Die dritte Geschichte über Avi Avraham als introvertierten, unsicheren Ermittler ist weniger ein Kriminalroman, als ein doppeltes Psychogramm. Avi Avraham ist Chefermittler geworden, ringt mit der neuen Verantwortung, ist von Zweifeln und Schuldgefühlen geplagt. Zugleich wird von Mali, Mutter zweier Töchter und Ehefrau von Cobi, der sich immer mehr abkapselt, erzählt. Es dauert eine Weile, bis sich die beiden Lebenswege kreuzen. Der Autor nimmt jeweils die Perspektive der beiden zentralen Personen ein. Das stellt die Erzählung auf einen unsicheren Boden, so genau, woran man ist, weiß man selten.
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Mit zahlreichen Rollendebüts wartete auch die 2. Vorstellung des wieder aufgenommenen Balletts „Raymonda“ von Rudolf Nurejew nach Marius Petipa auf, allen voran Olga Esina in der Titelrolle – ein hinreißendes Rollendebüt der Ersten Solotänzerin, ein großer Auftritt nach ihrem Karenzurlaub. Trevor Hayden und Tristan Ridel aus dem Corps de Ballet präsentierten sich, sauber und synchron, zum ersten Mal als unternehmungslustige Troubadoure. Als deren Partnerinnen entzückten, wie immer, die Solotänzerinnen Ioanna Avraam und Alice Firenze. Alena Klochkova, Halbsolistin und langjähriges Mitglied des Wiener Staatsballetts, trat als Gräfin Sibylle, Tante der Raymonda, in Erscheinung und tanzte entsprechend mit Igor Milos als König von Ungarn auch im ungarischen Tanz die Solovariation. Die junge Halbsolistin aus der italienischen Riege Elena Bottaro gefiel mit Rikako Shibamoto im Grand Pas classique hongrois.
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Alls Höhe- und Schlusspunkt des großen zaristischen Balletts wird das abendfüllende Ballett von Marius Petipa gefeiert. Rudolf Nurejew hat die Choreografie für Paris eingerichtet, danach wurde sie in Wien übernommen. Ballettdirektor Manuel Legris hat den erfolgreichen Ballettabend – 40 Mal war er von 1985 bis 1999 an der Wiener Staatsoper zu sehen – neu einstudiert und damit 2016 auch einer neuen Generation von Ballettfans Freude bereitet. Ab 9. März 2018 tanzen Raymonda und ihr Bräutigam Jean de Brienne acht mal bis zur Hochzeitsnacht.
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Tom Saller ist kein ganz junger Mann mehr und hat doch ein Debüt zu feiern. Er hat seinen ersten Roman geschriegben und hat mich schon mit wenigen Sätzen überzeugt, dass er nicht nur erzählen kann, sondern auch Stilbewusstsein und feinen Humor hat. Nach dem Schulabschluss hat er Medizin studiert und ist nun Psychotherapeut in der Nähe von Köln. In seiner Freizeit macht er Musik, meist auf dem Saxophon. Der Debütroman ist eine Überraschung, und voller Überraschungen steckt auch die Geschichte von Martha, die der 50jährige zu erzählen hat.
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Um den Wiederhall, den wir in der Gesellschaft (nicht) mehr finden, geht es dem Tänzer und Choreografen Michael Turinsky in seinem Stück „Reverberations“. Mit zwei Tänzern und einer Tänzerin zeigt er im Tanzquartier sparsame, bedachtsam gesetzte Bewegungen, bis sich das Trio zu einem einzigen Körper mit sechs Beinen vereint. Die Bühnenausstattung, das wechselnde Licht und die in silberglänzenden Hüllen steckenden Körper verwachsen mit dem hämmernden Beat zu einem Raum der Solidarität. Turinsky tanzte diesmal nicht selbst, betrachtete sein Tanzstück gespannt aus der Zuschauerreihe, bis ihn, nachdem die Lichter erloschen waren, das begeisterte Publikum vor den imaginären Vorhang gerufen hat.
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Die Hip-Hop Tänzerin Farah Deen beeindruckt mit ihrem ersten Solo. Schon der poetische Titel: „The Sky above, the Mud below / Oben der Himmel, unten der Dreck“ klingt verlockend. Sie hat ihn einem französischen Dokumentarfilm über die Bevölkerung von Papua-Neuguinea entlehnt und für sich adaptiert, weil sie sich zwischen zwei Polen, sprich Religionen, bewegt, „aber immer noch auf ihren eignen zwei Beinen steht und sich selbst durchs Leben wühlen muss“. Gewühlt wird aber gar nicht, sondern mit großartiger Körperbeherrschung und differenzierten Bewegungen samt ausdrucksstarker Mimik gezeigt, wie man zwischen Extremen tanzt und immer dieselbe bleibt, auch wenn das Kostüm wechselt.
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Die Titelfigur in Cordula Simons jüngstem Roman ist ein Phantom. Der namenlose Erzähler wartet ebenso auf ihn, den Neubauer, wie die ganze ekelhafte Bobo- Yuppie- Clique. Am Ende ist er da oder doch nicht. Wie gesagt, ein Gehirngespinst. Simon lässt ihren Erzähler, auch kein besonders sympathischer Kerl, rasant und ohne jegliches Blatt vor Mund und Hirn vor sich hin plaudern, schimpfen, mosern, meckern. Er mag diese ganze Gesellschaft gar nicht, will aber dennoch dazugehören. Das funktioniert nur, indem er ziemlich hoch stapelt.
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iChoreography“, das klingt trendig, verständlich. Im Untertitel erfährt man mehr und auch Verwirrendes: „Kurort. Eine Therapie-Performance“. Magdalena Chowaniec & Valerie Oberleithner haben mit vier Jugendlichen eine verlockende Einladung ausgesprochen. Nicht Zuschauerinnen sind wir im Projektraum des WUK, sondern Teilnehmerinnen an einer fröhlichen, feinen Gemeinschaft, an Tanz und Therapie, an einem Erlebnis der besonderen Art. Eine ausgefallene und originelle Eröffnung des brut-Festivals „imagetanz“. Zehn Sterne!
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Das Thema liegt in der Luft, Sanja Tropp Frühwald hat es bearbeitet, Gisela Elisa Heredia und tanz.coop tun es auch: Durch die Lebensjahre der Frauen surfen. Zwei Uraufführungen an einem Tag. „Tiger Lilien“ im Dschungel, Heredias „Age Surfer’s Symhony“ im Kosmos Theater. So fetzig wie der Titel ist auch die Clubbing Atmosphäre , in die drei energiegeladene Tänzerinnen mit Begeisterung eintauchen. Akrobatik und Tanz, unterhaltsam und schwungvoll, nehmen auch das Publikum mit. Wer will sich nicht gern aufmuntern lassen, das Leben ist ohnehin viel zu ernst.
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Die Tiger Lilien, das sind sechs weibliche Wesen, Frauen und Kinder, die sich tanzend mit dem Alter, ihrem jetzigen, der vergangenen Jugend und dem Altwerden, auseinandersetzen und auch das Zusammenleben der Generationen versuchen. Schwungvoller Tanz, den Sanja Tropp Frühwald / VRUm Performing Arts Collective mit nicht professionellen Tänzerinnen einstudiert hat. Till Frühwald assistierte als Dramaturg. Die Aufführung im Dschungel war von jungen Mädchen wie auch von Burschen besucht. Sie alle folgten dem Tanz der Generationen mit Aufmerksamkeit und zeigten ihre Begeisterung mit reichlich Applaus. Schade, dass keine Gelegenheit für ein Publikumsgespräch war.
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