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Toxic Dreams – „The Mechanical Paradise“

Nachgestellt: "Die Reise zum Mond" © TimTom

Im passenden Aufführungsort, auf der Bühne des Metro-Kinos, zeigt Yosi Wanunu mit seinem Ensemble „Toxic Dreams“ den Stoff, aus dem die Träume gemacht sind: das Kino. Allerdings nicht das heutige „kapitalistische“ Kino, sondern dessen Anfänge. Als realer Stoff dient dem Träumer Wanunu das Leben und Wirken eines anderen Träumers, des Filmpioniers Georges Méliès. Eine Multimedia-Performance in der auf höchst unterhaltsame Weise die Medien miteinander verschmelzen, die Realität der Magie weicht.

Georges Méliès, 1861–1938, gilt als Erfinder der Stop-Motion-Filmtechnik und ist für Wanunu „Der wichtigste Filmemacher, den Sie (vermutlich) nie gesehen haben oder wenigstens nicht oft genug“. Im Metro-Kinokulturhaus widmet ihm Toxic-Dreams (mit gut 20 Mitarbeiter_innen) eine Hommage, erzählt sein Leben, zeigt Tabelaus aus seinen Filmen und enthüllt das Geheimnis der Effekte. © TimTom

Méliès war ein Meister des Kinos der Attraktionen. Da verschwindet die Jungfrau und lässt ein Skelett auf dem Sessel zurück – heute weiß man: Keine Kunst mit der Stop-Motion-Technik; drei Meerjungfrauen werden von einem (grauen) Hai gerett und bärtige Männer mit bunten Regenschirmen zum Mond (Méliès ist bereits über 40 als er „Voyage dans la Lune“ dreht und sein Bart wird allmählich länger) und massakrieren die bunten Männchen. Den letzten Film, den wir sehen, hat Méliès nicht gedreht: Wanunu und sein Team haben sich vorgestellt, wie der Streifen „The Jews“ aussähe, hätte der Filmpionier auch nach 1913 noch produziert. Dieser, à la Manière de Méliès vom Traum Theodor Herzl erzählend, ist allerdings, so realitätsnahe und dennoch amüsant er auch ist, etwas zu lang geraten.

Georges Méliès: Filmstill, handkoloriert © Filmarchiv Austria Dass Stummfilme gar nicht stumm waren, beweisen nicht nur das elektronische Orchester (Michale Strohmann, David Schweighart) und die live spielende Harfenistin Ina Ebensberger sondern auch die beiden Bonimenteurs (das französische Substantiv boniment bedeutet marktschreierische Reklame oder auch Schwindel, ein Begriff, der im 18. Jh. aufgekommen ist), Anna Mendelsohn und Susanne Gschwendtner, die die magische Reise mit dramatischer Emphase begleiten.
Wanunu, der live Regie führt, dem von seinen Ideen erzählenden Méliès (Markus Zett) das Mikro hinhält und die Raumfähre geschickt durch die Atmosphäre des Kinosaals führt, hat gemeinsam mit dem dem Ausstatter Paul Horn (Mitarbeit Saleh Muhamed) und dem spielenden, Kulissen schiebenden und Volk mimenden Ensemble, ein nicht nur unterhaltendes, sondern auch aufklärendes und zeitgemäßes Stück geschaffen, das ihn wieder einmal als Theatermagier zeigt.

Yosi Wanunu / toxic dreams: „The Mechanical Paradise“,  in Zusammenarbeit mi dem Filmarchiv Austria und diverCITYLAB. Gesehen am 26.4.2016.
Letzte Vorstellungen:  27., 28., 29. April.
Am 1.Mai sind im Metro Kinokulturhaus an einem Abend restaurierte Filme von Georges Méliès darunter auch sein berühmtester „Voyage dans la lune / Die Reise zum Mond“ mit der bisher verschollenen, originalen Handkolorierung.

Ab 3. Mai ist (neuerlich) die Pré-Cinéma-Ausstellung „Kinomagie“ zu sehen. Bis 31.7. 2016, Mo–Fr: 14 bis 21 Uhr; Sa, So: 11bis 21 Uhr.