Rim / nita sind Ryoji Ikeda, Hiroaki Umeda, Planningtorock, Jefta Van Dinther und Thiago Granato die absoluten Held_innen der Nacht.

Die TĂ€nzerin / Choreografin Gisela Elisa Heredia (tanz.coop)hat  ein TanzstĂŒck ĂŒber das Tanzen einstudiert. Aus Argentinien stammend, hat sie sich natĂŒrlich auf den Tango gestĂŒrzt. Ein Quintett (vier TĂ€nzerinnen, ein TĂ€nzer) zeigen „Smokey Hugs and Cappuccino“ ab 8. April im Wiener KosmosTheater.

AllmĂ€hlich gerĂ€t das Blut in Wallung und das Fieber steigt: Am 20. MĂ€rz ist die Premiere des SeerĂ€uberballetts „Le Corsaire“. Grund zum Feiern gibt es mehrfach: Zum ersten Mal wird der Hit aus dem 19. Jahrhundert in Wien gezeigt, zum ersten Mal hat sich Ballettchef Manuel Legris an eine Choreografie gewagt, fĂŒr das Ballettensemble ein DebĂŒt auf allen Linien. Robert Gabdullin, Maria Yakovleva, Davide Dato, Liudmila Konovalova, Kirill Kourlaev, Alice Firenze und Mihail Sosnovschi holen an vorderster Front die Kohlen aus dem Feuer.

Die „ich bin O.K.“-Dance Company bringt mit „Kein StĂŒck Liebe“ eine neue Produktion auf die BĂŒhne des Akzent-Theaters. Elf TĂ€nzerInnen mit und ohne Behinderung setzen ihre Ängste, Sorgen und Fragen in Bewegung.
In mehreren Szenen befassen sich die TÀnzerInnen mit Themen, die in den aktuellen Nachrichten vorkommen, jedoch auch sie persönlich betreffen.

Neun TĂ€nzer_innen des SEAD Bodhi Projects (Salzburg Experimental Academy of Dance) zeigen im Dialog zur Musik, gespielt von acht Musiker_innen des oenm., ihre Bilder von Zeit.  Mit der Produktion „Zeit–Bild“ waren das oenm. (Österreichisches Ensemble fĂŒr Neue Musik) und der Choreograf Etienne Guilloteau zum ersten Mal beim Osterfestival Tirol im ehemaligen Salzlager von Hall in Tirol.

Ohne Titel (2000)“ nennt Tino Sehgal widerwillig seine 2000 als Solo entwickelte Performance, weil ein Titel einfach notwendig ist. FĂŒnfzehn Jahre nach er ErstauffĂŒhrung hat er die Choreografie mit drei TĂ€nzern einstudiert. Im nahezu familiĂ€rem Rahmen des Osterfestivals Tirol ist Andrew Hardwidge, Frank Willens und Boris Charmatz ein großartiger und unterhaltsamer Vorstellungs-Hattrick gelungen.

Drei splitternackte TĂ€nzer treten nacheinander in unterschiedlichen RĂ€umen als lebendige Archive der Choreografie auf. Vor 15 Jahren hat der damals junge KonzeptkĂŒnstler Tino Sehgal sein StĂŒck „Ohne Titel“ bei der Tanzplattform Deutschland vorgestellt. Bei der Wiederaufnahme im Tanzquartier lĂ€sst er Andrew Hardwidge, Frank Willens und Boris Charmatz die Tanzgeschichte des 20. Jahrhunderts bewegt in Erinnerung rufen.

Medusa-Assoziationen“ könnte Bert Gstettner seine Ode im Odeon auch nennen. So viele Gedanken hat er sich dazu gemacht. Gemeinsam mit dem Maler Hannes Mlenek und dem Komponisten GĂŒnther Rabl hat er unter seinem Label Tanz*Hotel einen Klang-Raum-Bild Erlebnis geschaffen, das nach der ersten AuffĂŒhrung in der alten Expedithalle der Ankerbrot-Fabrik ĂŒberarbeitet ins Odeon ĂŒbersiedelt ist. Wirklich gut getan hat das dem choreografischen Schauspiel nicht.

Eine neue Veranstaltungsreihe hat in Wien Premiere. Unter der AbkĂŒrzung VIBE – klingt gut, ist englisch und lĂ€sst an positive Schwingungen und gute Stimmung denken – sind junge TĂ€nzerinnen und TĂ€nzer aus aller Welt eingeladen, ihre Können zu prĂŒfen und zu verbessern, einander kennen zu lernen und neue Erfahrungen zu sammeln. Gregor Hatala, PrĂ€sident des ÖTR, ist Organisator und Hauptsponsor. Zum Abschluss lockt ein Galaabend ins Wiener Volkstheater.

Zwei SĂ€ngerinnen, zwei SĂ€nger, einen TĂ€nzer und drei Musiker genĂŒgen, um die Geschichte der freiheitsliebenden Carmen auf der BĂŒhne zu zeigen, ohne den Komponisten der gleichnamigen Oper, Georges Bizet, zu verletzen. Inszeniert von Andreas Zimmermann, musikalisch arrangiert von Tscho Theissing, ergötzt dieses GustostĂŒckerl das begeisterte Publikum in der schmucken Kammeroper.

