Akram Khan, weltberühmter Tänzer und Choreograf, hat mit dem English National Ballet das romantische Ballett „Giselle“ ins 21. Jahrhundert versetzt. Die Corona-Maßnahmen sind beendet, Tourneen und Gastspiele sind wieder möglich, das englische Ensemble zeigt im Festspielhaus Sankt Pölten das immer noch romantische Drama von Liebe und Verrat, Tarnung und Täuschung. Giselle lebt heute, ist kein naives Bauernmädchen mehr, sondern eine kämpferische Frau, leider arbeitslos, aber verliebt.

Mitdenken heißt es in der zweiten Saison von „Der Betrieb“, denn es geht um ein komplexes Thema: die Demokratie. In der ersten Saison beschäftigten sich die Mitglieder des Betriebs mit leibhaftigen Emotionen, plastisch und leicht verständlich. Nun wird es schwieriger. Der Focus der Arbeit liegt auf dem Wesen der Demokratie. Dieses soll mit dem bewegten Körper im Raum, also mit Choreografie, erforscht werden.

Passage – rehearsal for birthing and dying“ nennt Daphna Horenczyk eine Performance, in der fünf „Sterbliche“ über das Sterben, das Gebären und alles, was dazwischen sein könnte, nachdenken. Doch genau auf das Dazwischen hat man das Gefühl, Einfluss zu haben. Das Sterben und Geborenwerden kann ein Lebewesen kaum kontrollieren. Dennoch sollte niemand den Beginn und das unabwendbare Ende einfach negieren.

Preise und Ehrungen für Choreograf:innen und Tänzer:innen sind recht rar. In der Literatur gibt es so viele Preise und Listen (und Jurys), dass die Not, wen man heuer wieder auszeichnen soll, immer größer wird. Opernsänger:innen werden zu Kammersänger:innen erhoben, ein Titel, der offensichtlich noch aus der Monarchie stammt und nicht als Medaille am Ordensband hängt. Tänzer:innen und Choreograf:innen müssen sich mit Jubel und Applaus begnügen. Doch nun ist einer Choreografin und Tänzerin eine vergoldete Ehrung widerfahren. Liz King ist mit dem Goldenen Verdienstzeichen des Landes Wien ausgezeichnet worden.

Vorwort: Das war bisher unbekannt: Der Beruf der Tanzkritikerin ist gefährlich. Lieber nichts sagen, mit dem Schwamm drüber wischen, den Choreografen streicheln, sonst kommt der Hund ins Spiel. Was der hinterlässt wird zur Waffe, landet im Gesicht der Kritikerin. Also, aufgepasst, Zurückhaltung üben, das Herz lieber zur Mördergrube machen, als sich mit einem Hundswürstel beschmieren zu lassen. Es wurde übrigens vom eigenen Hund des 50 jährigen Angreifers, ohne den auch keine Probe stattfindet, produziert. Es ist kein Geheimnis, der Angreifer war der 50jährige Choreograf Marco Goecke, die Angegriffene die Tanzkritikerin der FAZ, Wiebke Hüster.

Exposition, Durchführung, Reprise, Coda. Eine Triosonate lässt sich tanzen, auch wenn die Musik nur im Kopf der drei Tanzenden ist. Das Publikum sieht die Musik. Der Choreograf und Tänzer Samuel Feldhandler hat sein Ballett, „Georgey tremble“, als Sonate entwickelt. Mani Obeya, Yari Stilo und Elizabeth Ward tanzen die drei Sätze. Eine gute Stunde lang sind sie nahezu permanent auf der Bühne im Tanzquartier. Gehen, drehen, springen, variieren, imitieren, addieren, repetieren – ein unaufhörlicher Fluss an Begegnungen und Trennungen. Die Anstrengung wird von der Poesie der Gesten und Schritte überdeckt.

Zaza Burchuladze, 50, ist ein georgischer Schriftsteller, der aus politischen Gründen mit seiner Familie nach Berlin emigriert ist. Er schreibt weiterhin auf Georgisch, Sybilla Heinze hat die atemlos hervorgesprudelte Philippika übersetzt. Allerdings richtet sich diese Tirade nicht gegen eine Person oder konkrete Missstände, sondern erzählt vom Verlust der Heimat, von Verzweiflung und immer wieder auch vom Schreiben. Wie ein Karussell dreht sich die Rede Zazas, also offenbar des Autors selbst, ständig im Kreis, kommt zu keinem Ende und fängt doch wieder von vorne an. Dieser Zaza ist beredt und gebildet, belesen und unglücklich.

Wie Politiker und Politikerinnen – diese sind naturgegeben die interessanteren Subjekte, was das Vestimentäre betrifft – mit ihrem Outfit umgehen, hat der Chefredakteur des Magazins Schaufenster der Tageszeitung Die Presse, untersucht und beschrieben. In „Staat tragen“ erzählt er über „das Verhältnis von Mode und Politik“, und was es da zu erfahren gibt, ist erhellend und manchmal auch recht amüsant. 

Ein beeindruckendes Bild, eine rätselhafte Installation: Kübel, Lavoirs, Becken aus unterschiedlichen Materialen, in allen Farben leuchtend und mit Wasser gefüllt, sind auf der Bühne platziert, dazwischen schlängeln sich Kabel und Drähte. „AyH“, das bedeutet „Finden“, nennt Alex Franz Zehetbauer sein live komponiertes Konzert, bei dem die Musik aus dem Wasser kommt. Gemeinsam mit dem Soundkünstler Christan Schröder und einem Hydrophon (Unterwassermikrofon) hat Zehetbauer unter Einsatz seines Körpers eine konzertante Performance geschaffen, die sich sehen und hören lassen kann. Ein vorweggenommener Valentinsgruß Anfang Februar im studio brut.

Mit dem 5. Band der Abenteuer der Privatermittler Sam Berger und Molly Blom beendet der schwedische Bestsellerautor Arne Dahl die Serie. Vielleicht ist es der Abschiedsschmerz, der den Ton gegenüber den vorangehenden Bänden etwas gemildert hat. Doch wie in allen seiner Kriminalromane nimmt Arne Dahl auch in „Null gleich eins“ keinerlei Rücksicht auf der Leser:innen Schlafbedürfnis. Das Tempo steigert sich von Abschnitt zu Abschnitt, zum Atemholen gibt es kaum eine Chance.

Zufälliges Zusammentreffen bedeutet nichts anderes als zufälliges Zusammentreffen. Koinzidenz eben, nicht Zusammenhang, keine Ursache mit Wirkung. Dass mir gerade jetzt, nach der Lektüre des „Tell“ von Joachim B. Schmidt, dieses Buch in die Hände gesprungen ist, ist also lediglich einem zufälligen Blick auf den Stapel der Ungelesenen zu verdanken. Dennoch bleibt die Erkenntnis, dass „Tell“ und „Junge mit schwarzem Hahn“ von Stefanie vor Schulte ungefähr in derselben Epoche spielen, als einige wenige geherrscht haben und viele hungrig und schmerzerfüllt auf dem trockenen Boden gekrochen sind. Auch der schnörkellose, harte, manchmal sogar kurzatmige Stil ähneln einander.

Der Ballettabend „Begegnungen“ besteht aus drei Choreografien, die unterschiedlicher nicht sein können. Eröffnet wird mit einer Choreografie von Alexei Ratmansky: „24 Préludes“ von Frédéric Chopin für Orchester bearbeitet von Jean Françaix, nach der ersten Pause folgt Andrey Kaydanovskiys jüngstes Werk: „Lux Umbra“ mit der Musik von Christof Dienz, eine Auftragskomposition. Auf die zweite Pause folgt ein großes Ensemble des Wiener Staatsballetts iund zeigt Martin Schläpfers jüngste  Choreografie „In Sonne verwandelt“ zu Ludwig van Beethovens Konzert für Klavier und Orchester Nr. 4. Ein anstrengender dreistündiger Abend.

Neues aus Choreografie und Performance steht auf dem Programm des traditionellen Frühjahrsfestivals im brut „Imagetanz“. Drei Wochen lang kommen nationale und internationale Künstler:innen ins brut nordwest, um ihre Werke zu zeigen. Sechs Uraufführungen, Studiobesuche und Künstler:innen-Gespräche sorgen vom 4. bis 26. März für ein abwechslungsreiches Festivalprogramm.

Der brave Mann denkt an sich selbst zuletzt“, oder auch „Verbunden werden auch die Schwachen mächtig.“ Die Zitate aus Friedrich Schillers Drama „Wilhelm Tell“ sind längst in den Sprachgebrauch übergegangen, doch der aufmüpfige Bauer Wilhelm Tell bleibt Papier, die Figur eines Dramas, eine eindrucksvolle Rolle für Schauspieler. Für Schweizer:innen ist er auch nicht viel lebendiger, ein Nationalheld eben, ein Denkmal. In Schulbüchern und auf Spielkarten konserviert. Mit seinem Roman „Tell“ haucht der Schweizer Autor Joachim B. Schmidt seinem Protagonisten Leben ein und zeigt einen Menschen, der eine Familie hat, für diese sorgt, doch sein eigener Herr sein will und sich nicht unterkriegen lässt. Doch „Allzu straff gespannt zerspringt der Bogen.“

Mit Schwung erscheint Denys Cherevychko als Herzog Albrecht auf der Bühne und leitet damit einen großartigen Abend ein, der ganz der in der Ballettschule der Mailänder Scala ausgebildeten Solotänzerin Elena Bottaro gehört. Mit ihrem Rollendebüt als Giselle bezaubert sie das Publikum und verführt auch den Dirigenten, Jendrik Springer, ihren sanften Bewegungen willenlos zu folgen. Diese 88. Aufführung des romantischen Balletts in der Choreografie von Elena Tschernischowa am 20. Februar gerät mit perfekten Blumenwürfen und jubelnden Kolleg:innen zum Fest.

