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ImPulsTanz: Akemi Takeya „ZZremix“

Akemi Takeya – gespalten. Foto: Karolina Miernik

Akemi Takeya hat ihr Solo „ZZ“ von 2003 zerlegt und neu zusammengesetzt, indem sie mit ihren künstlerischen Mitarbeitern die in 15 Jahren gewonnenen Möglichkeiten nutzen. Sound und Lichtdesign sind neu, die Performerin ist es ebenfalls. „ZZremix“ ist im Rahmen von ImPulsTanz im Odeon uraufgeführt worden.

Die Erinnerung an die die Premiere von „ZZ“ wird sofort wach, wenn Takeya den riesigen von Säulen begrenzten Raum im Odeon gehend ausmisst und wenn endlich alle sitzen und still sind, mit einem halbvollen Glass einen sirrenden Ton erzeugt. Dieser gläserne Tonfaden wird von den Elektronik-Musikern Peter Kutin und Moritz Nahold eingefangen und raumfüllend in Wellen abgespielt. Scheinbar kann Takeya den Klang lenken und dirigieren.Akemi Takeya im Ballkleid und mit Gesichtsprothese: schön und erschreckend. © Karolina Miernik

Das neu gemixte Solo ist deutlich in sechs Szenen geteilt, in denen Takeya immer eine andere ist. Und das bleibt sie auch, bis zum Schluss, wenn sie die von ihr mit dem Mobiltelefon aufgenommene Nachricht an ihre Mutter abspielt und verlegen grinsend ins Publikum schaut, während dieses der körperlosen Stimme aus dem Nichts (oder dem All, wie immer man das, was außerhalb von uns ist, nennen will) lauscht.

Takeya ist eine andere. Begonnen wird die Häutung der Künstlerin Akemi Takeya jedoch im großen Schwarzen, elegant und feierlich. Doch das Gesicht passt nicht zur nahezu barocken Seidenrobe, es ist verunstaltet. Markus Schinwald hat ihr eine Kinnprothese verpasst, der Mund erscheint zugeschraubt. Nur an den Bewegungen ist die Künstlerin wiederzuerkennen. Die Szene wechselt, die Schiene und die Puffärmel werden abgelegt, im kleinen Schwarzen versucht Takeya auf einer Linie von einem Lichtpunkt quer durch den Raum zum anderen zu gelangen, vorwärts, rückwärts auf dem Seil aus Licht, Akemi Takeya im Kampf mit sich selbst. © Helmut Prochart direkt ins Zentrum der beiden Pole zu springen. Es gelingt nicht. Im Programmheft deutet sie an, zwischen Himmel und Erde zu balancieren. Ich sehe diesen Akt eher als Versuch, in Österreich (Europa), wo sie seit bald 30 Jahren lebt und arbeitet, oder / und in Aomori (Japan), wo sie geboren ist, festen Tritt zu fassen.
Das Dazwischen bleibt erhalten. 

Von der Vergangenheit als Balletttänzerin gleitet sie in der feinst konstruierten Lichtarchitektur von Jan Wagner – schon 2003 war er für das Lichtdesign verantwortlich – in die Zukunft. Die Erinnerung an die Ballettvergangenheit werden von der Sportlerin, die mit sich selbst kämpft, abgelöst. Mit musikalischem Getöse und Nebelschwaden inszeniert sie, nachdem sie den Reflexivringkampf aufgegeben hat, einen Pausenzauber in schwarzer Finsternis. Wenn es wieder hell wird, hat Wagner einen neuen Raum aus Licht gebaut,Takeya im Lichtdom von Jan Wagner: "ZZremix". © Karolina Miernik in dem sich die Künstlerin in ihrer ausdrucksvollen, sorgfältig artikulierten Körpersprache souverän bewegt und zeigt, dass sie Tänzerin, Performerin, Choreografin und Dichterin ist, und auch Musik zu ihren Ausdrucksmitteln zählt. Die Sängerin Takeya schreit, kreischt, flüstert und moduliert die Stimme zum Gesang. Jetzt ist die Bühnenfigur, im Programm „A“ genannt, für mich eins mit der Künstlerin und der Frau Akemi Takeya.

Das Ende ist unheimlich: Die zarte Figur auf der Bühne ist verstummt, die stimmlichen Kaskaden erklingen aus dem winzigen Gerät auf dem Boden. Takeya grinst, lächelt, wartet auf den Schlussapplaus, Akemi kreischt, jammert, stottert und schreit. Wer ist Akemi Takeya wirklich? Weiß sie selbst die Antwort? Heuer jedenfalls ist sie Stadttänzerin in Klagenfurt.

Akemi Takeya: „ZZremix“, Choreografie und Performance: Akemi Takeya; Dramaturgie und künstlerische Zusammenarbeit: Armin Anders; Licht: Jan Wagner; Sound: Peter Kutin, Moritz Nahold; Kostüm: Imeka / Ruth Erharter Prothese: Markus Schinwald. 25. und 27. Juli 2019, ImPulsTanz im Odeon.