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Tom Volf: „Maria by Callas“, Filmdokumentation

Maria Callas mit Regisseur Pier Paolo Pasolini, 1969. © mk2 Films / filmladen

Bisher unveröffentlichtes Videomaterial aus einem nie gesendeten Interview des britischen Journalisten David Frost mit der „Göttlichen“ bildet die Basis der filmischen Dokumentation über die Sopranistin Maria Callas (1923–1977). Filmemacher Tom Volf zeigt die Primadonna assoluta der 1950er und 60er Jahre von der anderen, der privaten Seite. Eine Frau, die kaum jemand kannte. Sie erzählt von ihren Träumen, den Demütigungen und dem Leben, das sie nie gehabt hat. Ein eindrucksvoller, musikalisch geschnittener Film, in dem die Callas auch als Sängerin präsent ist. Für Callas-Verehrerinnen ein Hochgenuss.

Maria Callas im Interview mit David Frost, 1970. © mk2 Films„Ich trage zwei Personen in mIr“, sagte die Callas 1970, gegen Ende ihrer Karriere, im Interview mit David Frost. „Ich möchte Maria sein. Aber da ist auch die Callas, der ich gerecht werden muss. Denn die Callas war einst Maria.“ An diesem Zwiespalt litt die Diva zeit ihres Lebens, hat sie doch von einem Leben als Ehefrau und Mutter geträumt. Stattdessen wurde sie zur Ikone stilisiert und verdammt, als ihr in Rom die Stimme versagt hat und sie mitten in der berühmten Arie "Casta Diva" aus Vincenzo Bellinis Oper "Norma" die Bühne verließ. In den Medien schlug ihr blanker Hass entgegen, das italienische Publikum schäumte.  Schließlich war die Gala zu Ehren des italienischen Statspräsidenten Giovanni Gronchi angesetzt. Der musste auf den Kunstgenuss verzichten und nach Hause gehen.
Maria erzählt Frost, dass sie damals an einer Bronchitis litt und nicht singen konnte. Heute passiert das immer wieder, damals entfachte sie ein mediales Unwetter und auch Kollegen und Intendanten waren entrüstet. Allmählich fühlte sie sich auf der Bühne wie in einer „Raubtierarena“.Die der Primadonna gewidmete Rose: "Maria Callas".  © GNU free license

Von ihrem Ehemann Giovanni Battista Meneghini lässt sie sich scheiden, von ihrer großen Liebe, dem griechischen Milliardär Aristoteles Onassis, wird sie verlassen. Ohne es seiner Geliebten mitzuteilen, heiratet er Jackie Kennedy. Von diesem Schlag erholt sie sich nicht mehr. Mit nur 53 Jahren stirbt sie in Paris an einem Herzinfarkt.

Tom Volf hat sich erst Jahre nach ihrem Tod für die griechisch-amerikanische Sängerin zu interessieren begonnen, nachdem ihr der damals 28jährige nach einem Opernabend der Callas 2013 auf Youtube begegnet war. Fünf Jahre später ist Volf der Callas-Experte schlechthin. Nach aufwändigen Recherchen, der Sammlung von Dokumenten, privaten Briefen und Gesprächen mit Weggefährt*innen und Zeitzeug*innen veröffentlichte er ein Buch über die Diva und drehte schließlich den Kino-Film. Callas, die Diva. © mk2 Films / filmladen

Zusammengehalten wird das Mosaik aus Opernausschnitten, Presseaufnahmen, privaten Videos und Ausschnitten aus den bisher unveröffentlichten Briefen der Callas (gefühlvoll gelesen von Fanny Ardant, deutsche Synchronstimme: Eva Mattes) durch den Super 8 Film des Frost-Interviews – die Callas sieht darin jung und entspannt aus, wie ein junges Mädchen, das Haar zu einem Zopf geflochten. Volf hat die einzige noch existierende Kopie vom langjährigen Hausmeister der Sopranistin erhalten. Alte Schwarzweißaufnahmen wurden in HD-Qualität remastert und koloriert. Die Tonaufnahmen, meist Originalmitschnitte aus dem Freundeskreis der Callas, wurden ebenfalls bearbeitet, sodass das Faszinosum Maria Callas voll zur Geltung kommt.
Aristoteles und Maria (Onnassis, Callas) in glücklichen Zeiten. Callas, die Diva. © mk2 Films / filmladenVolf ist es gelungen, Bild und Ton, Filmaufnahmen und Opernausschnitte zu einem leicht zugänglichen Mosaik zusammenzufügen, auch wenn ich in den letzten 20 der 113 Minuten als nicht gerade fanatische Opernfreundin schon genug Arien gehört habe. Deutlich mach Volf, dass die Callas, die man bisher gekannt hat, eine Phantasiegestalt war, von den Medien und den Opernfanatikern geschaffen und ihrer Person, dem Menschen Maria, keineswegs gerecht werdend. Volf zeigt in seinem Film eine Person, die in den Gazetten keinen Platz gefunden hatte.

Übrigens, in Wien war die Callas nur einmal. Im Juni 1956 hat sie an drei Abenden die Titelrolle in Gaetano Donizettis Oper „Lucia die Lammermoor“ gesungen. Ihre Partner waren Rolando Panerai, Enrico, Giuseppe die Stefano, Edgardo, Giuseppe Zampieri, Arturo. Herbert von Karajan hat dirigiert.

Tom Volf: „Maria by Callas“. Drehbuch und Regie: Tom Volf. Schnitt: Janice Jones. Deutsche Synchronstimme: Eva Mattes. Collage aus Bild-, Film- und Tondokumenten. Ab 8. Juni im Kino.
Der Film ist Ferruccio und Bruna gewidmet. Als Majordomus und Haushälterin diente des Paar „der Signora“ 25 Jahre.