Das Programm, das vom Komponisten Matthias Kranebitter am Flügel und der Tänzerin Eva-Maria Schaller in Bewegung geboten wird, ist Teil eines Zyklus von Bösendorfer. Dabei geht es natürlich zu allererst um Musik, Konzertmusik auf dem Klavier womöglich. Kranebitter dachte darüber nach, nicht nur den Ohren, auch den Augen Genuss zu bieten. Die langjährige künstlerische Zusammenarbeit mit Eva-Maria Schaller war die Lösung. In den „Reflexionen“ (Zyklustitel) mit Matthias Kranebitter und Eva-Maria Schaller wird eine Komposition von Kranebitter mit einer von Franz Schubert gepaart und die Kunst des Pianisten mit der einer Tänzerin. Am kommenden Montag um 19.30 Uhr wird im Reaktor mit Händen und Füßen, Herz und Hirn reflektiert.

Doppelte Freude: Der Zuschauerraum ist rappelvoll und auf der Bühne wird hohe Tanzkunst zelebriert, die von Liebe, Verrat und Rache erzählt. Die aufgefrischte Version der Choreografie von Elena Tschernischova lässt die Solistinnen und Solisten ebenso brillieren wie das Corps de Ballet, das sich in seltener Einigkeit präsentiert und in beiden Akten, da natürlich vor allem die Damen, keine Müdigkeit aufkommen lässen. Der Schlussapplaus war dementsprechend laut und langanhaltend.

Der Verein zur Rettung der Dinge, das sind Karin Bayerle und Peter Ketturkat, hat mit seinem Puppen- und Objekttheater einem Publikum jeglichen Alters schon mehrfach Entzücken und Erkenntnis gebracht. Mit dem Spiel „die Regentrude“ nach Theodor Storm ist dem Paar ein Meisterwerk gelungen. Mit Puppen und Objekten zeigen sie eine Parabel über Mensch und Natur, so amüsant wie tiefsinnig, ein Klimastück, ohne das Wort Klima zu benutzen.

Spyderling ist eine Figur, die es gar nicht gibt, oder der (die, das?) Spyderling versteckt sich einfach und falls er sich am Telefon meldet, so ist das nur ein Hirngespinst der erzählenden Person. Diese nennt sich Daytona Sepulveda und entwirft Brettspiele, was anscheinend in der Zeit, in der der Text des Jungautors Sascha Macht spielt, hoch in Mode ist. Der unsichtbare Spyderling hat die Elite der Spieleentwerfer und -entwerferinnen in sein riesiges Anwesen in Moldawien (im Buch Moldau genannt) eingeladen. Und dort hängen die Auserwählten nun herum und warten. Nicht auf Godot, aber auf Spyderling, der ebenso wenig erscheint wie der von Samuel Beckett erdachte Unsichtbare.

Werk 89 & Marionettentheater Schwandorf zeigen eine Schiffsreise. „Leinen los!“ lebt von den Puppen, bewegt und gesprochen von Michael A. Pöllmann, und dem wunderbaren Segelschiff aus Holz. Zwei Kinder spielen Hänschen klein und segeln in die weite Welt hinein, sie bleiben nicht allein, denn allerlei exotische Passagiere wollen mitsegeln. Premiere des märchenhaften Puppenspiels war am 11. Februar im Dschungel.

Mit dem erst in dieser Saison zusammengefügten Ensemble von Tanzlinz hat der indisch-australische Choreograf Ashley Lobo das Tanzstück „Buddha“ einstudiert. Buddha ist weder Gott noch Prophet, sondern einer, der erwacht ist und gelernt hat, den beschwerlichen Lebensweg, der nur von kurzen Glücksmomenten gelindert wird, mit Gleichmut zu ertragen. Sechs Tänzerinnen und sieben Tänzer zeigen bei der Premiere am 10. Februar in der Black Box des Musiktheaters mit Energie und Präzision ein rätselhaftes Stück, das beeindruckt, aber auch ermüdet und kaum zu entschlüsseln ist.

Zwei Uraufführungen und eine eigens für das Wiener Staatsballett erdachte Neueinstudierung einer Choreografie sind unter dem Allerweltsbegriff „Begegnungen“ zu einem dreiteiligen Ballettabend zusammengefasst. Getanzt hat das Wiener Staatsballett in der Volksoper. Alexei Ratmansky hat seine 2013 für das Royal Ballet geschaffene Choreografie „24 Préludes“ (von Frédéric Chopin) für Wien adaptiert; Martin Schläpfer lässt ein großes Ensemble zu Ludwig van Beethovens Konzert für Klavier und Orchester Nr. 4 G-Dur tanzen und dazwischen ist ein neues Werk von Andrey Kaydanovskiy eingeklemmt: „Lux Umbra“ zur Komposition von Christof Dienz. Gerrit Prießnitz dirigiert das Orchester der Wiener Volksoper.

Aufruhr unter den Naturwissenschaftlern, Archäolog:innen und Anthropolog:innen müssen sich mit „Einer neuen Geschichte der Menschheit“ auseinandersetzen. David Graeber, ein Publizist und Kulturanthropologe, und der Archäologe David Wengrow wittern Morgendämmerung und haben unter dem Titel „The Dawn of Everything. A New History of Humantiy“ ein dickes Buch verfasst, in dem sie beweisen, dass die Geschichte der Menschheit umgeschrieben werden muss. Die akribische Recherche samt aufregender Beweisführung ist von einem Dreierteam eilig übersetzt worden und Ende Jänner im renommierten Verlag Klett-Cotta mit dem Titel „Anfänge. Eine neue Geschichte der Menschheit“ erschienen.

Seit dem 3. November 2020 dürfen in Österreich keine Veranstaltungen durchgeführt werden. Esther Holland-Merten und Ulli Koch (WuK performing arts) haben Menschen aus der freien Tanz-, Theater- und Performanceszene gefragt, was für sie mehr als 100 Tage Veranstaltungslockdown bedeutet. Die Viertelstunde der Statements von Tänzer*innen, Performer*innen, Techniker*innen, Manager*innen, Regisseur*innen, Produktions*leiterinnen und vielen anderen, die in der freien Szene auf und hinter der Bühne arbeiten, sind auf Vimeo zu sehen.

Zwischen Natur und Kunst, Ironie und ernsthaften Missionierungsversuchen, zwischen Spruchweisheiten und erdiger Erotik pendelt Thomas Sautners neuer Roman mit dem irritierenden Titel: „Die Erfindung der Welt.“ Irritierend, weil die Welt ja schon da ist und nicht erst erfunden werden muss, sie kann bestenfalls vermessen werden, aber diesen Titel hat bereits Daniel Kehlmann beansprucht. Und bei ihm ist auch drinnen, was draufsteht.

Der in seiner Heimat Italien überaus erfolgreiche Autor Marco Missiroli hat auch mit seinem 6. Roman wieder einen Bestseller geschrieben. „Treue“ schildert eher Formen der Untreue vor allem in der Ehe. Originell ist das Thema nicht gerade, und die Kälte, mit der Missiroli als allwissender Beobachter des Ehepaares Carlo und Margherita beschreibt, lässt jegliche Dramatik und auch Originalität vermissen. Man hält bis zum Ende durch, wie Margherita an ihrer langweiligen Ehe festhält, weil man wartet, dass etwas passiert. Enttäuscht klappt man die Dutzendware zu.

Am 13. Februar 2021 wollte Ballettchef und Choreograf Thierry Malandain mit seinem Ballet Biarritz im Festspielhaus Sankt Pölten seine jüngste Kreation, das Ballett „Marie Antoinette“ zeigen. Covid-19 hat’s verhindert, die 80 Minuten von der Hochzeit der Tochter Maria Theresias mit dem französischen Thronfolger, dem späteren König Louis XVI, bis zum Poltern des Fallbeils, können jedoch bis Montagmorgen, 15.2., als Videoaufzeichnung auf festspielhaus.at betrachtet werden.  Eine Aufzeichnung gibt nicht wirklich wieder, was der Choreograf  zeigen wollte, sie ist weniger für den Genuss des Publikums gedacht als für dessen Information oder für die Ablage im Archiv. Ein Surrogat, dem Atmosphäre, Tiefe und Wärme fehlt.

