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Wasserkesselpaukenpfeifensinfonie im Dschungel

Teesackerl zum Trocknen auf der Leine. © Peter Ketturkat

Mit verkleideten Kupferkannen, kleinen Puppen und jeder Menge Teebeuteln holt der Objektkünstler Peter Ketturkat sein Publikum in eine andere Welt. In die Welt der lebendigen Dinge, des Märchens und der Fantasie. „Waaserkesselpaukenpeifensinfonie“ nennt er sein neuestes Stück für Kinder, das im Dschungel vorgestellt worden ist.

Blumen blühen in der Kanne. © Peter KetturkatTeekessel dienen Ketturkat nicht nur dazu, sie mit heißem Wasser zu füllen und den Teebeutel darin ziehen zu lassen. („Er zieht gar nicht“, sagt er verschmitzt, „er liegt ganz faul im Wasser“.) Sie könne in ein weißes Spitzenkleid (gehäkelt von Mitspielerin Karin Bayerle) und als Haus für Zwerge dienen, sie können einen Riesenmund haben und sich als gieriger Teebeutelfresser, eindeutig der Böse, den es in jedem Märchen geben muss, entpuppen.

Was an der zauberhaften Arbeit von Ketturkat, Bayerle und den assistierenden Helfer_innen im Verein „zur Rettung der Dinge“ begeistert ist die spürbare Liebe, ja Leidenschaft, mit der sie ihre Kunst ausüben. Man muss nicht mehr in den Kindergarten gehen, um sich dem Zauber der lebendig gewordenen Objekte und kleinen Püppchen, von denen eine mit Bürstenhaarschnitt die Teebeutel wie Wäschestücke an die Leine hängt, der sprießenden Blumen, der fliegenden Wildgans mit ihren feinen Pfeiftönen und der in Kupfergold leuchtenden Miniaturinstallationen zu erliegen. Bestrickende Teekanne mit Zwerg und Wildgans. © Peter Ketturkat

Ketturkat steht ohne Allüren vor einem jungen Publikum, baut mit viel Witz Redewendungen und Zitate ein in seine Erzählung vom bösen Teebeutelfresser, der die Welt zu Stein werden lässt und wie es sich gehört von den Zwergen und der Hoffnung zu Fall gebracht wird.

Fingerfertig und präzise, ohne Hektik erweisen sich Ketturkat und Bayerle als Meister des Puppen- und Objekttheaters und der feine Töne. Zur Einleitung zitiert Peter Ketturkat Joseph Eichendorff:

Schläft ein Lied in allen Dingen,
Die da träumen fort und fort,
Und die Welt hebt an zu singen,
Triffst du nur das Zauberwort.

Peter Ketturkat hat dieses Zauberwort getroffen: im Wasserkessel.

Objektgruppe von Peter Ketturkat © KetturkatNoch eine Anmekung: Die Altersempfehlungen im Dschungel sind völlig undurchsichtig. Schon die Empfehlung ab „3+“ ist falsch, keine Dreijährige kann 45 Minuten stillsitzen, keine kann dieses subtile Spiel genießen. Dazu kommen die überehrgeizigen Mütter, die ihr Kind, selbst wenn es noch an der Brust hängt, ohnehin für allen anderen überlegen einschätzen und daher diese ohnehin so niedrig angesetzte Empfehlung noch unterschreiten. Umso mehr ist der Puppenspieler und Erzähler (und die unsichtbare Puppenspielerin) zu bewundern. Sie ließen sich von den unruhigen, teilweise heulenden, unaufmerksamen und desinteressierten Kindern nicht irritieren. Manche Mütter auch nicht. Unverständlich. Abgesehen davon, dass so mancher kleinen Besucherin, die Lust auf Theater für immer vergangen ist, weil sie viel zu früh dazu verpflichtet worden ist.

Ganz still war es dann bei der anschließednen (richtig, im Dschungel gibt es zwei Uraufführungen an einem Tag – beide sind zu 100 Prozent ausgelastet) Uraufführung des Musiktheaterstücks der Taschenoper „Der Trommler“. Der Trommler als Jedi-Ritter. © Reinhard Werner

Masrtin Brandlmayr hat die Musik geschrieben und sie lautstark ins Schlagwerk gehämmert. Melissa Coleman (Cello) und Bernhard Höchtel (Klavier) assistierten tapfer. Ferdinand Schmatz hat ein eher unbekanntes Märchen aus der Sammlung der Gebrüder Grimm komprimiert und adaptiert. Die jungen Damen Katharina Adamcyk und Tino Drole und die Herren Andres Alzate und Andreas Kankowitsch haben gesungen und gespielt. Harald Thor hat mit viel Aufwand, , Klapp- und Falltüren die Bühne gestaltet. Für den ständigen und auch unmotivierten Lichtwechsel (gruseliges Blau und bordellrot, gefähriches Orange und giftiges Grün) ist Harald Thor verantwortlich. Jefgenij Sitochin hat mit seiner Inszenierung und Rollenführung jegliche Subtilität und Poesie fahren lassen und eine Paraphrase auf eine Love Parade im Star-Wars-Universum gezeigt. Schrill, grob und laut. Die Anwesenden (kaum Kinder sondern erwachsene Freunde und Fans der Wiener Taschenoper) spendeten den Premierenapplaus.
Ich denke an die auf einem kupfernen Karussell baumelnden Teebeutel und möchte gleich einsteigen.

Verein zur Rettung der Dinge / Peter Ketturkat: „Wasserkesselpaukenpfeifensinfonie“, Konzept, Bühne, Metallarbeiten, Spiel: Peter Ketturkat; Figuren, Textilarbeiten, Spiel: Karin Bayerle. Endregie: Nika Sommeregger. Uraufführung 14.2. 2017 im Dschungel.
Weitere Vorstellungen bis 19.2. 2017.

Wiener Taschenoper. „Der Trommler“, Libretto: Ferdinand Schmatz, Musik Martin Brandlmayr. Sänger_innen: Andres Alzate, Katharina Adamcyk, Andreas Jankowitsch, Tina drole. Regie: Jevgenij Stochin. Uraufführung , 14.2. 2017, noch zwei Aufführungen am 15. und 16.2., in dieser Saison. Wiederholung im Herbst 2017. Dschungel.