
Außen exotisch, innen romantisch. Das ist der leerstehende Gebäudekomplex aus dem 19. Jahrhundert in Wien Döbling, Zacherlfabrik genannt. Wenn das Quartett cowbirds dort zum stimmungsvollen Tanzkonzert, Textures of Tears, lädt, singen Engel, tanzen Göttinnen.
Seit August 2022 ist der experimentierfreudige Tänzer, Choreograf und engagiertes Mitglied der Non-Danse Bewegung Boris Charmatz künstlerischer Leiter des Tanztheater Wuppertal Pina Bausch. Mit zwei raffinierten Neuproduktionen von Werken Pina Bauschs eröffnet Charmatz das aktuelle ImPulsTanzFestival. Zugleich wird Charmatz auch die Sammlung von Texten und Bildern, Nahaufnahme Boris Charmatz, vorstellen. Der 300 Seiten starke Band ist im Alexander Verlag erschienen und wird am 12. Juli in der Roten Bar / Volkstheater präsentiert und kommentiert.
Für das neue Stück der hochgeschätzten brasilianischen Choreografin Lia Rodrigues braucht man viel Geduld. Bis in den Herbst hinein reist die Companhia de Danças von Festival zu Festival durch halb Europa. Borda bedeutet Grenzen, aber auch Stickerei. Die Grenzen sollen fallen, die gestickten, bunten Verzierungen unterhalten. Das im Mai im Kunstenfestivaldesarts präsentierte Tanzstück hat auch bei den Wiener Festwochen im Museumsquartier Station gemacht. Und ist erwartungsgemäß lautstark akklamiert worden.
In der Halle des Museumsquartiers zeigt die belgische Künstlerin Miet Warlop ihre neue Choreografie Inhale Delirium Exhale. Regisseur Lennart Boyd Schürmann nennt die Serie seiner 1:1 Performances im ehemaligen Funkhaus Initimacies. Gegensätzlicher können die beiden Abende im Rahmen der Wiener Festwochen nicht sein. Das Theater im herkömmlichen Sinn liegt in den letzten Zügen, neue Präsentationsformen, Experimente und Aufhebung der Grenze zwischen Bühne und Publikumsraum geben dem Thespiskarren wieder neue Kraft, machen den Theater-Besuch zum Erlebnis.
Eine erwachsene Frau versucht, das junge Mädchen zu versehen, das sie einst war. Linn Ullmann beschert ihren Leserinnen einen wunderbaren, eindrucksvollen, tief unter die Haut bohrenden poetischen Roman. Mädchen 1983 ist eine Spurensuche, eine Forschungsreise in die Vergangenheit, ein Versuch sich selbst zu erkennen und zu verzeihen. Ein faszinierender, in kein Genre einzuordnender Bericht, ein autobiografisch gefärbter Roman, in dem sich nicht nur die Mädchen von 1983 oder die Frauen von 2021 wiederfinden werden.
Wenn das ImPulsTanzFestival sogenannte Highlights ankündigt, dann müsste das gesamte Programm abgedruckt werden. Sind doch, wie jedes Jahr alle Vorstellungen, Uraufführungen, Premieren, sehnsüchtig erwartete Wiederholungen, Glanzlichter im Tanz- und Performanceangebot. Über die Meldung, dass sämtliche Eröffnungsvorstellungen in Burg und Akademie bereits ausverkauft sind, muss niemand weinen. Tröstliches wird gemeldet.