After the End and Bevore the Beginning” ist eine von toxic dreams in Zusammenarbeit mit dem Theatermuseum und der Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste erstellte Videoinstallation, in der in fiktionaler Fortschreibung dessen, was in einem Film, einem Roman oder einem Theaterstück nicht zu sehen ist, gezeigt wird. Die Protagonistinnen einer Handlung steigen in ein Auto und schwätzen mit dem Chauffeur. Erzählen, wie sie vor den uns bekannten Ereignissen gelebt haben, oder was danach geschehen ist. Bis 31. Mai 2021 sind die neun Kurzfilme im Theatermuseum zu sehen.

An allen Sonntagen im Februar lädt brut zur Reihe Sunday Screenings ein. Zu sehen sind Videopremieren und Artist Talks der Künstler*innen Jan Machacek & Oliver Stotz, Oleg Soulimenko & Jasmin Hoffer, Claire Lefèvre und Frans Poelstra. Das komplette Sunday Screening Programm wird bei freiem Eintritt auf der Website www.brut-wien.at gezeigt.

Mit ihrem Solo „my body, … revisited“ macht Deborah Hay, eine der einflussreichsten Tänzerinnen und Choreografinnen des amerikanische postmodern dance, klar, dass einmal Tänzerin immer Tänzerin bedeutet. Die Jahre, bei Hay sind es 79, spielen dabei nur eine untergeordnete Rolle. Mit ihrer Choreografin und Lehrerin können die vier jungen Tänzerinnen und der Tänzer in „Animals on the Beach“ nicht konkurrieren. Im gut besuchten Tanzquartier / Halle G beobachtete das Publikum geduldig die spröden, stoisch ausgeführten Bewegungen. Dankt dem Quintett am Ende artig, spendet auch der weithin verehrten Solistin eher verhaltenen Applaus.

Der schwedische Choreograf und Filmemacher Pontus Lidberg studiert mit dem Wiener Staatsballett ein neues Ballett: „Between Dogs and Wolves“, ein. „Between Dogs and Wolves“, eine Uraufführung, umrahmt von Movements to Strawinsky” von András Lukács und Nacho Duatos „White Darkness”. Der Abend, schlicht „Lukács | Lidberg | Duato” benannt, ist die letzte Ballettpremiere der Ära Manuel Legris in der Staatsoper.

Anna Mendelssohn ist ab 12. März in der Produktion „Oceans of Notions (swimming)“ von Anna Maria Nowak im Wiener WUK zu sehen. Daneben ist sie seit 2004 Ensemblemitglied von toxic dreams, spielt derzeit am TAG und schließt nächstes Jahr ihr Studium der systemischen Familientherapie ab. Geboren ist sie als Tochter des Psychoanalytikers Felix des Mendelssohn und der Theaterschaffenden Jutta Schwarz in Wien. Über ihren beruflichen Weg erzählt sie im Gespräch mit Angela Heide.

Das Christkind hat seine Pakete abgelegt, von dem, was drinnen war und Kinder beglücken sollte, ist vieles bereits in einer Ecke gelandet und wird nicht mehr beachtet. Demnächst leert der Osterhase seinen Korb aus, in dem sich nicht nur Schokoladeeier befinden, sondern auch Autos und Zuggarnituren, Rennbahnen, Puppen und möglicherweise auch ein Smart-Gerät. Auch von diesem Spielzeugberg wird vieles bald vergessen sein. Der bekannte Hirnforscher Gerald Hüther und der Autor André Stern fragen, ob wirklich Materielles, schnell Gekauftes das Richtige ist, wenn Eltern und Großeltern ihren Kindern und Kindeskindern Wertvolles schenken wollen.

Der Tänzer und sein Abbild, der Videokünstler und das Auge der Kamera: Georg Blaschke und Jan Machacek nennen ihre dritte gemeinsame Arbeit „ani–male“. Ein Kunstwort, das unterschiedlich zu lesen ist. Auf Englisch gehört, könnte es „irgendein Mann / jeder Mann“ heißen. Oder kommt es aus dem Lateinischen und bedeutet Tierwesen? Nicht wichtig: Sowohl der Mann wie das Tier sind im Raum, die von Machacek gesteuerte Kamera fängt den Körper ein, verdoppelt und fragmentiert ihn, beobachtet jede Bewegung, beleuchtet jede Pore. Sound, Videobilder und der Tanzkörper werden zu einer untrennbaren Einheit, wenn der Videokünstler Jan Machacek mit dem Tänzer Georg Blaschke zusammenarbeitet. Am 20.2. war Premiere des neuen Spiels im studio brut.

Das brut Stammhaus ist endgültig verloren, doch die Institution brut wird bestehen, ist Intendantin Kira Kirsch sicher und schickt Künstler*innen und Publikum als Nomad*innen durch die Stadt. Das kommende Festival, „imagetanz“, startet im Ankersaal in Favoriten und endet im KunstBogen, unter der U-6 Station Gumpendorferstraße. Dazwischen liegen die temporären brut-Stationen. Fünf Uraufführungen, fünf österreichische Erstaufführungen, Studio-Besuche, Diskussionen, ein offenes Workshop und am Ende eine wilde Party, bei der die Hüllen fallen. Das ausufernde Programm ist samt Daten und Fakten ist auf brut.at zu finden.

Drei Ballette von drei britischen Meisterchoreografen werden an dem abwechslungsreichen Abend, der die Namen der Schöpfer als Titel trägt, geboten. Die Premiere dieser Trilogie hat am 31. Oktober 2017 stattgefunden. Jetzt ist der britische Abend nach der Vorstellung am 17.2. noch zweimal zu erleben. Mit tänzerischer Virtuosität erfreuen alle drei Stücke.

In der Gaststätte herrscht eine ausgelassene Stimmung, Männer bewegen sich mit Biergläsern in den Händen zu Klassikern des Brit-Pop und -Rocks. In stürmischen Gruppenszenen kommt es immer wieder zu Kämpfen zwischen den Männern, wie auch intimen Annäherungen und leidenschaftlichen Umarmungen. In diesen vielschichtigen Spielen werden die Codes von Männlichkeit definiert: Wie weit kann ich gehen, ohne dass es dem Anderen zu viel wird? Wo endet das Spiel, wo beginnt die Grenzüberschreitung? Das Spiel der zärtlichen Liebkosungen und brutalen Attacken besteht darin, die unsichtbare Grenze von Hetero- und Homosexualität auszutanzen.

Wie seit 31 Jahren findet auch heuer das renommierte Osterfestival Tirol in den letzten zwei Wochen vor Ostern statt. Am 27. März wird das Festival mit einer Tanzperformance im Salzlager / Hall i. T. eröffnet und nach dem reichen Programmangebot von Alter und Neuer Musik, Gesprächsrunden und Filmen mit „The show must go on“, dem Tanzklassiker von Jérôme Bel, beendet. 20 Tiroler Performer*innen, Profis und begeisterungsfähige Laien, bewegen sich zu ebenso vielen Liedern aus 30 Jahren Popgeschichte und scheren sich wenig um die Bühnenkonventionen. Ein Fest, das den Tanz und das Ende der Fastenzeit feiert.

Der schöne Titel, ein Zitat aus Homers „Odyssee“, muss genossen werden: „Sing no more this bitter tale, that wears my heart away“ / “Erzähle mir nicht mehr diese traurige Geschichte, die mein Herz zernagt“. Mit vier Tänzer*innen zaubert Nikolaus Adler ein Stück mit doppeltem Boden und mehreren Ebenen auf die Bühne. In der Ausstattung von Ariane Isabell Unfried tanzen und arbeiten Etienne Aweh, Laura Fischer, Katharina Illnar und Chris Wang. Die Uraufführung im WuK hat gezeigt, dass jede(r) diese Reise des Odysseus auf eigene Art lesen, durch eigene Assoziationen interpretieren kann. Und wem gar nichts einfällt, die / der darf schlicht in die getanzte Geschichte und die wechselnden Bilder eintauchen.

Zum neunten Mal ermittelt Kommissar Bodo Völxen in Hannover. Ein bekannter Journalist liegt auf einer Gstettn am Rand der Stadt. Die Liste der Verdächtigen ist lang, und, wie es sein soll, bleibt am Ende ein Name übrig. Doch trotz des schwer zu lösenden Falls sind Mischkes Hannover-Krimis pure Erholung. Man trifft alte Bekannte wieder und besucht am Abend mit Völxen seine Schafe und bewundert den Sonnenuntergang, und vergisst ganz, dass es einen Mord aufzuklären gilt.

Der mit dem österreichischen Filmpreis 2017 ausgezeichnete Kinofilm „Die Nacht der 1000 Stunden“ von Virgil Widrich ist jetzt mit einem Polster im Rücken und hochgelagerten Beinen zu genießen. Von youtube ist dieser cineastische Leckerbissen in voller Länge herunter zu laden. Das bisserl Werbung zwischendrin ist nötig, um neues Popcorn zu holen.

Sing no more this bitter tale“, dieses so poetisch klingende Zitat gibt der neuen Choreografie von Nikolaus Adler, der mit seiner Tanz-Performance „Balthazar“ das Publikum begeistert hat, den Titel. Es ist ein Zitat aus der Odyssee, gemeinhin Odysseus selbst zugeschrieben, doch bei genauem Nachlesen, von Penelope, seiner geduldig auf den Abenteurer wartenden Gattin, gesprochen. Am 14. Februar hat die Mär von den Irrfahrten des Odysseus und seiner Heimkunft Premiere im WuK.

