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„Le Corsaire“ mit Denys Cherevychko

Denys Cherevychko (Conrad), Kiyoka Hashimoto (Médora).

Egal, ob das Programm weihnachtlich und kindgerecht ist oder eine wilde Raubersgeschichte: Das Publikum ist da, alle Plätze sind besetzt, das Wiener Staatsballett ist eine Attraktion. Und bei der ersten Vorstellung des dreiaktigen Balletts „Le Corsaire“, es war die 31. des Balletts von Manuel Legris, wurde niemand enttäuscht. Denys Cherevychko als Conrad, der Korsar, und Kiyoka Hashimoto als seine Geliebte, Médora, rissen das Publikum von den Sitzen, animierten den Stehplatz zu Bravo-Rufen.

Besonders im Grand Pas des zweiten Aktes, im Schlafzimmer von Conrad, war das Paar nahezu entfesselt. Furios fegte Cherevychko über die Bühne, Hashimoto brillierte als ebenso anschmiegsame wie kampfeslustige Liebende.

Mihail Sosnovschi (Lanquedem) im Applausregen.Natascha Mair ist eine delikate Gulnare mit makelloser Technik. Choreograf Legris lässt ihr in der Rolle mehrere Gestaltungsmöglichkeiten, am Ende verrät sie sogar ihre Freundin, die der Sklavenverkäufer Lanquedem (Mihail Sosnovschi) mit kräftigen Sprüngen entführt hat, und  im Harem des würdevollen Pascha (Eno Peçi, kürzlich mit dem Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst geehrt) gelandet ist. Der Pascha kann sich trollen, während Gulnare von den Piraten die Messer an die Kehle gesetzt werden. Blut aber fließt keines, schließlich ist die friedliche Zeit angebrochen.

Masayu Kimoto und Alice Firenze sind ein schwungvolles und vor allem im 1. Akt auch fröhliches Paar (Birbanto und Zulméa), das im 2/4 und 3/4 Takt die Zuschauer*innen zu Applausorgien hinreißt. Zulméa verführt mit gelüpftem Röckchen den Piraten Birbanto, Alice ebenso das Publikum. Mit hinreißender Energie: Alice Firenze und Masayu Kimoto (Zulméa, Birbanto)Dass der „Pas des Forbans“ (der Piratentanz) zur beschwingt-rhythmischen Musik von Cesare Pugni doppelt so heftig einschlägt als gemeinhin, ist der Verve und Tanzfreude von Firenze und Kimoto zu verdanken. Und wenn die Solist*innen ihren Einsatz und die glänzenden Früchte ihrer (und der Ballettmeister*innen ) Arbeit so nimmermüde zur Schau stellen, dann wird auch das Corps – Sklavinnen und Haremsdamen, Piraten und Sklavenhändler und allerlei Begleiterinnen und Begleiter – mitgerissen. Mit den Elev*innen der Ballettakademie ist zur Musik von Léo Delibes auch ein tatsächlich animierter Garten („Jardin animé“) entstanden, in dem sich auch die drei Odalisken (Elena Botaro, Anita Manolova, Madison Young) anmutig bewegen.

Kiyoka Hashimoto brilliert als Médora.Anmutig bewegt sich auch das Orchester der Staatsoper, geleitet von Valery Ovsyanikov durch Adagio und Allegro, Walzer und Galopp aus einen Konglomerat an Partituren. Die Originalmusik von Adolphe Adam wird ergänzt durch Werke von Adams Schüler Léo Delibes (Odalisken Trio, Jardin animé), dessen Ballett „Coppélia“ in dieser Saison vom Staatsballett in der Volksoper getanzt wird. Aber auch Pugni, Drigo und einige Gelegenheitskomponisten, deren Namen ich noch nie gehört habe, dürfen mitmischen. Ballettkorrepetitor Igor Zapravdin hat manches Stückerl entdeckt und die Musik zusammengestellt. Natascha Mair, liebliche Blume im lebendigen Garten Le jardin animé, (Divertissement im 3. Akt). Für den Grand Pas de deux von Médora und Conrad, engagiert er drei verschiedene Komponisten, und für den zweiten Pas de deux im 2. Akt mischt er ein drittes Mal Notenblätter von Léo Delibes in das Puzzle, was sich zwei Jahre als fatal erweisen sollte. 2018 hat sich Legris noch einmal als Choreograf ausprobiert und Delibes „Sylvia“ mit dem Staatsballett einstudiert. Nur, die schöne Musik für den Pas de deux war bereits verbraten. Zapravdin hat auch dafür flink eine Lösung gefunden. Dirigent Ovsyanikov und das Orchester lassen sich durch nichts irritieren, wechseln den Rhythmus und die Takte, sind einschmeichelnd sanft und taktvoll wild. Der Gesamtgenuss war garantiert.

„Le Corsaire“, Ballett in drei Akten. Choreografie: Manuel Legris nach Marius Petipa und anderen. Bühnenbild und Kostüme: Luisa Spinatelli; Licht: Marion Hewlett. Dramaturgie und Libretto: Manuel Legris und Jean-François Vazelle nach Lord Byron, Jules-Henri Vernoy de Saint-Georges und Joseph Mazilier. Musik: Adolph Adam und viele andere. 31. Aufführung, 21. Dezember 2019, Wiener Staatsballett in der Staatsoper.
Weitere Vorstellung: 23., 28., 29. Dezember 2019. 3. Jänner 2020. Offiziell sind alle vier Vorstellungen bereits ausverkauft.
Insgesamt hat Manuel Legris erste Choreografie, „Le Corsaire“, zum Ende dieser Saison und seines Wirkens als Wiener Ballettchef 34 Aufführungen in Wien erlebt.
Fotos: AshleyTaylor. © Wiener Staatsballett / Ashley Taylor