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Osterfestival Tirol heuer ausnahmsweise im Juni

Companie Käfig tanzt nicht nur "Vertikal". © Laurent Philippe

Dicht, kompakt und verlockend ist das Programm des heurigen Osterfestival Tirol. Den viralen Umständen entsprechend, ist nicht nur der Termin in den Juni gewandert, sondern auch das Motto gewählt: „schwebend…“. Vom 9. bis 25. Juni ist dieses Schwebende, die Unsicherheit, der Blick auf die unbekannte Zukunft auch in Filmen, Tanzaufführungen und Konzerten zu entdecken.

Philippe Herreweghe dirigiert das Collegium Vocale Gent. © MichelGarnierEröffnet wird das Festival am 9. Juni im Salzlager von Hall in Tirol mit einem Konzert des Collegium Vocale Gent unter Philippe Herreweghe. Das fünfstimmige Madrigal „Anima Dolorosa“ von Claudio Monteverdi erzählt von Liebe und Leid, die Hoffnung liegt in der Schönheit der Musik. Schwebend, verschwommen, unentschlossen, sind die Figuren in Andrej Tarkowskis Filmen, die dreifach im Festival vertreten sind. „Opfer“, „Solaris“ und „Der Spiegel“ erzählen von Katastrophen, Rettungsversuchen und der Suche nach der eigenen Identität. Andrej Tarkowski (1932–1986) erzählt keine konkreten Geschichten, er erreicht die Gefühle der Rezipient:innen über ruhige, poetische Bilder, die unterschiedliche Deutungen zulassen. Andrej Tarkowski drei Mal im Leo Kino. Ausschnitt aus dem Film  "Offret" / "Opfer". © trigon film.orgDer von ihm verehrte ältere Kollege Ingmar Bergman hat Tarkowski als den bedeutendsten Filmregisseur gelobt, „weil er eine Sprache gefunden hat, die dem Wesen des Films entspricht: Das Leben als Traum“. In Tarkowskis Filmen könnte ich mich verlieren – unmöglich, es warten vier Tanzaufführungen, die die uneindeutigen Bilder in Bewegung setzen.
„360° – skinned“ ist eine Choreografie von Anna und Eva Müller, in der die beiden österreichischen Choreografinnen das Spannungsfeld zwischen Instinkt und rationalem Handeln ausloten. "360° – skinned": Ein Spiel mit Auftauchen und Verschwinden, Licht und Dunkel.  © MReisiglDie Produktion des Osterfestival Tirol vereint sieben Tänzer:innen – Müller & Müller, befreundet, jedoch nicht verwandt, tanzen ebenfalls mit – im Salzlager, dessen durch massive Säulen geteilte Architektur besondere Ein- und Ausblicke, Durch- und Aussichten und den überraschenden Wechsel von Licht und Dunkel erlaubt.
"Elvedon" von Christos Papadopoulos:  Freiheit für das Publikum, um selbst wahrzunehmen und zu fühlen. ©  Patroklos Skafidas „Elvedon“ nennt der griechische Choreograf Christos Papadopoulos seine Kreation, die von Virginia Woolfs experimentellem Roman „The Waves / die Wellen“ inspiriert ist. Elvedon ist das Dorf, in dem sechs Freund:innen Kindheit, Jugend und Alter verbringen. Wie die Wellen des Meeres sind sie miteinander verbunden. Den Rhythmus der Wellen, die auch für das unaufhaltsame Vergehen der Zeit stehen, hat Papadopoulos als Grundlage für seine Choreografie genommen. „Abstrakte Bewegung, Hüpfen und Musik sind meine Werkzeuge, um eine Umgebung zu schaffen, in der das Publikum die  hat, auf ganz persönliche Weise wahrzunehmen, zu entziffern und zu fühlen“, nennt er als seine Methode. Mit "Vertikal" begeistert die Compagnie Käfig seit 2018 das Publikum. © Karo Cottier
Vom magischen griechischen Dorf Elvedon schweben wir zu konkretem urbanem Tanz und lassen uns in „Vertikal“ von der Compagnie Käfig in Erstaunen versetzen. Seit gut 20 Jahren sind Mourad Merzouki und seine Tänzer:innen unverrückbarer und begeistert applaudierter Bestandteil des zeitgenössischen Tanzes. Zuhause sind sie im CCN (Centre chorégraphique national) von Créteil, Frankreich. In der 2018 entstandenen Choreografie sprengen zehn Artist:innen aller Genres, fliegend, schwebend und kletternd die Grenzen des Bühnenraums in der Dogana, Innsbruck.
