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Jane Gardam: "Eine treue Frau"

Jane Gardam © HAZEL THOMPSON/The New York Time/Redux/laif

Das Ehepaar Betty und Edward Feathers kennen die Leserinnen der englischen Autorin Jane Gardam bereits. In „Ein untadeliger Mann“ wird die Lebens- und Ehegeschichte zweier Raj-Waisen, aus der Sicht Edwards geschildert. Im zweiten Teil der Trilogie ist Betty dran. Nicht nur ihre Jugend ist eine andere, auch der Verlauf des Ehelebens. Was beide eint ist die unverbrüchliche Liebe für und die Achtung vor einander. Ein eleganter, ruhiger und dennoch aufregender Roman.

Jane Gardam, geboren 1928 in North Yorkshire ist eine mehrfach preisgekrönte und in ihrer Heimat viel gelesene Autorin. Im deutschsprachigen Raum gilt sie seit der Übersetzung von „Old Fith / Ein untadeliger Mann“(zehn Jahre nach der Veröffentlichung des Originals) als „Entdeckung. Die beiden Bände führen zurück in eine Zeit, die es nicht mehr gibt, da Anstand und Höflichkeit, Rücksicht und Respekt noch als Werte gegolten haben. Die Zeit als Großbritannien noch eine Kolonialmacht war. Eltern in den Kolonien wollen ihren Kindern britische Erziehung und Bildung angedeihen lassen, schickten sie in die Heimat, wo sie bei Pflegefamilien aufwuchsen.

Die Raj-Waisen sind ein Leben lang vom Trauma der Trennung traumatisiert. Auch der Autor des „Dschungelbuchs, Rudyard Kipling wuchs als Raj-Waise auf. „Feathers“ setzt ein, als Betty bereits gestorben ist. Beim Tulpenpflanzen ist sie plötzlich umgefallen. Welches Geheimnis sie in Wahrheit vergraben hat, erfahren die Leserinnen erst im zweiten Band „The Man in the Wooden Hat / Eine treue Frau“. Und wir erfahren alles, was Betty ihrem Mann Feathers nicht erzählt hat und er doch wusste. Was mich so berührt an diesen beiden Romanen ist nicht nur der geschliffene Stil der Autorin (feinfühlig übersetzt von Isabel Bogdan) sondern auch der Umgang der beiden Hauptfiguren miteinander. Betty und Edward kommen aus einer anderen Zeit, deren Zwänge und Regeln eben auch ihre Vorteile hatte. Buchcover, © Hanser Berlin

Dass die von Gardam erzählten Schicksale rund um das britische Empire und dessen Auflösung spielen, stört überhaupt nicht, im Gegenteil dadurch entstehen auf dem historischen Hintergrund die überaus spannenden Momente dieser eleganten Lebens- und Ehegeschichte. Jane Gardam ist eine erfahrene unverkrampfte Schriftstellerin, die geschickt zwischen den Zeitebenen balanciert und es versteht ihre mit Ironie gewürzte Prosa so dramatisch zu gestalten, dass ich gar nicht aufhören möchte zu lesen.

Buchcover, © Hanser BerlinVoll Bewunderung möchte ich mit beiden, mit Betty und Edward, befreundet sein, trotz all ihrer Schwächen und seiner Marotten. Der dritte Teil der angekündigten Trilogie sollte mir Gelegenheit geben. In „Last Friends“ begegne ich dem Mann in kurzen Hosen und sicher auch dem klugen Witz und der feinen Ironie der Jane Gardam.

Jane Gardam, übersetzt von Isabel Bogdan, bei Hanser Berlin:
„Eine treue Frau“, Hanser, 2016. 272 S. € 22,60
Ein untadeliger Mann“, Hanser, 2015. 345 S. € 23,60