Fünf zeitgenössische Stücke einmal pro Monat. Das Eventformat Craft Choreography #5, ins Leben gerufen vom Tänzer und Choreographen Hygin Delimat, dient der Förderung des zeitgenössischen Tanzes und vermittelt kostenlos hochwertigen Tanz für ein aufgeschlossenes Publikum. Für Craft Choreography #5 wurden 80 Ideen eingereicht, eine Mischung aus unterschiedlichen Stilrichtungen, und am 6. Februar im Brick-5 aufgeführt.

Die Magie der Nacht. „Nachtfalter“, eine Koproduktion von werk89, Kuskus Art Production & Puppentheater Maribor, ist eine musikalische Performance, die Kindern wie Erwachsenen die Furcht vor den unheimlichen Geräuschen der Nacht nehmen soll. Mit lebensgroßen Figuren, Schattentheater und einer Darstellerin hat das zauberhafte Stück nach der Uraufführung in Maribor im Dschungel Wien Premiere gefeiert.

Der Titel sagt es schon, die russische Filmemacherin Alla Kovgan beschäftigt sich mit dem großen Choreografen und Erneuerer des Tanzes Merce Cunningham (1919–2009). Allerdings lediglich mit seinen Anfangsjahren, bevor er die Berühmtheit und den ikonischen Status erlangt hat. Kovgan hat trotz akribischer Recherchearbeit keinen reinen Dokumentarfilm gedreht, sondern seine Choreografien zwischen 1942 und 1972 von jungen Tänzer*innen neu aufführen lassen, eindrucksvolle Orte gefunden und das bunte Spektakel in 3D auf die Leinwand gebracht. Ein Film, der die Freude am Tanz und Cunninghams neue Ideen und Experimentierfreude glamourös in Szene setzt.

2017 hat das Theater brut seine Räume verloren. Tapfer hat sich das Leitungsteam auf Wanderschaft begeben und an unterschiedlichen Orten den Spielbetrieb aufrecht erhalten. Nach drei Jahren Obdachlosigkeit beschlossen die Investoren des renovierten Künstlerhauses, den französischen Saal selbst zu benutzen und haben das brut delogiert. Das Kapital schafft an.

Die vielfach ausgezeichnete österreichische Autorin und Regisseurin Sabine Derflinger erinnert an eine Ikone der Frauenbewegung, die Staatssekretärin und spätere Bundesministerin für Frauenangelegenheit Johanna Dohnal (1939–2010). Akribisch recherchiert und präzise inszeniert, erfährt eine Generation von Frauen, denen „die Dohnal“ kein Begriff mehr ist, von einer tapferen, unbeirrbaren feministischen Politikerin, die sich in der Macho-Gesellschaft der 1980 / 1990er Jahre durchzusetzen vermochte. Ein wichtiger Film, nicht nur für Frauen.

Was bleibt für heutige Tänzerinnen von der Tanzmoderne der 1920er Jahre in Deutschland und Österreich? Welche Wirkungen haben Hexen- und Teufelstänze auf die Tanzenden 2020? Brisante Fragen, die sich die Tänzerin / Choreografin Elizabeth Ward schon seit ihrer Ausbildung stellt. Im Tanzquartier blickt sie nun mit Ana Threat und Julia Zastava zurück auf die Tanzgeschichte, und zeigt wie eng der Ausdruckstanz (und nicht nur dieser) ein Ausdruck der Gesellschaft und eine Reaktion auf die Politik ist. Erinnerung, Rückblick und Analyse verschmelzen zu einem intensiven Ballett.

Roman Polanski erzählt, kühl und geradlinig den verbürgten Tatsachen folgend, von einem Justizskandal, der in den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts die französische Politik erschüttert hat. Es geht um die Dreyfus-Affäre. Doch steht in Polanskis dokumentarischem Film nicht der zu Unrecht von einem Kriegsgericht wegen Spionage verurteilte jüdische Offizier Alfred Dreyfus im Mittelpunkt, sondern der Aufdecker der Fälschungen, Vertuschungen, Intrigen und Falschaussagen, Oberstleutnant Marie-Georges Picquart (1854–1914), der 1895, wenige Monate nach der Verteilung und demütigenden Degradierung, die Leitung des Auslandsnachrichtendienstes (Deuxième Bureau) übernommen hat und den wahren Täter enttarnen wollte.

Ein gefühlvoller, nobler Prinz, eine zauberhafte Odile, eine verführerische Odette und viele anmutig flatternde Schwäne. Die Aufführung des Balletts „Schwanensee“ in der Choreografie von Rudolf Nurejew am 25. Februar war ein bewegendes Erlebnis. Dirigent Paul Connelly zelebriert mit dem Staatsopernorchester Peter. I. Tschaikowskis Musik als emotionales Schaumbad, festlich, aufwühlend, elegisch und wehmütig. Musik, die man sehen kann.

Feiert das Leben! Auch im Angesicht des Todes! Alain Platel brachte mit seiner Compagnie „Les Ballets C de la B“ zur Musik von Fabrizio Cassol nach Mozarts Requiem das Stück „Requiem pour L.“ nach St. Pölten. Afrikanische Musik und Lebensfreude vor einem Film, der eine Sterbende zeigt. Welch eine Herausforderung für den Umgang mit dem Tod!

Der Choreograf und Tänzer Georg Blaschke und der Medienkünstler Jan Machacek arbeiten seit einigen Jahren gemeinsam an der Präsentation und Darstellung des menschlichen Körpers und seiner Reproduktion. Das neue Werk, „Bodies and Accidents“ ist von den Körperbildern des britischen Malers Francis Bacon (1909–1992) inspiriert und eine „künstlerische Reaktion“ auf Bacons Werk. Die Uraufführung ist im brut / Semper Depot (Atelierhaus der Akademie der Bildenden Künste) mit Begeisterung aufgenommen worden.

Nicht Musik, sondern Geräusche bilden im neuen Stück von Chris Haring / Liquid Loft den Klangraum, in dem sich acht ausgezeichnete Tänzer*innen wie Automaten bewegen. Mit „Models of Reality“, am 21. Februar im Tanzquartier uraufgeführt, setzt Haring die Reihe „Foreign Tongues“ fort, bemüht nicht nur die Sprache der Dinge, wie Knirschen, Knarren, Quietschen, sondern auch Wortfetzen und ein wenig Musik, komponiert und kompiliert von Andreas Berger. Bestechend sind nicht nur die Ausführenden, sondern auch der Raum aus Licht, den Thomas Jelinek gebaut hat. Dennoch lässt mich die Vorstellung ratlos zurück, erschließt sich mir nicht wirklich.

Ein begeistertes Publikum hat sich am 19. Februar für eine gelungene Aufführung, es war insgesamt die 239. in der ganz der Musik von Peter I. Tschaikowski vertrauenden Choreografie von Rudolf Nurejew, nicht bei den beiden Solisten, Nina Poláková und Denys Cherevychko­, sondern auch beim Corps de ballet und dem Dirigenten Paul Connelly lautstark bedankt. Poláková und Cherevychko haben wunderbar miteinander harmoniert, auch wenn beide erst im 3. Akt so richtig in Schwung gekommen sind.

Thomas Sautner versteht zu erzählen und verwandelt im neuen Roman, „Großmutters Haus“, das Banale ins Märchenhafte, Steine in Dichtung. Die Handlung ist einfach: Die Studentin Malina erhält von ihrer Großmutter unerwartet ein Paket mit erstaunlichem Inhalt. Sofort beschließt sie, die von der Familie totgeschwiegene Großmutter in ihrem Haus im Waldviertel aufzusuchen. Diese Großmutter stammt nicht aus dem Bilderbuch, sie ist eine wahrhaft unwürdige Greisin.

Großer Applaus für die Nikisha Fogo, die erst im Herbst 2018, nach der Premiere des Balletts „Sylvia“, in dem sie die Titelrolle kreiert hat, zur Ersten Solotänzerin ernannt worden ist, und am 19. Februar, in der 6. Vorstellung von „Coppélia“ in der Volksoper die Rolle der Swanilda getanzt hat. Ihr Partner war Richard Szabó.

Sie sind erschöpft, nahezu erstarrt, traumatisiert, wovon weiß man nicht genau. Drei Menschen, eine Frau und zwei Männer, treiben im Meer dahin, klammern sich an ein aus Treibgut gebildetes schwankendes Schiff. Versuchen, sich aufzurichten, fallen wieder um, bleiben wie paralysiert liegen, wissen nicht, dass sie zu dritt sind. Allmähich aber kommen sie zu sich, registrieren einander, nehmen Kontakt auf, nicht durch Sprache, aber durch Berührungen, die immer inniger werden.

Als Jubiläumsfestival geht heuer imagetanz im extralozierten brut über die Bühne. Seit 30 Jahren gibt es das Festival für neue Positionen aus Choreografie und Performance. Das Festivalzentrum ist diesmal – das brut-Stammhaus ist immer noch eine Baustelle – im Atelier Augarten. Uraufführungen finden auch im Studio brut und im Dschungel statt.