Geschwebt wird auch in der Choreografie von Pia Meuthen: „The Future is not what to be Choreographie“ / „Die Zukunft ist nicht was Choreografie gewöhnlich ist“. Tänzer:innen und Objekte schweben in Pia Metuhens Choreografie "The Future Is Not What It Used To Be". © Rob HogeslagEs sind Objekte, die auf der Bühne schweben und eine unvollkommene Traumwelt erzeugen, in der sich die fünf Performer über den zerbrochenen, in der Zeit erstarrten Fragmenten bewegen. Ein poetisches Spiel mit Zeit, Schwerkraft und Leere entsteht. Was wissen wir über die Zukunft? Nichts! Die Choreografie von Pia Meuthen für ihre Compagnie Panama Pictures ist mitten in der Pandemie uraufgeführt worden. Pia Meuthen ahnt, dass in Zukunft die Choreografie eine andere sein wird. © Rob Hogeslag"Alles ist ständig in Bewegung. Nichts bleibt jemals gleich, auch wenn nicht jede Veränderung wahrnehmbar ist. Wir können die Uhr nicht stoppen. Die Stunden entziehen sich uns oft, scheinen aber zu anderen Zeiten wieder elastisch zu sein." Das Geheimnis der Zeit zieht sich durch alle Aufführungen im aktuellen, mit Verstand und Liebe zusammengestellten Programm des Osterfestival Tirol. Die Choreografie zeigt den Wunsch, in einer fragmentierten Welt Zusammenhalt zu schaffen, die Vergangenheit nicht zu verlieren, die Zukunft in den Griff zu bekommen und sich im Moment zu vertiefen.
All das wird das Publikum auch in den Musikprogrammen fühlen, die Altes und Neues kunstvoll zusammenführen. Da wird der Komponist und Geiger Delalande (1657–1726) mit Uraufführungen dreier zeitgenössischer Komponistinnen und eines Komponisten gepaart. Der Countertenor Daniel Gloger und vier Musiker:innen laden ins Salzlager zur „Passion bis heute“. Pianist Igor Levit wird Schostakowitsch interpretieren. © Felix Broede / SonyClassicalNeben dem Medienstar am Piano Igor Levit, der im Salzlager einen Auszug aus 24 Präludien und Fugen, op 87 von Dimitri Schostakowitsch interpretieren wird, sei noch der Jazzabend, „Immersion“, mit dem jungen Tiroler Trio KO-AX erwähnt. Im Fokus der Mischung aus Minimal Music, Rock und Neuer Musik steht das Spiel mit der Auflösung räumlicher wie auch ästhetischer Grenzen und das Eintauchen in neue Klangwelten.
Den Abschluss bildet das Prager Barockorchester Collegium 1704 unter Václav Luks, das zum ersten Mal in Tirol zu Gast ist. Das Orchester widmet sich vor allem den Werken von Jan Dismas Zelenka (1679–1745), der lange Zeit am Dresdner Hof gewirkt hat. Die aufgeführten „Responsorien für das Triduum der Karwoche“ stehen am Beginn seiner Kompositionen für den katholischen Gottesdienst. Ergänzt wird das Konzert durch Zelenkas „Miserere in c-Moll“ und das „Stabat Mater á 10 voci“ seines etwas jüngeren Zeitgenossen Domenico Scarlatti (1685–1757).
Das gesamte Programm finden Sie auf der Website der Osterfestspiele Tirol.

33. Osterfestspiele Tirol, 9. bis 25. Juni 2021. Filme, Konzerte, Tanz und ein reiches Rahmenprogramm.
Weil das Präventivkonzept keine Pausen vorsieht, dauern Konzerte maximal 90 Minuten. Auch auf Bewirtung vor und nach den Vorstellungen muss verzichtet werden.
Rahmenprogramm: Das traditionelle Spiel mi­t und im öffent­lichen Raum wird diesmal e­twas verändert­ umgeset­zt­ werden: an 26 Orten in Hall, Innsbruck und Umgebung, die nur ­teilweise öffent­lich zugänglich sind. Im Zent­rum der kurzen Akt­ionen stehen Musik wie auch Texte­, die sich unserem diesjährigen Mott­­o „...schwebend ...“ widmen­.
4. Juni bis 3. Juli, täglich außer sonntags, 15 Uhr. Dauer 30 Minuten, Eintritt frei.