Skip to main content

Amanda Piña: „The Jaguar and the Snake“

Amanda Piña ist Mensch und Tier und Pflanze in ständigem Wandel.

Im Rahmen ihres Forschungsprojekts „Endangered Human Movements“ präsentieren Amanda Piña / nadaproductions den Abschluss des 3. Bandes der „Gefährdeten menschlichen Bewegungen“. Vom „Jaguar und der Schlange“ ist nicht nur eine Performance, vervollständigt wird dieser Band 3 von „der Schule des Jaguars“ durch ein Workshop („Dance like a Wixarika“) und eine Gesprächsrunde („The Jaguar Talks“). Die Premiere der Vorführung im Tanzquartier (Halle G) am 26. April versetzte das Publikum in Trance.

Weniger eine Tanz-Performance wird dem auf bunten Polstern im Kreis sitzenden Publikum vorgeführt, eher ein schamanisches Ritual. Die drei Wesen, mit Pelzen oder Hörnern ausgestattet, Die Performance in Flandern mit Linda Samaraweerová, Amanda Piña und Yoan Sorin. © estudioelgozobewegen sich langsam durch die Arena, über der ein silberner Himmel (Bühne: Daniel Zimmermann) schimmert. Kleine Objekte, Vögel, Reptilien, eine Schlangenpuppe mit böse glimmenden Augen, blühende Pflanzen sind im dunkel spiegelnden Rund auf dem Boden verteilt. Die porzellangleichen Puppengesichter der drei kriechenden, hockenden, schreitenden, sich um die eigene Achse drehenden Figuren, verändern immer wieder ihren Ausdruck, ihr Sein. Gefährlich funkeln die Augen von Lina Maria Venegas, lüstern glotzt Juan Carlos Palma, verlockend lächelt Amanda Piña. Aus den Mündern wachsen Zungen, Blüten, Pelze, mit zwei schwarzen Zöpfen wandelt sich Palma in eine weibliche Form, Piña verschlingt ihre neun geflochtenen Schwänze.Zwei ineinander verschlungene hybride Wesen. Bilder © Marc Domage

Habe ich endlich aufgegeben, zu warten, dass etwas passiert, kann ich mich ganz auf die Magie dieses Rituals einlassen, beginne mich zu wundern und zu fürchten, lasse mich von der in immer gleichen Wellen anrollenden Musik (Christian Müller) in eine schwebende Trance versetzen und gebe mich ganz der stimmigen Choreografie unter dem silbernen Himmel hin. Dieser, der Himmel, beginnt sich gegen Ende der Vorführung zu senken, das Gewölbe wird zur Kugel, die die beiden Tänzerinnen einhüllt und mit schwindendem Licht durchsichtig wird, die Mensch-Tier-Pflanze als Schatten sichtbar macht.

Mensch oder Pflanze? (Amanda Piña)Nach aufwändiger und eingehender Forschungsarbeit und dem Studium der indigenen Kulturen Amerikas hat die mexikanisch-chilenisch-österreichische Choreografin und Tänzerin Amanda Piña den Versuch gestartet aus überliefertem Wissen der Ureinwohner*innen und zeitgenössischer Performancekunst Aufführungen zu kreieren, die zeigen sollen, dass der europäische (westliche) Tanz nicht das Maß aller Dinge ist. Im „Endangered Movements“-Projekt ist es ihr ein Anliegen, Bewegungspraktiken indigener Völker nicht vergessen zu lassen, zu zeigen, dass sie lebendig und aktuell sind, weniger exotisch, als Ausdruck einer (anderen) Kultur. Fremd bleiben sie mir dennoch.

Im ersten Teil des 3. Bandes des Projekts hat Piña gemeinsam mit Linda Samaraweerová bereits 2017 im Tanzquartier „The Forrest of Mirrors“ gezeigt. „Four remarks of history of dance“ (Vol.1) war bereits 2015 im Rahmen des ImPulsTanz Festivals zu sehen. Der Himmel spiegelt sich in der Erde. Im März 2019 hat Amanda Piña in der Ausstellung „Alles tanzt. Kosmos Wiener Tanzmoderne“ (Theatermuseum Wien, kuratiert von Andrea Amort) eine Vorlesung zum Thema unter dem Subtitel „Tanz als Form des Widerstands“ gehalten.

So ist es zwar möglich, eine einzelne Vorstellung (oder auch ein Workshop, einen Vortrag) zu genießen, verstehendes Eindringen in Piñas Ideen, Anliegen und Forschungsergebnisse gelingt sicher leichter, wenn man das Gesamtprojekt im Auge (und im Kopf) hat.

Amanda Piña / nadaproductions: „The Jaguar and the Snake“, The School of the Jaguar* / Endangered Human Movements Vol.3., Performance, Workshop (Amanda Piña, Juan José Katira Ramirez), Theorie.
Choreografie, Regie: Amanda Piña; Bühne, Konzept: Daniel Zimmermann; Choreografie, Performance: Amanda Piña, Lina Maria Venegas, Juan Carlos Palma; Malerei, Skulptur: Yoan Sorin; Musik: Christian Müller; Kostüm, Bühne: Lise Lendais, Szymon Olszowski; Lichtdesign: Victor Duran; Technische Leitung: Szymon Olszowski; Choreografische Unterstützung: Ewa Bańkowska, Paula Chaves. Veranstaltungsreihe im Tanzquartier vom 25. bis 27. April 2019; Premiere der Performance 26. April 2019 mit einer Wiederholung am 27. April 2019, Tanzquartier.