Mit ihrem Puppen- & Objekttheater präsentieren Karin Bayerle und Peter Ketturkat diesmal einen Zirkus, in dem ein kleiner Clown nach oben, am besten auf den Mond, klettern will. Die poetische Produktion ist für Zuschauer*innen ab 4 geeignet, die Uraufführung ist am 15. Februar im Dschungel gefeiert worden.

Die belgische Künstlerin zaubert mit „Mystery Magnet“ eine bunte, rätselhafte Show auf die Bühne. Am 15. Februar war das aufwändige Werk, das 2012 in Brüssel uraufgeführt und seitdem mehr als hundert Mal in aller Welt gezeigt worden ist, im Tanzquartier zu sehen. Eine Arbeit, die alle Grenzen sprengt, sich nicht einordnen lässt und genau deshalb begeistert.

Mit 45 Produktionen mit 430 Künstler*innen aus 19 Ländern, davon 10 Uraufführungen, füllt der neue Intendant der Wiener Festwochen Christophe Slagmuylder die neun Festwochen von 11.Mai bis 16. Juni. Er hat es leicht und schwer zugleich gehabt. Leicht, weil es nach Thomas Kierhofer-Zin, der nach nur zwei Spielzeiten das Intendanten-Handtuch geworfen hat, keine große Kunst ist, ein sinnvolles Programm zu präsentieren. Schwer aber, weil Slagmuylder nur ein knappes Jahr gehabt hat, um seine Visionen zu verwirklichen. Bei der Programmvorstellung im Studio Molière  am 14. Februar wirkte er dennoch frisch und ausgeschlafen.

Siruan Darbandi und Kajetan Uranitsch, zwei Drittel der Kompanie Freispiel, packen ihre „Siebensachen“ und zeigen Kindern ab 7, dass die Dinge die Sprache ersetzen und Gefühle wecken können. Dass Objekte nicht immer sind, was sie scheinen, ist sowieso klar. Die Uraufführung des neuen Stückes von Freispiel hat die Kinder der Premiere in Dschungel am 12. Februar zu fröhlichem Gelächter verführt.

Inspiriert von der Lebensgeschichte des weltbekannten Tänzers Carlos Acosta, hat die1968 in Spanien geborene Schauspielerin und Regisseurin Icíar Bollaín einen mitreißenden Film über die außergewöhnliche Karriere des Tänzers und seine Heimat Kuba gedreht. Den erwachsenen Tänzer spielt Carlos Acosta selbst, das Kinderich von „Yuli“ wird von dem damals zehnjährigen Edilson Manuel Olbera Nuñez verkörpert, ein Bub zum Abbusseln. Dagegen fällt KeyvinMartínez, der den jugendlichen Carlos spielt, deutlich ab.

Die multimediale Schweizer Produktion „Accalia“ ist ein faszinierendes Duett von Analog mit Digital. Analog ist Elda Gallo, die Tänzerin, digital ihr Partner, ein Computerprogramm. Das Schweizer Team Philip Whitfield, Martin Fuchs und Sebastian Zuber ist mit Elda Gallo an drei Tagen im Dschungel Wien zu Gast. 21. bis 23. Februar, m Rahmen des Schweiz-Schwerpunktes im Dschungel.

Olga Esina und Jakob Feyferlik haben am 11. Februar die Vorstellungsserie in dieser Saison des Balletts „Schwanensee“,  Choreografie von Rudolf Nurejew, eröffnet. Am Ende der Vorstellung wird Jakob Feyferlik auf offener Bühne von Ballettchef Manuel Legris zum Ersten Solisten ernannt. Das Publikum gerät in Euphorie, pfeift und johlt, als wäre es in einem Popkonzert. Der junge Tänzer, der siebente Erste Solist im Wiener Staatsballett, verbeugt sich strahlend, weiß, dass der Applaus auch seiner Partnerin Olga Esina gilt.

Wo die wilden Kerle wohnen“ / „Where The Wild Things Are“, das Kultbuch für Vierjährige von Maurice Sendak (1928–2012), hat es dem Choreografen Bert Gstettner angetan. Nach „Wild*Things“ (Dschungel 2015) greift er das Thema des Kinderklassikers mit „Wilde*Welten“ wieder auf und zeigt neuerlich ein Tanztheater im Dschungel Wien. Aus der Hauptfigur, Max, ist eine Maxie geworden, die mit einem Ensemble von weiteren sechs Kindern tanzt, turnt und singt und von der Sehnsucht nach Freiheit, Freundschaft und Geborgenheit, aber auch von Angst und Schrecken und Machtfantasien erzählt.

Nach den Aufführungen in Mexiko, Polen, Portugal und Litauen zeigt Hygin Delimat / Body Architects sein Tanzstück „Slowstepper – On the Edge of Survival” am 7. und 8. März auch in Wien, im Brick 5. Der Titel des Solos ist Programm, die Überlebensfrage beantwortet der Körper. Langsam oder schnell, tapfer mit Kraft oder schlapp ohne, nahe am Aufgeben.

Im Rahmen des Schwerpunktes „Material World“ des Tanzquartier Wien gastierte Anfang Februar – nach einer Lecture der österreichischen Choreografin und Tanztheoretikerin Martina Ruhsam (Justus-Liebig-Universität Gießen) über „Moving Matter(s)“ und die Beziehung „nicht humaner Körper in zeitgenössischen Choreografien“ – die in Salzburg und Wien lebende Choreografin und Tänzerin Lisa Hinterreithner mit ihrer neuen Arbeit „and and“.

Schön war’s wieder, das Schweben und Zappeln, Drehen und Springen in Stiefeln und Spitzenschuhen. Maria Yakovleva wird in der 4. Vorstellung am 6. Februar für ihr Debüt als Swanilda im Ballett „Coppélia“, rekonstruiert und choreografiert von Pierre Lacotte, mit Rosen überschüttetet. Denys Cherevychko zeigt wieder, dass ihm der Franz auf den Tanzkörper geschrieben ist.

Amitava Kumar, 1963 im indischen Ara geboren, lebt heute in Poughkeepsie, New York, und lehrt Englisch am Vassar College. Im Anglo-Amerikanischen Sprachraum ist der erfolgreiche Autor durch Kurzgeschichten, Essays, wissenschaftliche Publikationen und Sachbücher, aber auch durch seine journalistische Tätigkeit bekannt und geehrt. Jetzt ist erstmals eine seiner Veröffentlichungen, sein zweiter Roman, ins Deutsche übersetzt. „Am Beispiel der Affen“ sind die aus eigenen Erfahrungen geschöpften Erinnerungen eines fiktiven indischen Linguisten, der seine Studienjahre in den USA verbracht hat. 

Tanzen, tanzen, tanzen, täglich acht Stunden, ein Jahr lang, vom 27. Jänner 2018 bis 26. Jänner 2019. 13 Tänzer*innen bewegen sich abwechselnd in einem kleinen Lokal in der Wiener Neustiftgasse. Freier Eintritt, Publikum jederzeit willkommen, darf raus und wieder rein, einmal, mehrmals, ganz nach Belieben. Zwei Tage nach dem festlichen Finale im Zimmer für ein Jahr wird im Tanzquartier, Veranstalter des Megaprojekts, eine erste Bilanz besprochen. Beteiligte aus dem Zentrum, also die Künstler*innen, und vom Rand, Zuschauerinnen und Zuschauer, tauschen ihre Erfahrungen aus, stellen Fragen und bekommen Antworten. „Reflexions“ dient dem Rückblick und Erfahrungsaustausch.

Nicht zu glauben! Der Ballettclub der Wiener Staatsoper & Volksoper, gegründet 1999 als Ballettclub Wiener Staatsoper, ist schon 20 Jahre alt. Das muss gefeiert werden und ist auch in feierlicher, fröhlicher bis ausgelassener Form am 31. Jänner im Palais Metternich (Italienische Botschaft) gefeiert worden.

Faszinierend ist das Solo „Pip“, das die Tänzerin Emmy Steiner, Gewinnerin des TRY OUT!/artists-in-residence-Wettbewerbs 2018, gemeinsam mit dem Dschungel-Team entwickelt hat. Nur mit ihrem Körper und der ausdrucksstarken Mimik bringt sie ein Universum an Bewegungen auf die Bühne. Die Premiere im Dschungel Wien am 1. Februar bestaunten nicht nur die Zuschauer*innen ab 5.

Und die Kapelle spielt bis zum Schluss. Im Festspielhaus St. Pölten war „Grand Finale“, die jüngste Choreografie des Choreografen Hofesh Shechter zu erleben. In düsterem, nebligem Ambiente beschreibt die Arbeit den Zustand der Welt mit all ihren Konflikten, Kriegen und Dramen in kraftvollen Bildern. Und gibt am Ende trotzdem Mut.