An der Schwelle zum Barock, eine mehr oder weniger willkĂŒrliche Bezeichnung fĂŒr eine Epoche der europĂ€ischen Kunstgeschichte, hat es William Shakespeare bereits gewusst: Die Welt spiegelt sich im Theater. Das augenfĂ€lligste und ĂŒppigste Beispiel dafĂŒr ist das barocke Theater mit seiner Maschinerie, den großartigen (und teuren) Festen und fĂŒrstlichen Auftritten. Das Theatermuseum widmet diesem „Triumph des Theaters“ eine ansehnliche Ausstellung.

Zuerst wurde in Moskau heftig geklatscht und gleich danach in Essen. Andrey Kaydanovskiy, hervorragender TĂ€nzer und Charakterdarsteller sowie erfolgreicher Choreograf, als Halbsolist Mitglied des Wiener Staatsballetts, hat am Stanislavsky Theater eine neue Choreografie "Coffe or Tea" gezeigt und ist im Rahmen einer Ballettgala im Essener Aalto Theater mit dem "Deutschen Tanzpreis 2016" in der Kategorie "Zukunfkt" ausgzeichnet worden. Bereits im Sommer 2015 stand Kaydanovsiy auf dem Podest, als er im Rahmen des Internationalen Tanzfestivals TANZOLYP mit dem Special Prize als „Best Dance Theatre Performer and Choreograph“ ausgezeichnet worden ist.

Mit Irina Tsymbal als Tatjana und Eno Peçi in der Titelrolle erzĂ€hlt John Crankos gefĂŒhlvolles Ballett „Onegin“ weniger von der schwĂ€rmerischen Liebe eines jungen MĂ€dchens als von den reifen GefĂŒhlen einer wissenden Frau. Alice Firenze und Masayu Kimoto tanzten des zweite Liebespaar, Olga und Lenski, zum ersten Mal und konnten ebenso wie das Hauptpaar begeistern.

Der Titel des neuen Romans von Ana Bilić sagt es schon: Es bleibt bei der Absicht. Lidia hat alles vorbereitet, um ihren Mann umzubringen. Er muss weg, sie will ein neues Leben beginnen, doch einer Scheidung wĂŒrde er nie zustimmen. Also wird ein Pilzgericht gekocht.

Jerusalem, Besuch nach zehn Jahren © Gael MaleuxAus dem Zyklus „HolozĂ€n“, einer Serie von StadtportrĂ€ts, zeigte das KĂŒnstlerkollektiv Berlin den zweiten Besuch in Jerusalem als performative Video-Installation im Salzlager von Hall i. T. 2003 schon besuchte Berlin zum Auftakt von „HolozĂ€n“ die geteilte Stadt, um mit BewohnerInnen zu sprechen, zehn Jahre spĂ€ter wiederholten sie den Besuch und aktualisierten das PortrĂ€t. Das Fazit ist traurig: Es wird schlimmer und schlimmer.

Tino Sehgal: FlĂŒchtige Kunst. © Tanzquartier Drei splitternackte TĂ€nzer treten nacheinander in unterschiedlichen RĂ€umen als lebendige Archive der Choreografie auf. Vor 15 Jahren hat der damals junge KonzeptkĂŒnstler Tino Sehgal sein StĂŒck „Ohne Titel“ bei der Tanzplattform Deutschland vorgestellt. Bei der Wiederaufnahme im Tanzquartier lĂ€sst er Andrew Hardwidge, Frank Willens und Boris Charmatz die Tanzgeschichte des 20. Jahrhunderts bewegt in Erinnerung rufen.

Auch bei der 44. Vorstellung, mehr als fĂŒnf Jahre nach der Premiere, ist das Publikum in der SĂ€chsischen Staatsoper (bekannter als Semperoper) entzĂŒckt vom Schauspiel am „Schwanensee“. Die GĂ€ste bleiben paralysiert in den Sitzen kleben, klatschen jubelnd im Takt. Der Ballerina, Svetlana Gileva, wird ein Strauß roter Rosen ĂŒberreicht, der Dirigent, David Coleman, bedankt sich winkend fĂŒr die immer von neuem aufbrandenden Bravorufe.

Aufstehen, umfallen, rollen, rutschen, krabbeln, den Rollstuhl verlassen, um sich selbstĂ€ndig fortzubewegen, stolpernd oder auf Knie, gestĂŒtzt oder getragen; den Rollstuhl okkupieren, um zu fĂŒhlen, wie das ist, darin eingesperrt zu sein; die KrĂŒcken nehmen und strauchelnd die BĂŒhne queren, die Stöcke weg schleudern und in schnellen SprĂŒngen das Setting umkreisen, Nicht nur Auftritte und Abtritte sind in diesem Theater zu sehen, auch Auffahrten und Abfahrten. Viele Inseln sind auf der BĂŒhne, auf denen sich Bewegungen und BerĂŒhrungen abspielen, auf denen getanzt wird, allein als Paar, als Trio, zĂ€rtlich oder wild, in Zeitlupe oder Zeitraffer. Der Körper hat viele Möglichkeiten sich auszudrĂŒcken, zu kommunizieren, auch der der eingeschrĂ€nkte.