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Festival Resonanzen 2016 im Konzerthaus

Resonanzen 2016 Logo

Alte Musik vom Mittelalter bis zum Barock, von jungen und bunten Ensembles auf Originalinstrumenten gespielt, von einem aufgeschlossenen, begeisterten Publikum gehört, ohne den elitären Gestus der Klassik und Romantik – das ist das Erfolgsrezept der Resonanzen. Diesmal stehen die musikalischen Kostbarkeiten im Zeichen der „Apokalypse“.

Am Anfang steht der „Exodus“: Das Concerto Copenhagen setzt ein eindrucksvolles Zeichen mit Georg Friedrich Händels Oratorium „Israel in Egypt“, einem Werk, das sein Publikum erst finden musste. Bei der Uraufführung im Kings Theatre am Haymarket 1739 reagierte das Publikum nicht sonderlich begeistert, obwohl Händel alle Register seines kompositorischen Könnens gezogen hatte. Homophone Abschnitte, wunderbare polyphone Sätze, barocke Fugen ebenso. Dem Chor kommt in diesem Oratorium ein zentraler Stellenwert zu (16.1.). Dem imposanten Auftakt folgt unter dem Titel „Ecce terrae motus“ das Collegium 1704 mit Georg Friedrich Telemanns Widmung für die rund 60.000 Opfer des schrecklichen Erdbebens in Lissabon, das 1755 die schöne Stadt am Tejo in Schutt und Asche gelegt hatte. Händel darf auch an diesem Abend nicht fehlen, und so die Marienkantate „Donna, che in ciel“ und dem „Utrecht-Te Deum“ am Programm (17.1.). Georg Friedrich Händel: Porträt von Thomas Hudson, gemalt 1741 / Hamburger Staats- und Universitätsbibliothek. © gemeinfrei.

Um Gefühlsausbrüche geht es bei „Vulcano“, wenn I Turchini di Antonio Florio neapolitanische und Venezianische Klangwelten darbieten. Francesca Lombardi Mazzoli lässt ihren virtuosen Sopran zur Musik von Nicola Porpora, Leonardo Vinci, Francesco Feo und Antonio Vivaldi funkeln. Der historischen „Bartholomäusnacht“, in der am 22. August 1572 tausende Hugenotten in Paris massakriert wurden, gedenkt das belgische Huelgas Ensemblemit Stücken von Claude Goudimel, Giovanni Palestrina und anderen (19.1.).
„Schutzengel & Sündenböcke“ leiten das britische Gambenconsort Phantasm zu ihrer Suche nach versteckten Tonspuren militärischer und ziviler Katastrophen im Namen der Religion. Zu hören gibt es Musik von William Byrd, Henry Purcell u.a. (20.1.).
Der Pest fiel um 1350 ein Drittel der europäischen Bevölkerung zum Opfer, und so brannte sich diese Plage tief ins kollektive Unbewusste ein. „Der Ackermann und der Tod“ lautet das Motto der Ensembles Leones & La Mouvance. Sie singen einstimmige Lieder der damals umherziehenden „Geißler“, die in Gruppen durch die Lande fuhren und sich selbst geißelten, um den ihrer Anschauung nach verstimmten Gott zu versöhnen. Dass sie damit die Ansteckungsgefahr erhöht und wahrscheinlich eher zur Verbreitung der Seuche beigetragen hatten, war damals ja noch nicht bekannt. Dafür gab es wunderbar polyphone Vokalkunst mittelalterlicher Weisen, die wir auch heute noch genießen (21.1.).

Das Austrian Baroque Ensemble musiziert vor der Ausspeisung. © ABC homerouter.cpeWie jedes Jahr bitten die Resonanzen zu Tisch: Beim diesjährigen „Essenskonzert“ lädt man zum „Griff nach dem Goldenen Apfel“, wobei darunter die Thematisierung der Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen zu verstehen ist. Die Austrian Baroque Company musiziert Werke von Johann Heinrich Schmelzer, Heinrich Ignaz Franz Biber und anderen. Der kulinarische Teil folgt im Anschluss an das Konzert. Es gibt übrigens nicht nur Äpfel (22.1.).

Die Welt ist gut und schlecht, schön und hässlich, was auch immer. Girolamo Savonarola predigte in höchster rhetorischer Kunst gegen eine Seite, und damit gegen die Verschwendungssucht der Medici und die elaborierte Polyphonie in der Musik seiner Zeit. Savonarola zog die leisen und einfachen Klänge als Ausdruck der Bescheidenheit vor. Beiden Repertoires verleiht das Ensemble Micrologus Stimme, unter maßgeblichem Einsatz der speziellen Stimme von Patrizia Bovi (23.1.). Gleich danach ist sie nochmals zu hören mit sybyllinischen Gesängen und Musik von Hildegard von Bingen (21.1.,).

Das Finale der Resonanzen 2016 steht im Zeichen der „Sintflut“, wenn die Capella Mediterranea den noch immer wenig bekannten Michelangelo Falvetti mit seinem Oratorium „Il diluvio universale“ von 1682 vorstellt. Dank für diese spannende Neuentdeckung gebührt dem engagierten Leiter der Capella, Leonardo García Alarcón (24. 1.).

Musik-Festival Resonananzen, „Apokalypsen“: 16. bis 24. Jänner 2016 im Wiener Konzerthaus.