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Silk Fluegge & Dschungel: „Disastrous“

Das Desaster tanzend bewältigen. © Rainer Berson

Sie ordnen und schlichten, bauen Skulpturen und Türme. Das Desaster kommt unverhofft. Alles stürzt ein, Chaos bricht aus, die Katastrophe scheucht die Gruppe auf. "Wer ist schuld?" „Was tun?“, fragen sechs Tänzer*innen im Dschungel sich selbst und das Publikum ab 11. Sie stellen sich vor, erzählen von persönlichen Desastern, von Hoffnungen und Träumen, davon, wie sie die Welt sehen und suchen nach Antworten. „Disastrous“ ist intelligentes, heftig bewegtes und auch bewegendes Tanztheater.

Kann die Katatrophe gemeinsam abgewendet werden.  Alle Fotos: © Rainer BersonSechs Mitwirkende, zwei junge Tänzer und eine Tänzerin, alle aus Grabingers junger in Linz residierender Compagnie SILK Fluegge und drei für die Aufführungsserie in Wien ausgewählte tanzfreudige junge Mitwirkende, zwei Mädchen, die jüngste ist erst elf, und ein 14Jähriger mit reicher Tanz- und Bühnenerfahrung, fliegen, purzeln, tanzen mit ungebrochener Energie gegen das Desaster an. Nicht immer geht es friedlich zu, sie rempeln, boxen, kämpfen. Grabinger geht in ihrer akrobatischen Choreografie ein hohes Risiko ein, Verletzungen sind nicht ausgeschlossen. Dann tanzen sie einen aufregend schönen Pas de deux, rotten sich als feste Masse zusammen, um das Desaster abzuwenden, spielen Ballwerfen mit dem Publikum und werfen einander Begriffe zu, die ihnen zu Desaster einfallen. Sieg und Konflikt, Katastrophe und Hoffnung und das Zauberwort Veränderung. Jedes Wort ein Denkanstoß. Dabei dürfen sich die jugendlichen Zuschauer*innen auch amüsieren, etwa wenn die Autorität, ein mutiger, junger Lehrer mit Humor, demontiert wird. Begeistert trampeln sie im allen bekannten Rhythmus. Die Tänzerinnen und Tänzer erzählen wie sie leben, was sie denken.

Grabinger hat das, nicht zuletzt aufgrund der engagierten jungen Tänzer*innen, bestens gelungene Stück für drei Städte konzipiert, in denen sie jeweils die drei Tanzfrischlinge aussucht. In Linz und Prag wurde „Disastrous“ bereits erfolgreich gezeigt. Auch im Dschungel ist ein gespanntes junges Publikum bei der Sache, macht begeistert mit, wo das energiegeladene Ensemble zum Mitmachen auffordert, denkt nach, wenn nach persönlichen Bekenntnissen der rasante Tanz Raum für eigene Gedanken gibt.

Wildes Getümmel in mitten des Desasters mit akrobatischen Einlagen. Antworten gibt es natürlich keine, oder eher, viele Antworten. Ohne inhaltslose Sprechblasen, ausgeleierte Parolen, abgedroschene Stehsätze oder moralinsaure Rettungsmedizin können Grabinger und ihr Team die wesentlichen Anliegen vermitteln. Das gibt Schüler*innen und Lehrer*innen genügend Stoff für wochenlange Diskussionen.

Die Tänzerin und Choreografin Silke Grabinger versteht es meisterhaft, das Zielpublikum von Heranwachsenden zu fesseln, zu unterhalten und anzuregen, ohne zu indoktrinieren. Zugleich weckt sie mit ihrer bestens trainierten Gruppe die Liebe zum Tanz und zeigt, dass Tanz sehr konkret und auch verständlich sein kann.

Vom etwas erschreckend klingenden Titel, darf sich niemand abhalten lassen, dieses hinreißende, gescheite, abwechslungsreiche und auch unterhaltsame Stück Tanztheater anzusehen. Wenn auch niemand die Welt verbessern kann, aus dem Desaster lassen sich Auswege finden. Immerhin verspricht Grabinger im Untertitel: „Kein Grund zur Panik“.

SILK Fluegge & Dschungel: „Disastrous – kein Grund zur Panik“. Gesehen am 9. Oktober 2017 im Dschungel.
Konzept, Choreografie: Silke Grabinger, Musik Ivan Shopov, Licht Jan Derschmidt. Getanzt und gespielt haben: Die Profis: Kirin Espana, Michaela Hulvejová, Matej Kubuš, und die Kids: Matilda Arenillas, Lino Eckenstein, Lilli-Stella Sipos.
Weitere Vorstellung sind bis April 2018 im Dschungel zu erleben.