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Manele Labidi: „Auf der Couch in Tunis“, Komödie

Selma (Golshifteh Farahani) ist erschöpft. Zuviele Steine liegen im Weg.

Die französisch-tunesische Regisseurin Manele Labidi Labbé, wie sie mit vollem Namen heißt, zeigt mit ihrem ersten Spielfilm, wie charmant, witzig eine Komödie sein kein, ohne im flachen Wasser zu plantschen. Die Therapeutin Selma will nach ihrem Studium in Paris in ihrer alten Heimat eine Praxis eröffnen, doch sie wird keineswegs mit offenen Armen empfangen. Manele Labidi zeigt im Film „Auf der Couch in Tunis“ die private Odyssee von Selma und zugleich auch eine gespaltene Gesellschaft auf der Suche nach ihrer Position und ihrem Selbstbewusstsein.

Selma erklärt, worum es geht. Alle Bilder © Filmladen FilmverleihSelma (Golshifteh Farahani) meint, dass es in Paris viel zu viele Therapeutinnen und Psychiater in Paris gebe und sie keine Chancen habe, also kehrt sie in ihre Heimat zurück. Es ist kurz nach dem Sturz Ben Alis Selma mit ihrer Cousine Olfa (Aïcha Ben Miled), die immer wieder unverhofft bei ihr auftaucht, im Peugeot 404. 2011, das Land ist im Umbruch, nichts funktioniert noch richtig und die Bevölkerung ist gespalten und desorientiert. Selma darf ihre psychoanalytische Praxis auf dem Dach des Hauses des Onkels in einem belebten Vorort von Tunis, wo Freud ein unbekanntes Wesen ist, einrichten. „Der hat einen Bart, ist offenbar ein Muslim, sehr gut!“, meint der Onkel, als er ein Porträt Freuds (mit rotem Fez) sieht und den Mann für Selmas Freund hält. Ihre lakonische Antwort: „Er ist Jude“, lässt den Onkel fast das Auto in den Graben lenken. Sie beruhigt ihn: „Er ist mein Chef“.
Im Studio der überkandidelten Friseurin erklärt sie einer Scharen neugieriger Frauen, was sie anzubieten hat. So ganz verstehen ihre Landsleute noch nicht, Selmas schwierigster Patient, der Bäcker Raouf (Hichem Jacoubi), der wie eine Klette an ihr hängt, weil sie ihn zur Frau machen soll. was sie anbietet, doch sofort steht eine Schlange von möglichen Klient*innen vor dem Haus. Die einen halten sie für eine Ärztin, die anderen für eine Liebesdienerin, Wunderheilerin oder Hexe. Doch dass „Araber nicht reden wollen, gibt es nicht, Araber reden immer.“ Und so ist die Praxis bald ausgelastet, doch dann muss Selma von einem Polizeiobersten (Majd Mastoura) erfahren, dass sie eine behördliche Genehmigung braucht, sonst muss die Praxis gesperrt werden. Doch er würde gerne mit ihr essen gehen. "Auf der Couch in Tunis", Filmplakat. © Flmladen Filmverleih

Manele Labidi, die auch das Drehbuch geschrieben hat, hat eine funkelnde Komödie voll Esprit und provokantem Witz gedreht, die niemals langweilig ist und in kurzen Szenen, mit pointenreichen Dialogen einen scharfen und dennoch liebevollen Blick auf das Land ihrer Vorfahren wirft. Durch die iranische Schauspielerin Golshifteh Farahani erhält der Film zusätzlichen Drive. Deren positive Energie, ihre selbst in der Melancholie bezaubernde Ausstrahlung erheben „Auf der Couch in Tunis“ über den üblichen Feelgood-Schmarren hoch hinaus.

Manele Labidi: „Auf der Couch in Tunis“, Drehbuch: Manele Labidi; Kamera: Laurent Brunet. Mit Golshifteh Farahani, Majd Mastoura, Aïcha Ben Miled, Hichem Yacoub, Feriel Chamari und vielen anderen. Verleih: filmladen. Ab 31. Juli im Kino.