Teilen, teilhaben, mitteilen oder teilen mit, wer könnte da dagegen sein? Jedenfalls nicht die Kompanie Freispiel, die ihr Erfolgsstück mit dem wundersam doppeldeutigen Titel „Ein Stück teilen“, zurzeit im Dschungel, dem Theaterhaus für junges Publikum, zeigt. Was die drei jungen Männer allerdings teilen und mitteilen, ist nicht nur ein Stück, es ist Gesellschaftskritik und Philosophie, Freundschaft und Konkurrenz, Abstraktes und sehr Konkretes und auch, dass nicht alles teilbar ist. Bei aller Liebe und Toleranz!

Zum ersten Mal zu Gast im Festspielhaus St. Pölten: das Alonzo King LINES Ballet. Die Compagnie aus San Francisco des afroamerikanischen Choreografen zeigt die beiden Ballette „Biophony“ und „Sand“, beide Stücke beschäftigen sich mit der Natur und dem Menschen. In „Sand“, uraufgeführt 2016, dient der Sand als Metapher für menschliche Beziehungen; in „Biophony“, Kings jüngster Schöpfung, bewegt sich das Ensemble inmitten der Klänge des Erdballs.

Die Mehrfachaufgabenperformance (Multitasking, ein Begriff aus der Computertechnik) hat der Video- und Performancekünstler Jan Machacek zu einer lockeren audiovisuellen Stunde zusammengefasst. Um die einzelnen Videokunststücke zusammenzuhalten und dem Stücktitel (plump übersetzt: Mehrfachaufgaben-Tagebücher) gerecht zu werden, erzählt er dazwischen live von allerlei Pannen bei fiktiven Auftritten. Begleitet wird er vom bekannten Multiinstrumentalisten Oliver Stotz. Abwechslungsreich und überaus erstaunlich.

Für eine Weile scheint der dreiteilige Abend mit zwei einprägsamen, immer wieder gerngesehenen Choreografien, und einem neuen Werk abgetanzt. Zehn Mal ist er zu sehen und auch zu genießen gewesen. George Balanchines „Symphonie in C“ zur gleichnamigen Symphonie des 17jährigen Georges Bizet, kann ebenso beglücken wie Edward Liangs großartiges Werk „Murmuration.“ Daniel Proietto, der in Argentinien geborene Tänzer und Choreograf mit der romantischen Seele, lässt das Publikum etwas ratlos und die Tänzerinnen samt Tänzer Eno Peçi mit recht spärlichem Applaus zurück. Doch der Misserfolg des mit soviel Ambitionen für Wien geschaffenen Balletts „Blanc“ liegt nicht an ihnen. Auf keinen Fall an der „Sylphide“ Ketevan Papava, die die Rolle kreiert und jetzt damit auch ihr Karenzjahr beendet hat.

Die 17jährige Victoria ist schwanger. Ihre Mutter wirft sie hinaus. Ihre Lehrerin Maggie hilft ihr, auf der Farm der McPhersons, zweier wortkarger Brüder, unterzukommen. Allmählich gewöhnen sich die beiden alten Männer an das junge Mädchen und freuen sich auf das Baby. Kent Haruf erzählt lapidar, und doch vibriert dieser Roman von Gefühlen. Einsamkeit und Liebe, Gewalt und Güte werden in Handlungen, Gesten und in den alltäglichen Verrichtungen spürbar. Haruf braucht in "Lied der Weite" kein Pathos, um Atmosphäre zu schaffen genügt die angenehme Klarheit, mit der er seine Sätze niederschreibt. Ein Meister, der im deutschen Sprachraum viel zu spät entdeckt worden ist. Kent Haruf ist 2014 im 70. Lebensjahr verstorben. Jetzt ist ein zweiter Roman auf Deutsch erschienen.

Zufrieden kann ich die Pressekonferenz der Wiener Festwochen (FEST- wird in Versalien geschrieben) am 15. Februar samt Programmheft und Unterlagen verlassen. Es hat sich wieder alles zusammengeschüttelt: Das Programmbuch ist lesbar und geordnet, das Programm verspricht vielfältigen Genuss und tiefes Nachdenken.

Seit nahezu 20 Jahren bietet das Festival imagetanz Neues aus Choreografie, Tanz und Performance. Der Tanz, der richtige freie Tanz, hat zwar an Platz, vermutlich auch an Interesse, verloren, doch hat sich im Gegenzug die körperorientierte Vorstellung, die nicht unbedingt bewegt sein muss, auf Deutsch Performance, breitgemacht. Dieses Jahr fahren Künstler*innen im Gesundheitszug. Das Publikum fährt mit. Nicht nur, weil es sich mit dem brut-Ensemble auf Wanderschaft begeben muss. Noch ist die Renovierung des Theaters nicht abgeschlossen, doch mit Engagement und guten Ideen haben Chefin Kira Kirsch und ihr Team neue Auftrittsorte gefunden. So spielt sich imagetanz nicht am Karlsplatz ab, sondern am Petersplatz, in der Brunnenpassage, im Studio Matsune im 10. Bezirk oder im Château Rouge auf der Schönbrunnerstraße.

Aus Alt mach Neu! Bert Gstettner mit dem Ensemble seines Tanz*Hotel ist das großartig gelungen. Nach der Uraufführung im Dschungel 2013 hat er das Tanztheater mit Live Musik und sechs springlebendigen Kinder keineswegs in der Mottenkiste abgellegt. Aufgefrischt und mit einer neuen Generation von Volksschulkindern und der Tänzerin Karin Steinbrugger knödelt es als nahezu neues Stück über die Dschungel-Bühne. Statt weitausholender Lobeshymnen sei gemeldet, dass alle bisher vorgesehenen Vorstellungen bereits ausverkauft sind. Fragen kostet aber nichts, der feuchtkalte Winter provoziert Restkarten.

Ein Sachbuch von besonderer Anmut. Geht es doch um die „Geste in Komposition und Aufführung“. So der Untertitel der Sammlung von vielfältigen Essays über die Sprache des Körpers, nicht nur speziell in der Musik, sondern auch allgemein. Die Herausgeberinnen, Irene Suchy und Susanne Kogler, sind selbst kompetente Musikwissenschaftlerinnen und haben den Band als Ergebnis eines künstlerisch-wissenschaftlichen Projekts „Vom Entdecken der Hände – Gesten, Posen und Gebärden“ mit KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen gestaltet.

Saskia Hölbling spannt ihre Netze zwischen den Säulen des Semper Depots. Vier Tänzer_innen sollen sich darin verfangen, einander begegnen oder auch behindern. „corps suspendus“ nennt sie ihr neues Stück mit Musik von Wolfgang Mitterer. Anna Hain, Leonie Wahl, Ardan Hussain und Jan Jakubal klettern, kämpfen, ruhen im Netzwerk. Gudrun Lenk-Wane hat die Netze als Bühnenbild entworfen.

Mit neun Jahren wird Ninetto Giacalcone aus der kleinen szilianischen Stadt San Cono nach Mailand geschickt, um Geld zu verdienen. In San Cono wandern alle Jungen aus, die Stadt ist zu arm, Arbeit gibt es kaum. Nineto ist spindeldürr, deshalb wird er in der Schule „Pelleossa“  / "Haut und Knochen" gerufen. Der Spitzname bleibt ihm.

Nach ihrer Liebe zu Gioachino Rossini hatten die Wiener in der Mitte des 19. Jahrhunderts den jungen Giuseppe Verdi entdeckt. „Nabucco“ dirigierte er 1843 sogar selbst im Kärntnertortheater, doch „Va pensiero“ wurde hier gar kein Hit wie in Italien. Dieses und einiges mehr erfuhr man bei einer Veranstaltung der Wiener Staatsoper in der Studiobühne Walfischgasse, wo Dramaturg Andreas Lang über „Verdi und Wien“ erzählte.

Wo anfangen, wo enden, um diesen wunderbaren Neumeier-Abend mit „Les Pavillon d’Armide“ und „Le Sacre“ zu beschreiben. Mit den großartigen, ausdrucksstarken Solist_innen (Roman Lazik, Mihail Sosnovschi, Nina Poláková oder Rebecca Horner), oder mit John Neumeier selbst, der aus dem staubbedeckten Ballet d’Action zur Musik Nikolai Tscherepnins über die hocherotische Geschichte der zauberhaften Armida deren Porträt lebendig wird und einen Jüngling verführt, ein bestrickendes Ballett zwischen Traum und Wirklichkeit geschaffen hat? Oder mit dem Dirigenten, Michael Boder, der das Staatsopernorchester zu Höchstleistungen angetrieben hat, im „Pavillon“, ganz dem Diktat der Tänzer_innen gehorchend und in „Le Sacre“ den Tänzer_innen sein eigenes Tempo aufzwingend? Zusammengefasst: Dieser Premierenabend war ein Erlebnis, an dessen fulminanten Finale (Horner) ich, verzaubert und erschöpft, in den frenetischen Jubel des Publikums eingestimmt habe.

Nach der vom Publikum gefeierten Premiere von John Neumeiers Le Pavillon d’Armide | Le Sacre an der Wiener Staatsoper am  19. Februar 2017 hat Ballettdirektor Manuel Legris Rebecca Horner zur Solotänzerin des Wiener Staatsballetts ernannt. Die aus Wien stammende Tänzerin wurde als Solistin in Le Sacre bejubelt – sie wird auch in den weiteren Vorstellungen des zweiteiligen Abends  in Le Sacre tanzen.  

