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Parasol: Das Tanzensemble brilliert als Chor

„Mouth at each End“ mit Dirigenten Alex Franz Zehetbauer.

Der Tänzer, Performancekünstler und Sänger Alex Franz Zehetbauer hat sein Repertoire erweitert: Für die Tanzgruppe Parasol hat er sich zum Chorleiter und Arrangeur aufgeschwungen. In Mouth at Each End zeigen vier singende Tänzerinnen und ein tanzender Sänger, was in der Kehle so alles steckt. Das auffallend junge Publikum zeigt sich am Premierenabend hellauf begeistert und bestens unterhalten.

Der Dirigent: Alex Franz ZehetbauerParasol ist eine im Tanzquartier beheimate Tanzgruppe mit stets wechselnden Mitgliedern. Seit 2022 erarbeiten jedes Jahr zwei Choreografinnen oder Choreografen mit einer von ihnen ausgewählten Gruppe von fünf jungen Tänzerinnen (Tänzer sind eher in der Minderheit) je drei Monate ein Stück für die TQW Halle G. Im ersten Halbjahr 2025 ist Alex Franz Zehetbauer der künstlerische Leiter, Inspirator, Lehrer und Dirigent der Fünfergruppe. Das bewegliche Showgirl: Ingeborg Meier Andersen
Mit Carolina Cappelli, Snorre Elvin, Francesca Ferrari, dengling (鄧玲) levine, Ingeborg Meier Andersen hat er eine raffinierte Performance geschaffen, die so vergnüglich und inspirierend ist, dass am Ende 100 Zuhörerinnen in der Halle G im Chor singen.
Die Stimme mit dem langen Atem: Francesca FerrariDavor wird nicht nur mono- und polyphon gesungen, sondern auch gebrüllt und geheult, gebrummt und gejodelt und auf Englisch gesprochen, doch da übertönen die Geräusche und Melodien (Hits aus der Popkiste, neu arrangiert und getextet) die Wörter.
Der fünfkehlige Chor ist unermüdlich, schon während die Zuhörerinnen in die Halle strömen, wird eifrig gesungen und mit den Hüften geschwungen, die Mikros dienen als Halt.  Jede Nummer wird frenetisch beklatscht, bis der Chor sich auflöst und der Vorhang sich öffnet. Der Tänzer, Choreograf und Hahn im Korb: Snorre Elvin
Die Bühne wird von einer Treppenkonstruktion beherrscht, auf der gesessen, gelegen, gestanden wird, während sie von einem vom Gesang suspendierten Chormitglied umhergeschoben wird. Eine sparsame Choreografie für Solo-, Duo- und Tutti-Canzoni, die mit Witz und Verve und schier endlosem Refraingesang das Publikum in beste Laune versetzen.
Die Filmemacherin und Kunstturnerin: Carolina CappelliBald mischt sich auch der Dirigent ein, er (A. F. Zehetbauer) sitzt in der ersten Reihe und schwingt gekonnt seine Arme, ermuntert und beruhigt den A Capella-Gesang, fordert piano und forte.
Schon auf dem Programmzettel steht, was ich befürchte. Das Publikum darf auch singen. Die Werbung ist voll Pathos: „Mit unstillbarem Appetit dehnt sich Mouth at Each End von der Bühne bis zu Ihrem Sitzplatz aus und konsumiert sie mit seinen Liedern.“ Ein Spiel aus dem Kinderkreis hat auch diesmal Erfolg. Alle singen den Refrain: „What do you like?“, wer will, darf Originelles oder Banales ins Mikro sagen.
Lassen wir’s gut sein.  Hat Spaß gemacht.  Die graduierte Träumerin: dengling levine
Gesang macht Durst, her mit den Wasserflaschen, und als Hommage an den Chorleiter mühen sich die Sängerinnen als speiende Brunnenfiguren. Dem Chef gelingt das besser. Der Liebhaber des Gesanges ist auch einer des nassen Elements. In seinen Solo-Auftritten spielt (und singt) er gern mit dem und auch im Wasser, und die Frage, was er mag, hat er schon längst, bevor sie gesungen worden ist, beantwortet: Als Oktopus im Meer planschen. In Performancesprache: Splashing in the seawater as an octopus.
Der Chor in Aktion.Ist der Durst gelöscht, macht Singen wieder Freude und auch Freunde. Anstelle von Rampenfieber signalisieren die Sängerinnen, dass schon die Proben neben harter Arbeit Vergnügen bereitet haben. Apropos, Singen macht nicht nur fröhlich. Der berühmte Spaziergänger Johann Gottfried Seume hat beobachtet, dass Gesang den Beelzebub austreibt. Mit nur zwei Zeilen aus einem Gedicht hat er sich ins Liedgedächtnis aller Sängerinnen und deren Publikum geschrieben:

Wo man singet, lass dich ruhig nieder,
Ohne Furcht, was man im Lande glaubt;
Wo man singet, wird kein Mensch beraubt;
Bösewichter haben keine Lieder. 

Ganz klar. Tänzerinnen und Tänzer haben Lieder und unter der Führung von Alex Franz Zehetbauer, dem talentreichen Oktopus, mit ihrem bewegten Konzert die köstlichste und originellste Vorstellung des Labels Parasol gezeigt.
Die fröhliche Probe: Der Chor samt dem Dirigenten hinten rechts. Bitte seine Schuhe zu beachten. Prinzessin dengling levine (vorne Mitte) singt und spielt mit Frühlingsfreude.. Am Ende gibt es für alle Kinder und Eltern ein Lullaby: Nicht zum Mond wollen wir fliegen, sondern nach Hause ins Bett.
Ergänzung: Mund an allen (Ecken und) Enden, macht auch Hunger. Für das sechsteilige Gesangsmenü steht eine aparte Speisekarte zur Verfügung. Zu Beginn ist den anwesenden „party girlz“ (sic!) ein pikantes „amuse gueule“ zugeeignet. Vor dem Night Cap wird noch eine Käseplatte serviert, „for the monsters“. Ich hoffe, es ist wie bei den Hexen, Trollen und Feen, es gibt solche und solche. Nur die lieben darf man füttern.

Alex Franz Zehetbauer / Parasol: Mouth at Each End. Ein Chor. 14. und 15. März 2025, Tanzquartier.
Konzept: Alex Franz Zehetbauer; Performerinnen: Carolina Cappelli, Snorre Elvin, Francesca Ferrari, dengling (鄧玲) levine, Ingeborg Meier Andersen.
Künstlerische und dramaturgische Beratung: Jen Rosenblit; Chorworkshop, dramaturgische Recherche: Henneliis Notton.
Fotos: © Neven Allgeier