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Circus Double: Arne Mannott, Sebastian Berger

Ein Balanceakt von Sebastian Berger. © Sebastian Berger

Arne Mannott und Sebastian Berger begeistern sich beide für den zeitgenössischen Zirkus. In einer Doppelvorstellung haben sie als Choreografen und Performer im Theater Brett gezeigt, dass die Verwandtschaft von Zirkus und Tanz immer enger wird. „Fallhöhe“ nennt Mannott sein Duett mit der Künstlerin Elina Lautamäki und vielen Bällen. Sebastian Berger, international bekannter Meister der Stabbalance, lässt in „Dot and Line“ den Punkt zur Linie werden.

Die beiden Künstler kommen nicht nur geografisch aus unterschiedlichen Ecken. Mannott hat einen akademischen Abschluss in Philosophie, interessiert sich für Zirkus, Tanz, Theater, das Aufbrechen von Genre-Grenzen ist ihm ein Anliegen. Neben seinen Auftritten hält er Workshops auf Festivals und für Institutionen nicht nur in Europa, sondern auch in Lateinamerika. 2017 hat er in Bert Gstettners satirischem Tanzstück „Riesenzwerge“,eben als solcher mit Åkos Hargitay und Stefan Ried samt der entfesselten Tanz*Hotel Junior Company mitgewirkt.Arne Mannott, Spezialist für zeitgenössischen Zirkus. © Manott

Sebastian Berger ist Freundinnen der zirzensischen Kunst bestens bekannt. Studiert hat er Produkt- und Möbeldesign, danach packte ihn die Leidenschaft für die Manipulation von Objekten. Das klingt etwas fremd, ist aber nichts anderes als jegliche Form der Akrobatik mit Dingen (Stangen, Bälle, Keulen …). Bergers Spezialität ist die Stabbalance, für die er wie auch für den 3StabWurf neue Techniken entwickelt hat.

Sebastian Berger:  Vom Punkt zur Linie. © BergerWas die beiden so unterschiedlichen Künstler eint, ist Körperbeherrschung und Konzentration. Mannott will mit Lautamäki und seinen immer wieder neu arrangierten Bällen die Frage beantworten „Wenn alles perfekt sein muss, was ist dann mit dem Unperfekten?“ Eine Antwort habe ich nicht gefunden. Seine Choreografie plätschert ohne Überraschungen dahin, muss wohl aus Gründen der Publikumsbefriedigung fast eine Stunde dauern. Marleen Moharitsch gestaltet mit dem Cello und einer Loopstation den Sound. Während die Bälle zu Mustern gelegt werden, zu Linien gereiht oder zu Türmen aufgebaut, loten die beiden auch die Beziehung untereinander aus, die im Lauf der Vorstellung immer enger wird, bis sie sich gemeinsam für den Applaus bedanken können.

Berger orientiert sich für sein Solo an den grafischen Lehrsätzen von Wassilij Kandinsky ("Punkt und Linie zu Fläche", 1926 ) und Paul Klee (Werner Hofmann: „Die Grundlagen der modernen Kunst“, 4. Aufl. 2003), die den Punkt als Anfang aller Formen definieren. Aus dem Punkt entwickelt sich die Linie, daraus die Fläche. Berger macht die These mit seinem Stab und Bällen sichtbar. Im magischen Lichtdesign zeigt er höchste Balancekunst, lässt den Stab um sich selbst und um seinen Körper kreisen, als wäre er ein eigenständiges Wesen, wirbelnd wir er im Licht zur Fläche. Zweimal Zirkuskunst. Elina Lautamäki mit Arne Mannott, rechts,Sebstian Berger. © Einladung / ArchivDer Ball, also der Punkt, rollt auf dem mit dem Handrücken schwebend gehaltenen Stab hin und her. Erzeugt so für die Augen die Linie. Fällt nicht, verschwindet jedoch im lichtlosen Raum, aus dem als Überraschung viele Punkte vom Licht ins Dunkel rollen. Dieser hohe Schwierigkeitsgrad der Performance und die Anspannung von Geist und Körper sind so dicht und fesselnd, dass es mucksmäuschenstill im Raum ist. Kein Huster, kein Rascheln stört die ästhetisch beeindruckende Choreografie. Der Kopf wird für jegliche Art von Assoziationen geöffnet, der gezeigte phänomenale Balanceakt in wohl durchdachter Choreografie verdient mehr als das übliche Staunen. „Wow“ ist zu wenig als Reaktion auf diese ästhetische, dynamische und dennoch spürbar beruhigende Vorstellung. Als Magier packt Berger sein Publikum in aller Stille, er brauch keinerlei Sound-Teppich. Auch in 20 Minuten kann ein erfüllter Abend enthalten sein.

Arne Mannott: „Fallhöhe“; Sebastian Berger: „Dot and Line“, 27.11. 2018, Theater Brett.
“Fallhöhe”: Idee, Choreografie, Performance: Arne Mannott, Elina Lautamäki. Sound: Marleen Moharitsch; Künstlerische Beratung: Bert Gstettner. Co-Choreografie, Outside Eye: Nina Swoboda, Darragh Mcloughlin.
„Dot and Line“: Idee & Performance: Sebastian Berger. Outside Exe: Romain Marguaritte; Mentoring: Christiane Hapt; Coaching: Georg Sosani; Bühnenbild: Michael Liszt; Licht: Andreas Zeeman.