Ein selten auftretendes Naturphänomen ist der Ausgangspunkt dieses 3. Teil von Peter Mays Trilogie rund um den Ex-Polizisten Finlay (Fin) MacLeod. Der hat seinen Job in Edinburgh und kehrt auf seine Heimatinsel Lewis (größte Insel der Äußeren Hebriden, am nordwestlichen Ende Europas) zurück. Dort begegnet er seiner Kindheit und seiner ersten Liebe und kann es auch nicht lassen, Detektiv zu sein. Dunkel, dramatisch und überaus romantisch.

Inmitten der unendlichen Schneelandschaft ein Krater. Darinnen sitzt Josef Hader, ist splitterfasernackt und schaut ziemlich betropetzt in die weiße Welt. Eine vielversprechende Einleitung des Regiedebuts von Josef Hader, der auch das Drehbuch geschrieben hat und die Hauptrolle spielt. Intelligent, mit pointierten Dialogen und einer lebensnahen Handlung ist „Wilde Maus“ eine Komödie mit ernsthaftem Hintergrund, die im Gegensatz zu den im Vorjahr in die Höhe gelobten sogenannten Komödien nicht nur an Unterhaltungswert übertrifft. Ganz ohne falsche Zähne.

Mit verkleideten Kupferkannen, kleinen Puppen und jeder Menge Teebeuteln holt der Objektkünstler Peter Ketturkat sein Publikum in eine andere Welt. In die Welt der lebendigen Dinge, des Märchens und der Fantasie. „Waaserkesselpaukenpeifensinfonie“ nennt er sein neuestes Stück für Kinder, das im Dschungel vorgestellt worden ist.

„Loss“ nennt Oleg Soulimenko sein neues Stück, das er mit dem bildenden Künstler Alfredo Barsuglia und der Tänzerin Jasmin Hoffer konzipiert hat und auch mit ihnen ab 16. Februar 2017 im brut zeigen wird. Die Tanzkörper stecken in einer Plastikhülle, als Menschen nicht erkennbar und tanzen doch. Ihre Bewgungen sind unter der Haut, da nur für die Augen der Zuschauer nicht sichtbar.

Immer von Neuem sucht der Regisseur und Choreograf Laurent Chétouane nach der völligen Freiheit des Tanzes, nach einer Technik ohne Zwänge und vorgegebene Muster. Nun meint er dies im Chaos gefunden zu haben. Sein neues Stück, „Khaos“, bringt drei Tänzer_innen und drei Musiker auf die Bühne, die Unberechenbarkeit, Instabilität und Verwirrung zur Regel machen.

Hyperrealistisch, expressiv, in drastischen Bildern erzählt die Linzer Tanzchefin Mei Hong Lin von Gewalt und Tod, Abschied und Trauer. Ausgangspunkt ist das Massaker und der anschließende 40 Jahre lang quälende „Weißen Terror“ in Taiwan. Als Symbol für das Leiden der Urbevölkerung dient eine Erzählung der taiwanesischen Autorin Li Ang, in der die Traumatisierung eines ganzen Volkes als Hintergrund der Handlung dient. Im Zentrum steht eine Frau, die ihren toten Mann und den verlorenen Sohn betrauert.

Mit einem breit gefächerten Programm verabschiedet sich der Tanzkurator Jacopo Lanteri vom brut. Er geht zurück nach Berlin. Neuer Tanzkurator wird ab April der Schweizer Flori Gugger, zuletzt Dramaturg beim steirischen herbst in Graz, sein. Zuvor aber blickt Lanteri auf das Tanzerbe zurück und lädt Künstler_innen, die imagetanz geprägt haben, ein, dieses weiterzugeben oder neu bearbeiten zu lasen.

Um Irrtümern vorzubeugen: Der deutsche Film von Robert Thalheim ist eine Komödie und pure Fiktion. Mit irgendwelchen politischen Aktualitäten hat er nichts zu tun und ist auch völlig Unernst. Obwohl, die „Kundschafter des Friedens“ gab es tatsächlich. In der DDR die euphemistische Bezeichnung für Spione. Von vier solchen alten Haudegen, die der Vergangenheit nachtrauern, handelt der Film.

Eine glanzvolle Inszenierung seiner Rekonstruktion des Balletts „Raymonda“ von Marius Petipa brachte Sergej Vikharev auf die Bühne der Mailänder Scala. Mit den Gaststars Olesia Novikova und Fridemann Vogel, dem Principal Dancer der Mailänder Oper Mick Zeni samt einer riesigen Schar von Darsteller_innen ist die prächtig ausgestattete Aufführung in der „Scala“ auch aufgezeichnet worden. Bei Arthaus Musik ist sie als DVD erschienen.

Das 25jährige Jubiläum hing man diskreterweise nicht an die große Glocke. Doch bekam das Publikum heuer nicht nur wunderbare Alte Musik in höchster Könnerschaft vorgetragen. Als Geburtstagspräsent gab es auch noch ein wenig Kubafeeling, Tanzeinlagen und Samuel Beckett-Texte und natürlich auch das beliebte Essenskonzert.

Als „Tanzoper“ hat die Linzer Ballettchefin Mei Hong Lin Christoph Willibald Glucks „Orfeo ed Euridice“ inszeniert. Daniel Linton-France dirigierte die Premiere im Musiktheater Volksgarten; der Extrachor singt und agiert mit dem Tanzensemble des Landestheaters. Knappe anderthalb Stunden dauert die abgeschlankte Version.

Superamas gönnt dem Publikum einen ersten Blick in den Arbeitsprozess für ein neues Stück, in dem sich die Compagnie mit Gewalt, Krieg und Terror beschäftigen wird. Für zwei Abende im Tanzquartier hat Superamas Ergebnisse ihrer Recherchearbeit, Fundstücke aus Musik- und Filmarchiven und selbst produzierte Szenen gezeigt, um einen Eindruck ihrer Assoziationen, Gedanken und Emotionen zu vermitteln.

Mit acht Körpern, zwei Tänzerinnen, zwei Tänzern, vier weiß gekleideten kopflosen Puppen, zeigt Saskia Hölbling im Odeon das Untergehen des Individuums in der Masse. Ausbruch ist kaum noch möglich, die Menge fängt den Einzelnen immer wieder ein. Mit einer fremden, neuen Körpersprache zaubert die Choreografin schöne, eindrucksvolle Bilder. Körper im Nahkampf.

Die ehemalige Solotänzerin und Probenleiterin des Wiener Staatsballetts, Trägerin des Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst, Marialuise Jaska ist überraschend, nach kurzer schwerer Erkrankung in Mistelbach verstorben. 1969 wurde die damals 15jährige Ballerina in das Wiener Staatsopernballett aufgenommen, ihre Karriere hat sie als Erste Solotänzerin beendet. Bis 1998 gehörte sie, zuletzt als Probenleiterin, dem Ballettensemble der Wiener Staatsoper an.

Spannender und dichter kann man sich Wolfgang Amadeus Mozarts Opera buffa „Le Nozze di Figaro“ gar nicht wünschen. Bernd R. Bienert inszenierte das Werk für sein Teatro Barocco in größtmöglicher Annäherung an eine historische Aufführungspraxis, mit berückender Musikalität und Gestik. Sogar der Ort ist Geschichte: Das ehemalige kaiserliche Hoftheater in Schloss Laxenburg, wo Mozarts Meisterwerk kurz nach der Uraufführung in Wien 1786 gespielt wurde.

Seit zwanzig Jahren bereichert das Festival „Osterklang“ im Theater an der Wien nun schon die Osterzeit. Immer wird etwas Besonderes geboten, und heuer sind musikalische Schätze wie die Oper (Dramma per musica) „Agrippina“ von G. F. Händel, J. S. Bachs h-Moll Messe, das Oratorium „Il primo omicidio“ von Alessandro Scarlatti oder “Das große Abend- und Morgenlob“, die „Ganznächtliche Vigil“ für Chor a capella op.37 (1915) von Sergei Rachmaninow an unterschiedlichen Spielorten zu genießen.

Der in Deutschland lebende französische Regisseur und Choreograf Laurent Chétouane setzt Kleists Text über den Verlust der Anmut in Bewegung. Heinrichv on Kleits Essay "über das Marionettentheater" dient ihm als choreografische Parittur für sein Stück "Considering / Accumulation", das er mit einem Duo aus Tänzerin und Ttänzer, einem Pianisten und einer Stimme aus dem Off auch im Tanzquartier gezeigt hat.

Mit einer gelungenen Mischung aus Live-Video, Film, Theater und Comic unterhält das Team von TWOF2 + dascollectiv im Dschungel junges Publikum ab 13 aufs allerbeste. Giovanni Jussi, Schauspieler mit Multitalenten, ist die Comicfigur Jean-Luck, die dem papierenen Gefängnis entkommen will. Beste Unterhaltung mit Anspruch.

