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Perikles Monioudis: „Frederick“

Autor Perikles Monioudis © dtv / Morvin Zilm

Natürlich ist es Fred Astaire, um den es in diesem Roman „Frederick“ geht. Oder auch: Er selbst, der große Tänzer, Choreograf, der auch gesungen und als Schauspieler agiert hat, geht um, ruht sich an manchen Stationen aus, verlässt andere, so schnell ihn seine flinken Füße tragen. Als sich das 20. Jahrhundert dem Ende näherte, hatte sich Frederick Austerlitz, genannt Fred Astaire,nach einer mehr als 70 Jahre währenden Karriere,  selbst überlebt. 

Geboren ist der längst zur Tanzlegende gewordene Star 1899 in Omaha / Nebraska. Sein Vater, Fritz Austerlitz, kam als Einwanderer mit jüdischen Wurzeln aus Linz im damaligen Österreich-Ungarn nach Amerika. Die angestrebte Künstlerkarriere blieb ihm versagt, der Sohn aber erreichte Glanz und Gloria.
Kaum den Windeln entwachsen, stand Frederick schon auf der Bühne. Die Mutter wollte ihn und seine drei Jahre ältere Schwester Adele zu Stars machen. Mit Adele ist ihr das nicht gelungen, als sie einen Adeligen, Lord Charles Cavendish, eingefangen hat, interessierte sie die Bühnenkarriere nicht mehr. Frederick musste es allein schaffen. Das ist nicht sofort gelungen. Ein Bonmot erzählt von seinen Anfängen als Solotänzer: „Er kann nicht singen, kann nicht schauspielern, hat eine leichte Stirnglatze, doch er kann ein wenig tanzen.“ Stimmt so weit, von Jugend an hat er sich wegen des schleichenden Haarausfalls, seiner „zu großen Ohren“ und der „spitzen Nase“ gegrämt. Die Mitarbeiterinnen litten an seinem Perfektionismus. Jeder Schritt, jede Handbewegung wurde immer wieder geprobt. Fred Asteire: "Nur ein Hoofer". © Edition Montparnasse

Tanzen, immer nur Tanzen.

Ein menschliches Schlagzeug wollte er mehr als einmal
sein, ein Stepptänzer mit der Präzision eines Drummers,
und das war er ja auch, Frederick, der Hoofer, wie man die
Stepptänzer und wie auch er selbst sich stets nannte; ein einfacher
Hoofer sei er, wurde Frederick nicht müde zu sagen,
wenn man ihn nach der Schönheit, der Vollendung seines Tanzes
fragte.

Ob auf der Bühne oder im Film: Er wollte tanzen, nichts Anderes als tanzen.

 Autor Monioudis begibt sich direkt in Fredericks Kopf und holt den Tod (oder ist es der Teufel?) als Berichterstatter herbei. Auch wenn die wichtigsten Fakten genannt werden, gleicht der Roman mehr einer Spurensuche, einer Wanderung durch Astaires Seelenlandschaft als einer Biografie. Der Unbekannte (oder doch ein alter Ego?) berichtet von der Freude am Tanz und der Angst vor dem Versagen und von einer Zeit, da „das Hässliche noch nicht zum Schönen verklärt“ wurde und die große Faszination der Eleganz und Ästhetik noch nicht verklungen war.  

Buchcover, dtvIn einer raffinierten Komposition, feinsinnig und stilistisch ausgefeilt, erzählt der Autor von Sein und Schein, von Hollywoodglamour und Selbstwahrnehmung. Und singt, an zur Melodie der alten Songs, wie „Cheek to Cheek  – I’m in heaven“ (Oscar 1936),  eine Hymne an die Kunst, also sie noch nicht vom Banalen infiziert war.

Perikles Monioudis, 1966 in Glarus/Schweiz geboren, zog nach dem Studium der Soziologie und Politologie an der Universität Zürich nach Berlin. Für seine in mehrere Sprachen übersetzten Romane und Erzählbände wurde er mit vielen Auszeichnungen bedacht, darunter der Preis des Schweizerischen Schriftstellerverbandes und der Conrad-Ferdinand-Meyer-Preis.

Perikles Monioudis. Frederick, dtv 2016. 224 S. € 20,50.