Eine interessante Kombination gab es im Festspielhaus in St. Pölten zu sehen und zu hören. Das Tonkünstlerorchester spielte die selten an einem Abend gemeinsam zu hörenden drei römischen Tondichtungen von Ottorino Respighi visuell untermalt und umrahmt von einer Videoprojektion von La Fura dels Baus. Dadurch entstand zeitweise eine ungeheuer dichte visuell-akustische Kulisse, die einen in ihren Bann zog und umhüllte.

Aus welchen Bewegungseinheiten setzt sich der traditionelle nordindische Tanzstil „Kathak“ zusammen und wie gehen zeitgenössische Tänzer damit um? Gibt es eine Brücke zwischen traditionellem und zeitgenössischem Tanz? Frage, die vom Kathak-Tänzer Vikram Iyengar in einer Choreografie von Preethi Athreya, Tänzerin und Choreografin aus der Metropole Madras am Golf von Bengalen, beantwortet werden. Der präzisen, bündigen Performance im 21er Haus, "Acrross not Over", fehlt eine Einführung, um wirklich zu verstehen, was zu sehen ist. Sie würde den Eindruck vertiefen.

An drei Abenden zeigt Ian Kaler zwei Teile seiner als Tetralogie angelegten choreografischen Reihe „o.T.“ plus der kondensierten Zusammenschau der zwei Teile: „synopsies“. Auch durch die bestimmende Mitwirkung des Tänzers / Choreografen Philipp Gehmacher, des/der Musiker_in Jam Rostron (Planningtorock) und des Lichtkünstlers Jan Maertens war der 2. Teil, „gateways to Movement“ spannend und eindrucksvoll.

Li Xuelian, eine junge Bäuerin, tappt in ihre eigene Falle. Weil sie ein zweites Kind erwartet, was wegen der chinesischen Ein-Kind-Politik, ihrem Mann den Job kosten könnte, will sie sich scheiden lassen. Pro Forma nur. Dann hätte jeder ein Kind, noch Ehemann Qin Yuhe den Sohn und Li Xuelian das erwartete Mädchen.

Das renommierte Osterfestival Tirol in Hall i. T. und Innsbruck lädt 2016 unter dem Motto „Liebe“ ein. Vom 11. Bis 27. März finden ausgesuchte Konzerte und Tanzveranstaltungen statt, die entspannen, vielleicht auch verstören, auf jeden Fall bereichern und zum Nachdenken anregen. Maria Crepaz, die Gründerin und Managerin des Festivals und Tochter Hannah, die künstlerische Leiterin, haben ein exquisites Programm zusammengestellt.

„Dance, if you want to enter my country!“, nennt der Choreograf und Performer Michikazu Matsune einen Abend, der auf einer wahren Begebenheit beruht. Begleitet wird die imponierende Vorstellung von einer Gruppenausstellung unter dem Titel „Towards the other side oft he world“, obwohl die Welt rund ist, hat sie zwei Seiten. Matsune erzählt, sinniert und erinnert tanzend an die Alvin Ailey Dance Company.

Madonna oder Mutter oder gar Mätresse? Beim Figurentheaterfestival im Kosmos Theater nehmen international bekannte Künstlerinnen die tradierten und mythologisierten starren Frauenbilder unter die Lupe. An drei Abenden präsentiert die Figurenspielerin und Initiatorin und künstlerische Leiterin des Festivals, Cordula Nosek, in dessen vierter Ausgabe an drei Abenden fünf Künstlerinnen, die umstrittene Frauenfiguren der klassischen Weltliteratur kritisch und unkonventionell interpretieren.

Wie zeitlos John Crankos Ballett „Onegin“ (nach Puschkin) ist, zeigt in der Wiener Staatsoper jede neue Besetzung. Mit prickelnde Lebendigkeit reißen Natascha Mair und Davide Dato (Rollendebüt als Olga / Lenski) auch das Corps mit. Ketevan Papava ist als Tatjana weniger naiv als selbstbewusst und überaus erotisch. Vladimir Shishov ein düsterer, gefühlskalter Onegin. Beide Paare ernteten verdienten Applaus.

Nina Poláková und Roman Lazik waren die umjubelten Stars des ersten Abends einer sechs Vorstellungen umfassenden Serie des Ballettklassikers von John Cranko „Onegin“. Nach einer verpatzten Uraufführung 1965 präsentierte Cranko 1967 eine Neufassung und eroberte damit die Ballettwelt. Seit zehn Jahren ziert „Onegin“ auch das Repertoire des Wiener Staatsballetts.

Lang hat er es nicht ausgehalten, der aus Amerika, wo er Erster Solist am New York City Ballet war, gerufene Direktor des Paris Opernballetts. Nach nur zweieinhalb Jahren hat Benjamin Millepied, 40, das Handtuch geworfen. Neue Ballettchefin ist ab September 2016 die erst im Vorjahr verabschiedete "Ètoile" Aurelie Dupont.

Mit einer Neuadaption seines ursprünglich für das Berliner Grips-Theater geschrieben Stückes punktet Autor und Regisseur Volker Schmidt beim jungen Publikum im Dschungel. Hauptdarstellerin Nancy Mensah-Offei gibt dem Stück Leben und Spannung.

Der Tänzer und Choreograf Raúl Maia führt sein Publikum in einen imaginären Raum aus Bewegung, Text, Musik und Licht. Auf der im Tanzquartier-Studio aufgebauten schrägen Bühne entsteht eine intensive, eindrucksvolle Performance, die sich jeglicher vorgegebenen Deutung entzieht. Abstrakt und konkret, magisch und poetisch, düster auch und beklemmend.

In ihrem neuen Programm beschäftigen sich die fröhlichen Rabtaldirndln aus der Steiermark mit der Landflucht, den Begriffen Stadt und Land und suchen nach der Heimat. „Du gingst fort“ ist ein ebenso unterhaltsamer wie klug aufgebauter Abend, der nicht nur in brut-Chef Thomas Frank sanfte Herzstiche ausgelöst hat. Wer wird schon gern darauf hingewiesen, dass er als Landei durch die Großstadt wackelt.

Diesmal stimmt der Gemeinplatz vom Letzten, das das Beste ist. In seinem letzten Intendanz-Jahr kann Thomas Frank für 2014 das beste Ergebnis vorlegen. Mit einer Bilanz von mehr als 90 Prozent Auslastung übergibt der das schuldenfreie Haus seiner Nachfolgerin Kira Kirsch. Noch einmal aber kann Frank ein spannendes und auch geheimnisvolles Programm für das Festival imagetanz anpreisen. „Unheimliche Körper“ werden für drei Wochen das brut sondern auch andere , vor allem öffentliche, Räume unsicher machen.

Einer der bedeutendsten Filmregisseure des 20. Jahrhunderts hat als Fotograf begonnen. Nicht nur die Umwelt, auch Stanley Kubrick († 1999) hat seine erste Karriere nahezu vergessen. Im Bank Austria Kunstforum wird nun mit einer beeindruckenden Schau daran erinnert. Auch die Albertina zeigt eine Zusammenschau von Fotografie und Film. Im Mittelpunkt steht Michelangelo Antonio.

Wien, wie es ein betagtes Mobiltelefon mit eingebauter Kamera, eines der ersten auf dem Markt, sieht. Die Filmemacherin Kitty Kino benützt es. Bei Tag – eher frustrierend, in der Nacht aber – eine Überraschung. Der Verleger Lois Lammerhuber, selbst preisgekrönter Fotograf, sieht die Bilder, ist begeistert, jagte die Kino bei Nacht auf die Piste, auf dass sie ihm 100 Fotos für einen seiner legendären Bildbände liefere. In limitierte Auflage, von der Jungfotografin handsigniert, ist der prächtige Band nun zu haben.

Die Nachmittagsvorstellung des Balletts „Der Nussknacker“ in der Choreografie Rudolf Nurejews rettet die Ehre der ersten Darbietung dieser Saison des beliebten Weihnachtsstücks. Der Zufall der Umbesetzung hat es ergeben, dass die Hauptrollen von den selben SolistInnen getanzt wurden, wie diese nicht so wirklich gelungene Eröffnungsvorstellung: Robert Gabdullin und Kyoka Hashimoto.

Für Rebecca Horner, Mitglied des Wiener Staatsballetts, sind Zufälle immer Glücksfälle. Der letzte katapultierte sie als Potiphars Weib mitten unter die Ersten Solisten der Staatsoper.

Ein Reigen in neuer Besetzung

Zum elften Mal hat das Wiener Staatsballett „Ein Reigen“ von Antony McDonald und Ashley Page in der Volksoper getanzt. Neubesetzungen haben dafür gesorgt, dass sich in der nun rund und kompakt gefügten Aufführung keine Routine einschleichen kann. Das gebannte Publikum reagierte mit Begeisterung.

Wie man ein Kinderbuch über alles was grad noch ein Glück ist auf die Bühne bringt, wie man mit Tanz und Pantomime, Theater und Musik eine lustige Geschichte erzählt und zugleich ein wenig philosophiert, zeigt Bert Gstettner (Tanz*Hotel) mit „Herr Jemineh hat Glück“ im Dschungel Wien. Das gleichnamige Buch stammt vom erfolgreichen Autor Heinz Janisch, der auch schon dem Tanztheater Homunculus (Choreografie Karin Steinbrugger) so manche Vorlage geliefert hat.